Hartmut Steeb, das Gesicht der Deutsche Evangelischen Allianz, der Generalsekretär ohne Generalallüren, der stets freundliche, gewissenhafte und vernetzende Sekretär verlässt die Kommandobrücke der Dachorganisation der Evangelikalen. Ich kenne kaum einen Menschen, der seine Lebensberufung in solch einer verbindlichen Treue und Zuverlässigkeit ausgeübt hat, wie es der stets weißbehemdete und Fliege tragende „Mister Alliance“ vorgelebt hat. Wenn ich mir mal wieder eine Sorge kurz vor Mitternacht in einer E-Mail an Hartmut vom Herzen geschrieben habe, dann fand ich seine Antwort am anderen Morgen bereits um sechs in meinem Maileingang. Hartmut Steeb ließ nichts anbrennen.
Einer aus „Schturgert“, ein landeskirchlicher Pietist, ein studierter Verwaltungswirt im württembergischen Oberkirchenrat, der gerne seine Bischöfe Helmut Claß, Hans von Keler, Theo Sorg und Gerhard Maier zitiert hat und in der Jugendarbeit der Ludwig-Hofacker-Gemeinde fest verwurzelt war.
Der Vernetzer
Steeb war unterwegs zu Hause, in den Allianzen vor Ort und in Gremien. Immer ambulant, nie stationär. 31 Jahre (ver)handlungsreisender Mahner der Einheit der Jesus-Leute, immer in der ersten Reihe, wenn es um das Recht auf Leben geht, Prediger des Evangeliums, Initialzünder großer Allianz-Initiativen, die heute selbstständig sind: diverse Lebensrechts-Organisationen, ProChrist, World-Vision, das Festival Spring, die Micha Initiative – um nur einige zu nennen.
Die Evangelische Allianz nach links in die charismatische Richtung und nach rechts in Richtung konservativer Kreise zu öffnen und dies auch in der personellen Besetzung des Hauptvorstandes abzubilden, das ist und bleibt Verdienst des Vernetzers Steeb. Diese tolerante Weite – für die er auch angegriffen wurde – war stets geerdet in seinem konservativen Bibelverständnis. Ich habe oft mit ihm gelitten, an dem, was wir ihm zugemutet haben, aber ich habe ihn nie bockig oder beleidigt erlebt. Seine konstante Freundlichkeit, seine Unnachgiebigkeit in bestimmten Grundsatzfragen habe ich immer bewundert und zuweilen auch daran gelitten. Tolerant kann nur der sein, der einen eigenen Standpunkt hat. Hartmut Steeb – ein Weber von Beziehungsgeflechten, ein Bewahrer des Bewährten, ein Vernetzer der Zerstreuten, ein Mahner der Einheit und ein Freund deutlicher Aussprache: schwäbisch akzentuiert aber immer eindeutig. Einer, der nicht geliebt aber verstanden sein wollte.
Meine besten Wünsche
Ich wünsche dir, lieber Hartmut, dass du das letzte Drittel deines Lebens in gelassener Heiterkeit und robuster Gesundheit in deiner 10-Kinder-Familie und an der Seite deiner tapferen Angelika erleben kannst. Und wenn du dich von den Abschiedsfeierlichkeiten erholt und deine Kinder weltweit besucht hast, dann predige und referiere so viel du (!) möchtest, und zwar „on stage“ und als Berater der jungen Wilden „backstage“, hinter der Bühne.
Ich bin dir zwei Jahre voraus und habe die letzten vier Monate in Kliniken und Reha-Einrichtungen zugebracht. Danke für deinen Besuch an meinem Krankenbett, in Strickjacke und ohne Fliege, als Freund und Bruder in Christus.
Und hier ein paar Tipps für die nächsten Jahre:
-
Gönne dir Gutes und genieße heiter und gelassen das Dessert deines Lebens. Der Hauptgang ist verzehrt. Du hast manche Suppe auslöffeln müssen, die dir andere eingebrockt haben. Jetzt kommt die Nachspeise.
-
Sei nicht traurig, wenn dein Nachfolger dich nicht jeden Tag um deine Meinung fragt. Du hast ihn ja gründlich eingewiesen.
-
Lass dich täglich von der Gnade Gottes beschenken, sie besänftigt dein Herz und veredelt deinen Charakter, so dass wir auch in Zukunft gern auf dich hören. Wer aus der Gnade lebt, kann kein Fundamentalist sein.
-
Bibeltreue heißt, Gott bleibt dir mit seinem Wort treu. So wirst du uns auch im Ruhestand ein geduldiger Ermutiger bleiben.
Wir zwei waren nicht immer einer Meinung, aber wir waren eins und einig in Christus. Das bleibt.
Danke!
Dein Jürgen Mette