Peter Hahne legt in seinem neuen Buch „Schluss mit euren ewigen Mogelpackungen!“ wieder einmal den Finger in einige Wunden unserer Politik und Gesellschaft. In über 30 Kapiteln, die jeweils kaum mehr als zwei bis drei Seiten umfassen, lässt sich der Journalist anhand von verschiedenen Beispielen über diverse Absurditäten aus – gewohnt bissig und polemisch.
Manchmal mag man tatsächlich einfach nur den Kopf schütteln und fragen: Wo ist da der gesunde Verstand geblieben? Etwa wenn in Limburg das Glockenspiel am Rathaus nicht mehr das Kinderlied „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ spielen darf, weil sich eine Veganerin davon gestört fühlt. Wenn EU-Abgeordnete in Brüssel monatelang über die richtige Frittierung von Pommes diskutieren. Oder wenn Kirchenlieder „gendergerecht“ umgedichtet werden. Und eine Empörungssalve von drei Kapiteln über den deutsch-englischen Sprachmix, der einem in Kirche, Werbung, Politik und nahezu überall begegnet, darf natürlich auch nicht fehlen – Stichwort „Funny Facts“ oder „Praytime“.
Gar nicht mal so neu
Das waren die harmloseren Beispiele. Im Großteil des Buches geht es um eine Generalkritik an rot-grüner Ideologie, die Hahne in der Bildung, in Gender-Maßnahmen, und natürlich im Umgang mit dem Islam und mit Migranten wiederfindet. Der Islam werde verharmlost, Kirchen und Politiker biederten sich ihm an; der deutsche Staat sei nicht fähig, seine Bürger vor ausländischen Einbrecherbanden und islamistischen Terroristen zu schützen; Verfahren gegen kriminelle arabische Clans und Flüchtlinge, die gegen ihre Abschiebung klagen, überlasteten die Justiz. Die Jugend lerne nichts mehr über deutsche Geschichte und sei kaum in der Lage, eine Bewerbung fehlerfrei zu verfassen – Folgen einer rot-grünen Bildungspolitik. „Sozis“ bevormundeten die Bürger und wollten alle gleichmachen.
Die Beispiele, die der Autor anführt, sind tatsächlich bedenklich, vor allem, weil man den Eindruck bekommt, dass ideologische Konzepte für politische Entscheidungen oft bedeutsamer sind als lebensnahe und pragmatische Lösungen. Hahne bleibt daher ein wichtiger Mahner. Manchem mag er eher als Nörgler erscheinen, doch seine Stimme ist wichtig, weil er aus konservativer Sicht Dinge auf den Punkt bringt, bei denen sich manche Maßstäbe verschoben haben.
Neu sind seine Aufregerthemen allerdings nicht in jedem Fall, sofern man im vergangenen Jahr die Nachrichten verfolgt hat. Christliche Bräuche werden umbenannt aus Rücksicht vor Muslimen, die höchsten Kirchenvertreter nehmen ihr Kreuz bei einem Besuch auf dem Tempelberg vom Hals, um keine religiösen Gefühle zu verletzen, ausreisepflichtige Migranten werden nicht außer Landes gebracht, die Evangelische Kirche hat eine Vorliebe für gendergerechte Sprache und so weiter – das wurde alles schon breit diskutiert. Und das von Hahne ausführlich kritisierte „Denglisch“ ist nun wahrlich keine neue Erscheinung.
Mut tut gut
Deshalb ist Hahnes beißende Polemik auf Dauer etwas ermüdend. Überall entdeckt der Autor „Wahnsinn“, „Irrsinn“, „Schwachsinn“, „Vegansinn“ und – mit mehr als zwölf Nennungen auf 128 Seiten – „Gutmenschen“. Ein etwas hintergründigerer Blick, etwas mehr Differenzierung würde manchmal guttun. Ebenso wie konstruktive Lösungsvorschläge – zum Beispiel, wie Integration konkret aussehen kann, abgesehen davon, dass sich Ausländer an unsere Regeln halten und das Land verlassen sollen, wenn sie kein Bleiberecht haben. Dann wäre es einfacher für den Leser, sich mit den durchaus zu Recht kritisierten Problemen auch ernsthaft auseinanderzusetzen. So bleibt es weitestgehend bei der Empörung – und der Leser ratlos mit diesen Informationen zurück.
Nur zwei der kurzen Texte haben einen positiven Tenor: In einem lobt Hahne, dass der Discounter Lidl sich dafür entschuldigte, Kirchenkreuze auf Verpackungsdesings entfernt zu haben. In einem anderen würdigt er Wolfgang Rademann, den verstorbenen Produzenten der Fernsehserie „Traumschiff“. Der hatte mit seinem großen Vermögen Bedürftige großzügig unterstützt. Es sind gerade Beispiele wie dieses, die Mut machen, Hoffnung geben und dazu anregen, selbst etwas in der Welt zu bewegen – trotz „existenzieller Missstände“, von denen Hahne ebenfalls spricht. Leider kommen sie im Buch sehr kurz weg. Sich darüber aufzuregen, wie krank die Welt ist, kann unterhaltsam sein, erbaulich ist es nicht.
Von: Jonathan Steinert