Kopftuchverbot ohne Kopftuch

In Österreich ist ein Kopftuchverbot für Kindergartenkinder und Grundschülerinnen geplant. Die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme ist zweifelhaft. Ein Kommentar von Raffael Reithofer
Von PRO
Im Islam dient der Hidschab dazu, Männer vor der sexuellen Versuchung durch den Anblick fremder Frauen zu schützen

Vor wenigen Tagen ist in Österreich öffentlich bekannt geworden, dass die rechtskonservative Regierung ein Kopftuchverbot in Kindergarten und Grundschule (dort als „Volksschule“ bezeichnet) plant. Interessant wäre es zu wissen, wie dieser Gesetzesvorschlag zustande gekommen ist. Hatte Heinz-Christian Straches rechte FPÖ ein Kopftuchverbot für Schülerinnen und Schüler jeglichen Alters sowie Studierende in der Tasche und hat sich dann mit ÖVP-Bundeskanzler Kurz auf diese eingeschränkte Variante geeinigt? Jedenfalls hat der FPÖ-Chef am Donnerstagabend ein weitergehendes Verbot im Alleingang öffentlich vorgeschlagen. Was das Verbot in Kindergärten und Grundschulen betrifft, ist jedenfalls Fakt, dass es in Österreich derzeit keine Statistiken darüber gibt, wie viele Kinder im Land tatsächlich ein Kopftuch tragen. Es dürften verschwindend wenige sein. Das zeigt einerseits die Alltagserfahrung und andererseits die Tatsache, dass es im Islam keinerlei theologische Basis für die Verhüllung von Kindern gibt. Im Islam dient der Hidschab dazu, Männer vor der sexuellen Versuchung durch den Anblick fremder Frauen zu schützen. Deshalb ist das Tragen von Kopftüchern erst ab der Pubertät ein Thema. Pubertierende gehen in der Regel in Österreich nicht mehr in der Volksschule, sondern sind dann bereits im Gymnasium oder in der Neuen Mittelschule.

Verbot ist populistische Maßnahme

Bezeichnend ist, dass selbst der zuständige Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) – ehemals Universitätsprofessor für Geografie und Sebastian Kurz‘ Berater in Integrationsfragen – das geplante Gesetz eine „symbolische Handlung“ nennt. Nach Angaben der Zeitung „Der Standard“ sagte der Minister noch am vergangenen Dienstag, „er wolle erst ‚intern recherchieren‘, wie sinnvoll eine solche Regelung sei“, bekam aber tags darauf von Kurz den Auftrag, einen einschlägigen Gesetzesvorschlag bis zum Sommer auszuarbeiten. Der Verdacht liegt daher nahe, dass es sich beim Kopftuchverbot in seiner derzeitigen Form vor allem um eine populistische Maßnahme handelt, die das Volk bei Laune halten soll, ohne in der Realität etwas zu verändern.

Das wäre in Österreich nicht das erste Mal: Noch unter der Vorgängerregierung unter Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Sebastian Kurz als Integrationsminister hat das österreichische Parlament im vergangenen Oktober das Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz beschlossen – de facto ein Burkaverbot, das aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht so heißen darf. Wegen der neutralen Formulierung hat der Vollzug dieses Gesetzes auch kaum zu Polizeieinsätzen gegen Burka-tragende Musliminnen geführt, sondern unter anderem gegen Träger von Clownsmasken und – wie es die Ironie will – sogar gegen das Maskottchen des Parlaments – dessen Kostümierung aber schließlich unter die Ausnahme der künstlerischen Berufsausübung fiel. Abgesehen von solchen Ausnahmen gilt aber: Verhüllung ist Verhüllung, egal aus welchem Grund. Im Weiteren – von ganz wenigen Einzelfällen abgesehen – handelte es sich bei den wenigen Burka-Trägerinnen in Österreich vor allem um betuchte arabische Touristinnen in Wien und im idyllischen Zell am See – die als zahlungskräftige Kundinnen in 5-Sterne-Hotels und Luxusboutiquen gern gesehen werden – und damit auch dem Fiskus durchaus einträglich sind.

Frauen, die sich hinter Burkas verstecken und kleine Kinder, die ein Kopftuch tragen müssen, halten wir im vom Christentum und der Aufklärung geprägten Abendland für befremdlich. Handelte es sich wenigstens um Randphänomene, könnte man über die Vor- und Nachteile einer gesetzlichen Maßnahme diskutieren. Doch angesichts dessen, dass es in Österreich derzeit kaum vollverschleierte Musliminnen und kopftuchtragende Kinder gibt, bewegt sich die Sinnhaftigkeit dieser beiden Maßnahmen derzeit nur knapp über der eines Einreiseverbots für Marsmännchen.

Von: Raffael Reithofer

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