Manche schalten desinteressiert um, andere wiederum schauen es sich gerne an, wenn bei Schönheitswettbewerben ein Dutzend junger Frauen auf dem Fernsehbildschirm sichtbar werden und unter Dauerlächeln vor der Kamera um die Wette posieren. Lena Bröder gehörte sechs Jahre lang immer wieder zu diesen Mädchen, den Traum fest vor Augen: Miss Germany zu werden.
Im Februar 2016 hat sie es geschafft – und möchte endlich beweisen, dass Schönheitsköniginnen nicht „blöd, blond, im Bikini und völlig unecht“ sind. Stattdessen betont sie in ihrem Buch „Das Schöne in mir“ mit Hinsicht auf die Wettbewerbe: „Immer wenn ich versucht habe, eine Rolle zu spielen, lief es bescheiden“ – unecht zu sein könne man sich nicht leisten. Denn wer sich verstelle, dem sehe man das an. Das Innere strahle nach Außen. Bröder setzt noch einen drauf: „Die Entwicklung hin zu mehr Authentizität, so paradox das klingen mag, hätte ich ohne die Wahlen vielleicht gar nicht so hinbekommen.“
Bröders Buch bietet einen kurzen Blick hinter die Kulissen und Abläufe bei den Miss-Wahlen, zeigt die Produktion, die hinter den Fotos und Filmen steckt und beschreibt das Leben, das sie als Miss Germany seit Februar führt. Was die Autorin leider nicht wirklich bietet, sind Argumente, warum Schönheitswettbewerbe positiv zu bewerten sind. Wenngleich sie schreibt, was ihr daran gefällt, bleibt es dennoch dem Leser überlassen, seine eigenen Schlüsse zu ziehen. Aber: Bröder wirbt mit ihrem Buch für mehr Akzeptanz und weniger pauschale Vorbehalte gegenüber Teilnehmern dieser Wettbewerbe.
Erste Religionslehrerin im Amt der Miss Germany
Die Miss-Wahlen sind nicht das Einzige, worum es im Buch geht. Lena Bröder ist die erste Religionslehrerin im Amt der Miss Germany. Der Untertitel des Buches, „Mit Glaube zum Erfolg“, verspricht auch einen Einblick ins Glaubensleben der 26-Jährigen. Auch wenn der Glaube im Buch nicht omnipräsent ist, sind einige spannende Aspekte enthalten. Interessant ist, wie die Religionslehrerin Bröder Jesus zum Vorbild für ihren Unterricht nimmt. Seine Fähigkeit, die Menschen „dort abzuholen, wo sie stehen“, ist ihr dabei besonders wichtig. „Nicht praxisfern zu schwadronieren oder irgendwelche abgehobenen Gedankengebäude zu errichten“, sei ihr Ziel. „Sondern auf dem Boden zu bleiben, die Interessen und Fähigkeiten des Publikums zu beachten, sich darum zu kümmern.“ Eigentlich hätte Bröders Leben auch anders verlaufen können: Als junges Mädchen reitet sie gern, mogelt sich in der Schule lieber durch als zu lernen, und will nach dem Abitur eigentlich Polizistin werden. Doch es kommt anders. Als ihr vierbeiniger Liebling – ihr Pflegepferd Emmy – verkauft wird, hört sie mit dem Reiten auf und meldet sich spontan bei einem Schönheitswettbewerb an. Die Bewerbung für den Polizeidienst schickt sie zwar ab, entscheidet sich aber kurz danach, Lehramt für Religion und Arbeitslehre zu studieren. Bröder beschreibt die unterschiedliche Stationen ihres Lebens, immer wieder mal fließt dabei ihre christliche Überzeugung mit ein. Erst in den letzten Kapiteln wird der Glaube zum Schwerpunkt. Mag man die Schönheitskönigin am Anfang noch als naiv und eingebildet einschätzen, so merkt man beim Lesen schnell, dass Lena Bröder das Leben positiv, voll Gottvertrauen und mit einer gewissen Reife angeht. Einleuchtend schreibt sie über die Erfahrungen, die sie in ihrem Leben gemacht und daraus gelernt hat – dabei klingt hier und da durch, dass sie vielleicht nicht unbedingt als bescheidener Mensch zu beschreiben ist. Lena Bröder dient als Beispiel, was der Glaube im Leben bringt und wie er helfen kann. Sie will zeigen, dass dass man auch gläubig und trotzdem locker sein kann – wie sie es nennt. Hervorzuheben ist, wie offen und ehrlich Bröder schreibt, direkt aus ihrem Gefühlsleben und ihren Eindrücken. Sie nimmt den Leser mit in ihr Leben hinein und hält ihn nicht auf Distanz. Darum ist das Buch empfehlenswert. (pro)Lena Bröder: „Das Schöne in mir. Mit Glaube zum Erfolg“. Herder, 160 Seiten, 16,99 Euro. ISBN 978-3-451-37615-3