Ein Ziegenbock im Garten, das riecht nach Randale. Ein bockiges Vieh im Kräutergärtchen, ein Geißbock im Salatbeet – eine Horrorvision für die Schrebergärtner. Und wenn dann der zickig gehörnte Bock auch noch den Gärtner auf die Hörner nimmt, dann erschließt sich dieses Bildwort auch jedem sprachlich Unbedarften.
Diese Metapher taucht immer dann in den Kommentaren der Medien auf, wenn eine öffentliche Person mit einer Aufgabe betraut werden soll, die sie überfordert, oder für die sie aufgrund ihrer Vita überhaupt nicht in Frage kommt.
Fragwürdige Eignung
Ausgerechnet Ursula von der Leyen fungiert als zivile Chefin der Bundeswehr, verkalkuliert sich bei der Renovierung der „Gorch Fock“ um 90 Millionen Euro und lässt die Bundeswehr zum Sanierungsfall verkommen. U-Boote tauchen/taugen nichts, Flieger haben massive Bodenhaftung, den Truppen fehlt sinnstiftende Motivation.
Doch nun soll die in Brüssel geborene Mustertochter des unvergessenem niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht und Mutter von sieben wohlgeratenen Kindern, immer perfekt frisiert und textil dekoriert, an die Spitze der EU befördert werden. Der bestens vorbereitete und maximal erfahrene Manfred Weber wird zu von der Leyens Gunsten fallen gelassen. Die Kanzlerin frohlockt. Endlich mal ein Frau im höchsten Amt Europas.
Oder Julia Klöckner, Ministerin für Ernährung und Landwirtschaft. Reicht die Erfahrung als Weinkönigin, um das Ministerium zwischen herkömmlicher und ökologischer Landwirtschaft stark zu führen, oder wird sie in Zukunft als Lobbyistin vom weltgrößten Ernährungsproduzenten Nestlé und dem Chemiegiganten und Glyphosat-Produzenten Bayer von sich reden machen? Den Bock zur Gärtnerin gemacht?
Gysi hat sich gewandelt
Ausgerechnet der Linke Gregor Gysi soll die Festrede beim Gedenkkonzert zum 30. Jahrestag der Friedlichen Revolution in der Leipziger Peterskirche halten. Wird hier der Bock zum Gärtner gemacht? Ich mag ja diesen kleinen Mann mit der großen Klappe. Unvergessen sein nettes Palaver mit Norbert Lammert im Bundestag. Keiner hat an den Geburtstag des Bundestagspräsidenten gedacht, Gysi schon. Er gratuliert ihm herzlich und bedankt sich artig für Lammerts Begabung der stets unabhängigen Moderation unseres Parlaments. Gysi hat sich gewandelt, vom regimetreuen Mitglied der SED zu einem der besten Redner im deutschen Bundestag und gern gehörten Talkgast.
Über diese Einladung zur Mitwirkung anlässlich von 30 Jahren Mauerfall habe ich als freier Wessi nicht zu befinden, denn mein Herz schlägt für die Ossis, die unter Gysi und Genossen gelitten haben. Und es schlägt für die Holmers und viele weniger Prominente, die den Funktionären auch noch Gutes getan haben, als sie von der Wut der Ostbürger getroffen wurden.
Ich nehme an, Gysi ist sich dessen bewusst, dass viele seine Rede mit Argusaugen überwachen werden. Das Signal allein, dass hier der Bock zum Gärtner gemacht wird, wird ihm viel Aufmerksamkeit bescheren. Ich gehe davon aus, dass er sich selbstkritisch und einsichtig positionieren wird. Ausladen würde ich ihn nicht, sondern ihm ermöglichen, seinen Sinneswandel zu erklären.
Dabei habe ich volles Verständnis für alle Freunde im Osten das Lande, wenn sie mich für diesen Beitrag kräftig abschwarten. Ich hätte den Veranstaltern Jörg Swoboda, Theo Lehmann oder Uwe Holmer vorgeschlagen. Aber mich fragt ja keiner.