Gebührenfreie Kitas – Familienentlastung mit Tücken

Viele Bundesländer ändern zum 1. August ihre Gebührenregelungen. In Berlin müssen Eltern generell nichts mehr bezahlen. Das reicht nicht! Es müssen auch die Familien entlastet werden, deren Kinder nicht oder erst später eine Kita besuchen. Ein Gastkommentar von Uwe Heimowski
Von PRO
Uwe Heimowski ist Politikbeauftrager der Deutschen Evangelischen Allianz

Die GroKo hat das Thema Kitas ausdrücklich in den Koalitionsvertrag geschrieben. Sie verspricht eine „Entlastung von Eltern bei den Gebühren bis hin zur Gebührenfreiheit“. Der Bund kann dabei nur unterstützend wirken, die Verantwortung für die Bildung, und damit auch für Kindergärten, Kitas und Krippen, liegt bei den Ländern. Allerdings sollen bis zu zwei Milliarden Euro für Kitas zusätzlich in den Bundeshaushalt eingestellt werden. Bereits in mehreren Bundesländern sind einzelne Kita-Jahre gebührenfrei. Vorreiter war 2010 Rheinland-Pfalz, dort sind die Plätze für Kinder ab zwei Jahren beitragsfrei. Am 1. August 2018 ist es nun soweit. Als erstes Bundesland schafft Berlin die Kita-Gebühren vollständig ab.

Aus finanzieller Sicht ist das für viele Eltern beziehungsweise junge Familien, deren Kinder in eine Kita gehen, natürlich eine wesentliche Entlastung. Dennoch jubeln nicht alle Eltern und auch nicht alle Sozialverbände über eine generelle Beitragsfreiheit. Viele strukturschwache Kommunen schaffen es trotz Bundes- und Landesmitteln nicht, die fehlenden Beiträge zu kompensieren. Und wenn die Träger auf den Kosten sitzen bleiben, dann geht das zu Lasten der Qualität in der Betreuung.

„Wer frühkindliche Bildung zur Priorität erhebt, darf am Personal nicht sparen“

Mangelndes Fachpersonal, ein viel zu geringer Personalschlüssel und ein häufiger Wechsel der Erzieher sind schon heute vielerorts die traurige Kita-Realität. Wer frühkindliche Bildung zur politischen Priorität erhebt, der darf am Personal nicht sparen. Zwei Milliarden Euro Bundesmittel sind da nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Aber auch diese zwei Milliarden müssen finanziert werden. Und das tut der Steuerzahler. Auch derjenige Steuerzahler, der seine Kinder in den ersten Jahren zu Hause erzieht. Die Deutsche Evangelische Allianz hat seit Jahren darauf hingewiesen, dass hier eine strukturelle Benachteiligung vorliegt. Tatsächlich kosten Kita-Plätze mehrere hundert Euro pro Kind und Monat, von denen nur ein Teil über Elternbeiträge refinanziert wird. Es findet also eine einseitige Quersubventionierung statt.

Erziehungsleistung im Elternhaus als solche wahrnehmen

Es kann nicht darum gehen, unterschiedliche Familienmodelle gegen einander auszuspielen. Eine bessere personelle Ausstattung von Kitas und eine finanzielle Entlastung von Familien durch die Beitragsfreiheit sind ausdrücklich zu begrüßen. Zugleich aber müssen auch die Familien entlastet werden, deren Kinder nicht, oder erst später eine Kita besuchen. Das beginnt damit, die Erziehungsleistung im Elternhaus überhaupt als solche wahrzunehmen und sie entsprechend zu würdigen. Die primäre frühkindliche Bindung und Bildung findet in der Familie statt, erst die sekundäre in einer Einrichtung. Die Beziehung zu den Eltern, und in den ersten Lebensmonaten insbesondere zur Mutter, bildet die emotionale Grundkonstante eines Kindes.

Ein politischer Vorschlag: Elterngeld sollte einkommensunabhängig gezahlt und die Dauer auf bis zu drei Jahre erweitert werden. Das ehemalige Betreuungsgeld zeigte politisch in diese Richtung, bis es als „Herdprämie“ disqualifiziert und abgeschafft wurde.

Um tatsächlich Wahlfreiheit herzustellen, müsste die beitragsfreie Kita also mit einer stärkeren Familienförderung einhergehen. Und um den Kindern gerecht zu werden, darf gerade bei der Betreuung in einer Einrichtung nicht an der Qualität gespart werden. Beitragsfreiheit? Ja. Aber weder zulasten der Kinder, noch zulasten anderer Familienmodelle.

Uwe Heimowski ist Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz des Bundestages und der Bundesregierung. Er ist Vorstandsmitglied des Christlichen Medienverbundes KEP, zu dem auch dieses Magazin gehört.

Von: Uwe Heimowski

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