Hör auf, im Namen Gottes aufzutreten!

Gott musste schon für vieles herhalten: Für die Waffenlobby genauso wie für schwärmerische Pazifisten, für linke und für konservative Politik – und vieles mehr. Das muss aufhören, findet Jürgen Mette.
Von Jürgen Mette
Jürgen Mette fragt: Was haben wir mit dem heiligen Gott gemacht?

Kaum eins der Zehn Gebote wird so häufig missbraucht wie das dritte: „Du sollst den Namen Gottes nicht missbrauchen!“ Dabei denke ich zuerst an uns, die wir einen heißen Draht nach „oben“ haben und beruflich und privat ständig von und über ihn schreiben und reden, und dann erst an die gedankenlosen Dampfplauderer, die den heiligen Namen Gottes mit „Ach-Gottchen“ , „Oh Gott, oh Gott“ und „Um Gottes willen“ auf das Niveau des Boulevards gezogen haben.

So frage ich uns: Was haben wir mit Gott gemacht?

Einen saisonalen Weihnachtsmann und Rauschgoldengel? Einen, der über den Bösen die Rute schwingt und die Lieben mit Äpfeln und Backwerk belohnt? Eine letzte Instanz, die mal verurteilt und mal Gnade walten lässt? Einen Besitzstandswahrer unseres mittelständischen und mitteleuropäischen Lebensstils?

Einen Sittenwächter unserer scheinheiligen Moralvorstellungen? Einen Schönwettergaranten für unsere Grillfeste und Strandurlaube? Einen christlich-sozialen Landrat und einen linken Oppositionellen? Sein Name musste herhalten für Krieg und Terror, für die Waffenlobby und die Aufrüstung, für pazifistische Schwärmereien und Bio- und Öko-Ideale.

Wir haben sein Wort geprüft und ihm völlige Irrtumslosigkeit attestiert. Ohne uns wäre Gott schon längst untergegangen, könnte man meinen. Wir haben ihn zu einem Bastler gemacht, der auf die Sechs-Arbeitstage-Woche besteht, der mit Erde hantiert und einen Klumpen Erde beatmet und ansonsten von Astrophysik und Humangenetik keine Ahnung hat. Wir haben ihn für unseren kleinbürgerlichen Lebensstil vereinnahmt und ihn zu einem zornigen alten Mann gemacht, der im Gestern stecken geblieben ist und den Anschluss an die Moderne verpasst hat. Wir haben ihn in unsere Verlautbarungen gesperrt, in seinem Namen Menschen in die Enge getrieben und sie ihrer Freiheit beraubt.

Was haben wir mit dem heiligen Gott gemacht?

Wir haben ihn bei unseren hochkalorischen Frauen-Verwöhn-Buffets und den zünftigen Männerstammtischen betenderweise zum „Gast“ degradiert, der gefälligst das segnen soll, was wir uns selbst bescheret haben. Wir haben ihn zur Ikone unserer vorhersagbaren, langweiligen Gottesdienste gemacht. In seinem Namen haben wir Predigten gehalten, die im Gutmenschentum stecken geblieben sind. Wir haben ihn zum Guru gemacht, der in allen Religionen zu finden sei, aber nichts zu melden habe. Was haben wir mit dem heiligen Gott gemacht?

Wer sich in diesen Gedanken wiederfindet, der darf sich seiner Hybris und Scheinheiligkeit schämen und im „Wehe mir, ich vergehe!“ zurück zu dem finden, der gesagt hat: „Wer mich sieht, der sieht den Vater!“ Ich wünsche uns Schreibenden und Predigenden ein neues Bewusstsein für die Heiligkeit Gottes.

Von: Jürgen Mette

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