Flüchtlinge an der Grenze – das war das beherrschende Nachrichtenthema der vergangenen Tage.
In Europa, weil Malta und Italien sich weigerten, das Schiff „Aquarius“ in einem ihrer Häfen anlegen zu lassen, das mehr als 600 aus Seenot gerettete Flüchtlinge an Bord hatte. Spanien nahm die Menschen schließlich auf.
In Deutschland, weil sich Bundesinnenminister Horst Seehofer und mit ihm die CSU gegen Kanzlerin Angela Merkel und die CDU stellte. Die Christsozialen wollen Flüchtlinge entsprechend des Dublin-Verfahrens an der Grenze zurückweisen, wenn sie schon in einem anderen europäischen Land registriert sind – notfalls im Alleingang. Auf offene Konfrontation folgten Sondersitzungen, Ultimaten und Kompromissvorschläge. Merkel steht unter Druck, bis zum EU-Gipfel Ende Juni eine europäische Lösung auszuhandeln.
In den USA, weil die Regierung mit einer „Null-Toleranz-Politik“ gegen illegal einreisende Migranten an der mexikanischen Grenze vorgeht. Dass dabei Kinder von ihren Eltern getrennt werden, wenn diese ins Gefängnis kommen, hat für heftige Proteste gesorgt. Am Mittwoch erklärte Präsident Donald Trump daraufhin per Dekret, die Trennung von Familien zu beenden.
In der ganzen Welt, weil so viele Menschen wie noch nie auf der Flucht sind. Das teilte die Flüchtlingsorganisation der UN in ihrem aktuellen Bericht mit: 68,5 Millionen Menschen gab es im vergangenen Jahr, die gezwungen waren, ihre Heimat zu verlassen. Mehr als die Hälfte von ihnen sind jünger als 18 Jahre.
Die Not der Welt geht uns etwas an
Seit mehreren Jahren steigt diese Zahl. Die meisten Menschen sind aus Syrien geflohen. Aber auch von den Medien hier weitgehend unbeachtete Konflikte wie in Zentralafrika, Burundi oder im Südsudan verschärfen die Situation, ebenso wie die anhaltenden Konflikte in der Ukraine oder im Jemen. Der größte Teil der Flüchtlinge flieht innerhalb des eigenen Landes. Die Türkei hat mit dreieinhalb Millionen die meisten Flüchtlinge aufgenommen, Deutschland liegt mit 970.400 aufgenommenen Flüchtlingen an sechster Stelle – hinter wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern wie Uganda, Pakistan und Libanon.
Dieser Überblick zeigt einmal mehr, wie groß die Not ist. Und wie stark andererseits auch das Spannungsverhältnis ist zwischen der moralischen und humanitären Verantwortung vor allem wohlhabender Länder, in dieser Notlage zu helfen; und der politischen Verantwortung, die staatliche Ordnung zu garantieren – auch an der Grenze.
Auf unserer mitteleuropäischen Wohlstands- und Friedensinsel dürfen wir nicht die Augen verschließen vor den Konflikten und Notlagen dieser Welt. Sie gehen uns etwas an. So lange es Unfrieden und Kriege, Armut und Elend gibt, werden sich Menschen mit der Hoffnung auf bessere Lebensbedingungen auf den Weg machen. Das war zu allen Zeiten so.
Ein Apfelbaum in der Wüste
Wer Hilfe braucht, dem sollten wir großzügig Hilfe gewähren. Als Gesellschaft und als Einzelne. Dass es in einem Staat und Gemeinwesen dafür Regeln braucht, ist selbstredend. Noch besser wäre es, wenn Menschen ihre Heimat nicht verlassen müssten. Die Rede ist dann oft von „Fluchtursachen bekämpfen“. Was wie eine Phrase wirkt, scheint einer der nachhaltigsten Wege zu sein, um Menschen zu helfen. Deutschland und Europa müssen sich mit aller Kraft für Frieden in Konfliktregionen einsetzen. Aber es gilt auch, Menschen eine Perspektive zu verschaffen, die keine haben: durch Bildung und Arbeit etwa und nicht zuletzt durch die frohe Botschaft von Jesus Christus. Mit Patenschaften, Spenden, Gebet und aktiver Hilfe kann jeder etwas dazu beitragen.
Das mag wie ein Tropfen in den Wüstensand erscheinen. Aber gerade Christen sollten sich vom Prinzip Hoffnung leiten lassen. Martin Luther wird das Zitat zugeschrieben, er würde noch einen Apfelbaum pflanzen in dem Wissen, dass am nächsten Tag die Welt unterginge. Warum nicht wir in der Wüste?
Von: Jonathan Steinert