„Gutmensch“ ist das Unwort des Jahres, und jener Menschenschlag, für den dieses Etikett einst ersonnen wurde, klopft sich auf die Schulter. Die einen freuen sich, dass Vokabular gebrandmarkt wurde, mit dem echte und vermeintliche Rechte die Befürworter der aktuellen Flüchtlingspolitik kritisieren. Die anderen verstehen das Wort gar als Lob. „Wir sind Gutmenschen“ twitterten beispielsweise die Grünen von ihrem offiziellen Parteiaccount. Entweder, sie haben das Wort falsch verstanden, oder ihnen ist erstmals Selbstreflexion gelungen, definiert der Duden „Gutmensch“ doch so: „[naiver] Mensch, der sich in einer als unkritisch, übertrieben, nervtötend o.ä. empfundenen Weise im Sinne der Political Correctness verhält, sich für die Political Correctness einsetzt“.
Menschen mit ebenfalls guter Gesinnung haben am Montag die Kampagne „Ausnahmslos“ gestartet. Unter diesem Schlagwort versicherten sich Feministinnen in Sozialen Netzwerken gegenseitig, in Deutschland habe sich dank des weißen Mannes eine „Vergewaltigungskultur“ etabliert. Und wer sich über die massenhaften sexuellen Belästigungen der Silvesternacht mehr aufrege als über jene Vergewaltigungskultur, der sei ein Rassist. Nun kennt man Gruppenbelästigungen mit über 600 Opfern innerhalb weniger Stunden bislang zwar eher vom ägyptischen Tahrir-Platz als von der Kölner Domplatte oder der Münchner Theresienwiese; aber vielleicht sind die Online-Aktivisten ja manchen Medien auf den Leim gegangen.