Muslime, die Atheisten, Christen oder zu einem Anhänger der Baha’i würden, sähen sich "mit zahlreichen Schwierigkeiten konfrontiert", so die Islamforscher. Oft versuche die Familie der Konvertiten, sie umzustimmen, bedrohe oder verstoße sie sogar. Der Konvertit könne in den meisten islamischen Ländern nach dem Gesetz enterbt werden, ihm drohe die Zwangsscheidung, seine Kinder könnten ihm entzogen werden, heißt es in einer Mitteilung des evangelischen Instituts für Islamfragen, das ein Netzwerk von Islamwissenschaftlern ist und von den Evangelischen Allianzen in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz getragen wird.
Die Abkehr vom Islam gehöre in islamisch geprägten Gesellschaften zu den folgenschwersten Anklagen überhaupt, so die Experten. In Pakistan etwa gelte seit 1980 ein Blasphemiegesetz, das vor allem Minderheiten wie die Ahmadiya und Christen unter Druck setze. Reformer, die gegen das Gesetz vorgingen, seien ermordet worden, wie etwa Shabazz Bhatti, Minister für Religiöse Minderheiten. Er wurde 2. März 2011 auf dem Weg zu seinem Ministerium getötet.
Zwang, zum Islam zu konvertieren?
Der Koran sage zwar "Es gibt keinen Zwang in der Religion", und viele muslimische Theologen hätten betont, dass niemand zur Konversion zum Islam gezwungen werden dürfe. Dies spiegele sich auch mindestens in Teilen der islamischen Eroberungsgeschichte wider. "Christen und Juden durften in den von Muslimen eroberten Gebieten in der Regel ihren Glauben und ihre religiöse Autonomie behalten, mussten also nicht konvertieren, wurden dafür aber ‚Schutzbefohlene‘ (dhimmi), die Sondersteuern entrichten und sich unterwerfen mussten", so die Islam-Experten. Sure 2,256 werde aber überwiegend nicht als Garant für den freien Religionswechsel interpretiert. Juden und Christen seien im Laufe der Geschichte im islamisch eroberten Gebiet immer Geduldete, Bürger zweiter Klasse und rechtlich Benachteiligte gewesen. Der Koran sehe Juden- und Christentum als minderwertige Religionen an.
Es komme hinzu, dass die Abwendung vom Islam von vielen Muslimen nicht als Privatangelegenheit betrachtet werde, sondern als Schande für die ganze Familie oder sogar als politisches Handeln, als Unruhestiftung, heißt es in der Mitteilung. "Weil sich nach Muhammads Tod im Jahr 632 mehrere Stämme auf der arabischen Halbinsel, die den Islam zunächst angenommen hatten, wieder von ihm abwandten, bekämpfte Abu Bakr, der erste Kalif nach Muhammad, diese Stämme in den sogenannten ridda-Kriegen (Abfall-Kriegen) und schlug ihren Aufstand erfolgreich nieder. Daher ist der Abfall vom Islam im kollektiven Gedächtnis der muslimischen Gemeinschaft von der Frühzeit an mit politischem Aufruhr und Verrat verknüpft." Mit dem Aufkommen des Islamismus habe die Frage auch im 20. Jahrhundert eine neue Bedeutung bekommen. Im Zuge der neuen Umsetzung der Scharia erhebe sich vielerorts der Ruf nach der Hinrichtung von Apostaten. In den vergangenen zehn Jahren des 20. Jahrhunderts habe es allein in Ägypten mindestens 50 Anklagen wegen Apostasie vor Gericht gegeben.
Die Islamforscher stellen fest: "Religionsfreiheit ist noch längst nicht in allen Teilen der Welt eine Selbstverständlichkeit. Angesichts einer gewählten islamistischen Mehrheit im Parlament wie in Ägypten nach der Arabellion, die an der Einheit von Religion und Staat festhalten wird, scheint sie sich auch dort auf absehbare Zeit nicht anzubahnen." (pro)