Kinder wünschen sich Vorlese-Zeit

Kinder mögen es, wenn ihnen ihre Eltern vorlesen. Eine Studie zeigt, dass die Jungen und Mädchen ein regelrechtes Bedürfnis danach haben.
Von PRO
Kinder mögen es, wenn Eltern ihnen vorlesen

Mehr als 90 Prozent der Kinder in Deutschland gefällt es gut, wenn ihnen vorgelesen wird. Das belegt die neue Vorlesestudie der Stiftung Lesen, die am Freitag in Berlin vorgestellt worden ist. Demnach haben auch Kinder aus Haushalten mit mittlerer und niedriger Bildung hohes Interesse daran, wenn ihnen vorgelesen wird. Kaum ein Unterschied konnte festgestellt werden, wenn daheim bei den Kindern eine andere Sprache als Deutsch gesprochen wird.
Fast jedes dritte Kind, dem Eltern oder Großeltern vorlesen, wünscht sich, dass dies öfter geschieht. Bei Kindern, denen selten oder nie vorgelesen wird, ist der Wunsch noch stärker. Fast jedes zweite Kind (49 Prozent) wünscht dann, dass man ihm vorliest. Der Studie zufolge liest knapp ein Drittel der Eltern ihren Kindern zu selten vor. Die Initiatoren der Studie halten es für ideal, „wenn sie sich mehrmals in der Woche Zeit nehmen, zum Beispiel 15 Minuten jeden Tag“. Dann entfalte das Vorlesen seine volle Wirkung für die „intellektuelle, emotionale und soziale Entwicklung“ von Kindern.

„Grundrecht“ und Ritual

Die Studienleiterin Simone Ehmig vom Institut für Lese- und Medienforschung erklärte, dass jeder Kindern vorlesen könne. Meistens übernehmen das die Eltern, wobei die Mütter öfter mit den Kindern zum Buch greifen. Die Kinder schätzten die gemeinsame Zeit und die vertraute Atmosphäre mit Mama oder Papa. Mehr als die Hälfte der Kinder (55 Prozent) gaben an, dass ihnen die Gemütlichkeit beim Vorlesen gefällt. Fast ebensoviele Kinder (46 Prozent) schätzen tolle Geschichten. Für jüngere Kinder steht der Humor im Mittelpunkt, bei älteren rücken Spannung und die Identifikation mit den Hauptfiguren in den Vordergrund.
Antje Neubauer, Vorsitzende Fachkuratorium Bildung Deutsche Bahn Stiftung, sieht im Vorlesen einen Schlüssel zu Bildung. „In Deutschland müssten Kinder geradezu ein ‚Grundrecht‘ auf Vorlesen haben“, erklärte Neubauer. Die Studie zeige, dass fast alle Kinder das Bedürfnis hätten, vorgelesen zu bekommen, erklärte der Journalist und Autor Manuel Hartung in einer Pressemeldung der Stiftung Lesen.

Vorlesen ist „sehr persönlicher Kontakt“

Die Studie deckt sich mit Erfahrungen aus der Verlagsbranche. Auf Anfrage von pro erklärte Ralf Tibusek, Redakteur und Lektor beim Brunnen-Verlag in Gießen: „Nicht nur Kinder lieben die Bilderbuch-Geschichten, sondern auch ihre Eltern. Vorlesen ist daher immer ein sehr persönlicher Kontakt.“ Oft sei das Vorlesen die wenige Zeit der direkten Zuwendung am Tag, die nicht in irgendeiner Form zielorientiert sei. „Die Interaktion findet über die Geschichte, die Stimme, über das Sitzen am Bettrand oder eingekuschelt auf dem Sofa statt“, sagt Tibusek. Er ergänzt: „Kinder haben oft ihre Lieblingsbücher, die als gutes Ritual immer und immer wieder vorgelesen werden sollen.“
Der Verlagsfachmann sieht es als eine besondere Aufgabe, die Kinderbücher so zu gestalten, dass auch die Eltern Spaß beim Vorlesen haben um so „diese ganz besondere und wichtige Beziehungssituation zu stärken und gute Gedanken und Gefühle zu wecken“.
Die Stiftung Lesen führte die Vorlesestudie bereits zum zehnten Mal durch. Dazu wurden im Sommer des Jahres 521 Kinder und ihre Mütter mittels einer standardisierten Befragung persönlich interviewt. Die Vorlesestudie ist ein gemeinsames Projekt der Stiftung Lesen, der Wochenzeitung Die Zeit und der Deutsche Bahn Stiftung gGmbH. Sie wird seit 2007 jährlich durchgeführt. (pro)Pädagogik: „Zeit für die Kinder ist entscheidend“ (pro)
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