Den persönlichen „Schock“ erlebte der Verleger Steve Volke nach eigenen Angaben 2007 im Staat Haiti, der schon vor dem schweren Erdbeben drei Jahre später geschunden war. Volke wurde mit extremer Armut und unerträglichen Schicksalen konfrontiert. Dennoch habe er die Situation nicht als aussichtslos empfunden, schreibt er in seinem neuen Buch „Der Sehendmacher“: „Mitten im Slum von Port-au-Prince haben wir auch gespürt und gesehen, dass es Hoffnung gibt. Selbst für die Menschen, die in einer hoffnungslosen Lebenssituation aufwachsen müssen.“
Nach dieser Reise entdeckte der Autor in immer mehr biblischen Texten eine Bestätigung für die Botschaft, dass Gott ein Herz für arme Menschen hat. Anstöße erhielt er in den Evangelien ebenso wie im Schöpfungsbericht und in Gesetzestexten des Alten Testaments. Ihm fiel auch Matthäus 11,4 auf: „Blinde sehen, Gelähmte gehen, Aussätzige werden gesund, Taube hören, Tote stehen auf und den Armen wird die Gute Nachricht verkündet.“ Dazu merkt Volke an: „Einmal mehr macht dieser Bezug auf die Benachteiligten als Beweis für die Gottessohnschaft und als Kriterium, dass Jesus tatsächlich der verheißene Messias ist, den Herzschlag Gottes sehr deutlich: Gottes Herz schlägt für die Armen.“
Wie ihn Jesus durch das neue Verständnis persönlich verändert hat und welche Folgen dies für sein berufliches Leben hatte, schildert der Verfasser in dem Buch. Bis zum Sommer 2007 hatte er eine eigene Medienagentur. Doch die Beschäftigung mit dem Thema Armut brachte ihn dazu, die Agentur zu schließen und stattdessen den deutschen Zweig des internationalen Hilfswerks „Compassion“ zu gründen und zu leiten. Seitdem hat er mehrere Reisen in Entwicklungsländer unternommen. Auf einige dieser Reisen nimmt er die Leser mit. So schreibt er über Prostitution in Indien und über Kinder, die als Sklaven oder Soldaten missbraucht werden. Dass er damit indirekt auch für sein Hilfswerk wirbt, liegt in der Natur der Sache.
Betrachtungen zur Bibel im Vordergrund
Doch den meisten Raum nehmen nicht die Erlebnisse auf seinen Reisen für „Compassion“ ein. Im Zentrum stehen vielmehr die persönlichen Betrachtungen über Erkenntnisse, die Volke aus der Bibel gewinnt. So deutet er den 23. Psalm in einer fiktiven Erzählung aus Sicht einer mittellosen 19-jährigen Ecuadorianerin und sucht nach einer Auslegung, die auch für Menschen gilt, denen es täglich am Nötigsten fehlt. Und so kommt er etwa für den zweiten Teil des ersten Verses zu dem Schluss: „Nichts wird mir fehlen. Er überrascht mich damit, dass ich noch lebe und gibt mir, was ich zum Überleben brauche.“ Der Buchtitel deutet es an: Steve Volke erlebt Gott als denjenigen, der ihm immer mehr die Augen öffnet für die Situation der Armen. Deshalb dürfen auch Gedanken zur Heilung des blinden Bartimäus nicht fehlen. Allgemein merkt der Autor zur Blindheit an: „Dabei sind es nicht nur kranke Augen, die das Sehen-können verhindern, sondern häufiger verschlossene Herzen, verbarrikadierte Gehirne oder einfach falsche Vorstellungen und Einstellungen. Oft liegt ein Schleier über den Zuhörern und Lesern, es fehlt Licht, Perspektive und der Durchblick.“ Zwar erfahren immer wieder Christen eine solche Veränderung, geben einen gutbezahlten Arbeitsplatz auf und übernehmen eine karitative Aufgabe. Manche schreiben auch ein Buch darüber. Insofern ist der Inhalt nicht außergewöhnlich – vor allem nicht für diejenigen, denen Gott schon längst die armen Menschen ans Herz gelegt hat. Aber Volke besticht durch schonungslose Ehrlichkeit und dürfte so manchen Leser dazu bringen, die Bibel einmal von einer ungewohnten Perspektive zu deuten. Die Lektüre kann Menschen dazu ermutigen, neue Schritte zu wagen und sich immer mehr Jesus anzuvertrauen. (pro)Steve Volke: „Der Sehendmacher. Wie Jesus mein Herz und meinen Weltblick veränderte“, Gerth Medien, 272 Seiten, 14,99 Euro, ISBN 9783957341495