Kommt die Große Koalition zustande, will sie Kinderrechte im Grundgesetz verankern – so steht es im Koalitionsvertrag. Das ist nicht so gut, wie es klingt. Zu Recht warnt Uwe Heimowski, Politik-Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz, in pro: Wenn das Erziehungsrecht der Eltern geschwächt würde und die Balance in Richtung Staat kippte, „richten sich die Kinderrechte plötzlich gegen die Eltern und damit potentiell gegen das Kindeswohl“.
Wie das in der Praxis aussehen könnte, zeigt ein Blick in die derzeit vieldiskutierte Kita-Broschüre zu sexueller Vielfalt. Darin findet sich ein Interview mit Claudia Kittel, Leiterin der Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention beim Deutschen Institut für Menschenrechte. Zu den Rechten von Kindern gehöre das Recht auf Information. „Zu ,Information‘ zählt dabei auch die Information über Familien- und Geschlechtervielfalt, die allen Kindern in einer Einrichtung vermittelt, dass sie – so wie sie sind und leben – Teil einer Gemeinschaft sind und nicht ,aus dem Raster fallen‘“, sagt sie.
Schlechte Karten für Eltern
Kittel weiter: „Die Erkenntnisse der Studie des Deutschen Jugendinstituts aus 2015 ,Coming-out und dann?!‘ machen deutlich, dass die Thematisierung von Familien- und Geschlechtervielfalt mit Kindern selbst gar nicht früh genug beginnen kann.“
Eltern, die hier anderer Meinung sind, könnten in Zukunft schlechte Karten haben. Denn eine wie auch immer ausgestaltete Formulierung von Kinderrechten im Grundgesetz wäre eine argumentative Steilvorlage für Aktivisten der sexuellen Vielfalt, die sich ja schon heute auf „Rechte“ berufen. Eltern könnten bei der Erziehung der Kinder leichter übergangen werden.
In eine ähnliche Richtung geht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR). Der hat im Januar entschieden, dass Kinder dem Sexualkundeunterricht in der Grundschule nicht fernbleiben dürfen. Der EGMR unterstützte damit die Rechtsprechung eines Schweizer Bundesgerichts, das entschieden hatte: Der umstrittene Unterricht greife zwar in das Erziehungsrecht der Eltern ein und tangiere ihre Glaubens- und Gewissensfreiheit, dies sei jedoch gerechtfertigt. Wie schnell würden auch deutsche Gerichte ein solches Urteil fällen, wenn „Kinderrechte“ im Grundgesetz stehen und interessierte Lobbygruppen die Deutungshoheit darüber bekommen, was alles zu diesen Rechten gehört?
Wer definiert Interessen der Kinder?
Der kinder- und jugendpolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Norbert Müller, sieht in einer Erwähnung der Kinderrechte im Grundgesetz „keinen Eingriff in die Rechte der Eltern oder den Schutz der Familie, sondern eine Klarstellung hinsichtlich eines Vorrangs der Kindesinteressen bei allen Entscheidungen, die Kinder direkt oder indirekt betreffen“.
Doch genau solche Eingriffe sind zu erwarten. Wie die Kinderrechte inhaltlich genau aussehen sollen, ist noch offen. Man muss aber nicht paranoid sein, um das gefährliche Potential darin zu erkennen, wenn der Staat die vermeintlichen Interessen von Kindern höher gewichtet als die der Eltern. Denn wer bestimmt, was im Interesse der Kinder ist, und was nicht? Die Gruppen, die bei Kleinkindern ein reges Interesse an vielfältiger Sexualkunde vermuten, sind bereits sehr laut und einflussreich. Wer kommt als nächstes? Es gibt auch Gruppen, die behaupten, eine atheistische Erziehung sei im Interesse von Kindern, da Religion schädlich sei.
Wer die gesellschaftliche Deutungshoheit zu sensiblen Themen gewinnt, der wird auch versuchen, die Deutungshoheit darüber zu erlangen, welche Rechte Kinder haben – oder er wird sich zumindest im Diskurs auf die Kinderrechte im Grundgesetz berufen. Es ist zu befürchten, dass diese Rechte eben doch gegen die Eltern durchgesetzt werden. Gut, dass Kinder Menschen sind – denn die Menschenrechte sind bereits in der Verfassung verankert. Gesonderte Kinderrechte braucht es nicht.
Von: Moritz Breckner