„Reformator, Ketzer, Ehemann“ heißt der Untertitel des großformatigen Buches. Allein der zeigt, dass zahlreiche Facetten von Luthers Leben Teil des umfangreichen und lesenswerten Buches von Kohnle sind. Der Kirchenhistoriker stellt Luther nicht nur als Reformator dar, sondern ordnet dessen Leben und Wirken in den zeitlichen Kontext ein. Chronologisch geordnet und belegt durch zahlreiche historische Quellen zeichnet der Kirchenhistoriker auf einfache und informative Weise den Lebenslauf des Reformators nach. Die ausführliche Bebilderung gibt dem Leser einen Einblick, wie der Alltag Luthers aussah. Briefe, Tischreden und Schriften beleuchten seine innere Haltung und seine Persönlichkeit.
Kohnle zeigt die vielen gegensätzlichen Seiten des Mannes, der 1517 die 95 Thesen veröffentlichte und dessen Jubiläum 2017 weltweit gefeiert wird. Den Leser mahnt er gleich zu Beginn, dass Luthers Person unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten zuließe, die es auszuhalten gelte. Bestimmte Eigenschaften prägen bis heute das Luther-Bild: Er war ein hochgebildeter Gelehrter und zugleich ein Mann des Volkes, ein einfühlsamer Seelsorger und derber Polemiker, ein Medienstar seiner Zeit, aber auch ein zurückgezogener Beter.
Auch dem Privatleben, seiner Rolle als Ehemann und Vater widmet Kohnle ein umfangreiches, aber interessantes Kapitel. Öffentliches und Privates ließen sich bei Luther nicht trennen, findet Kohnle. „Seine privaten Entscheidungen waren immer auch öffentliche Demonstrationen, besonders augenfällig bei seiner Eheschließung mit der entlaufenen Nonne Katharina von Bora.“ Ein Umstand, der damals viel Kritik hervorrief, zumal sich viele seiner Schriften mit Ehe- und Sittenfragen befassen, wie „Vom ehelichen Leben“ (1522) und das „Traubüchlein“ (1529).