Kochen für den Frieden

Für Maurício da Silva Carvalho ist Kochen mehr als nur eine Leidenschaft – es ist ein Weg, den Frieden, den er fand, mit anderen zu teilen und Gemeinschaft zu schaffen.
Von Petra Kakyire
Bild vom kochenden Pastor mit einem Teller und das fertige Gericht an der Hand

​Es ist ein sonniger Nachmittag in Hamburg-Ottensen, die warmen Sonnenstrahlen dringen durch das Fenster der Josua-Kirche. Im ehemaligen Büro von Pastor Maurício da Silva Carvalho, das vor einem Jahr zur Küche umgebaut wurde, bereitet er gerade eine Mahlzeit zu. Während der Pastor die frischen Zutaten – Kürbis, Paprika, Zwiebeln, Rosmarin, Zitrone und Gewürze – auf dem Tisch arrangiert, greift er immer wieder zu seiner Handykamera, um die perfekte Perspektive für das nächste Video zu finden. Ein Spiegel, geschickt als Kulisse eingesetzt, fängt das Licht ein, reflektiert die Zutaten und lässt die Szene in einem warmen, goldenen Glanz erstrahlen. Es ist mehr als nur Kochen. Es ist eine Einladung, über Frieden und Gemeinschaft nachzudenken.

„Meine Küche ist ein Ort der Begegnung“, sagt er lächelnd, während er die Kameraeinstellungen überprüft. „Es geht darum, ein Gespräch über den inneren Frieden zu entfachen, den wir alle suchen“, erklärt der 58-Jährige. Seit 2005 predigt Carvalho in der Josua-Kirche, doch es ist nicht nur der Gottesdienst, der ihm am Herzen liegt. Seine Leidenschaft fürs Kochen hat er zu einem Werkzeug gemacht, um Menschen auf eine besondere Weise zu erreichen. Auf seinem Youtube-Kanal „Der kochende Pastor“ nimmt er die Zuschauer mit in seine Küche, wo er Gerichte zubereitet und über Gott spricht. Für ihn ist das Kochen eine Einladung, den Frieden Gottes zu erfahren – und das nicht nur im geistlichen Sinne, sondern auch durch das gemeinsame Mahl.

Doch wie kam es dazu, dass der Brasilianer ausgerechnet das Kochen zu seiner Methode machte, die christliche Botschaft zu verbreiten? Carvalho erzählt von seiner Kindheit in Brasilien, als er oft für seine Familie kochte, wenn seine Eltern nicht zu Hause waren. „Essen verbindet“, sagt er. „Und wenn wir zusammen essen, entsteht Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft ist der Raum, in dem Frieden erlebbar wird.“

Heute ist er verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. Sein Weg führte ihn nach Deutschland, wo er in Hamburg Theologie studierte und Pastor wurde. Die Vision, die hinter seinen Kochprojekten steckt, entstand, als er merkte, dass gemeinsames Essen Menschen zusammenbringt und die Möglichkeit bietet, sich auszutauschen und einander zu helfen. „Als dann auch Menschen zu mir kamen und mich fragten, ob ich für sie beten könne, wusste ich, dass das mein Weg ist“, sagt Carvalho, während er die Zwiebeln, Mango und Paprika schneidet.

Kochprojekte zu verschiedenen Themen

Mit dem Kochprojekt „Friedensmenü“ kombiniert er Speisen zerstrittener Nationen, um zu zeigen, wie Frieden auf einem gemeinsamen Teller schmecken kann. Begonnen hat das Projekt am 16. September 2020 mit drei israelisch-palästinensischen Menüs. Diese Menüs waren ein erster Schritt, um durch das Zusammentreffen von traditionellen Gerichten beider Kulturen den Frieden zu fördern und den Austausch zwischen den zerstrittenen Nationen zu unterstützen. Mit „OurKitchen Ottensen/Grindel“ lädt er einmal im Monat Menschen aus den Stadtteilen Ottensen und Grindel ein, zusammen zu kochen und sich auszutauschen. Beim Projekt „Soulfood“ können Menschen bei einem Brunch den Impulsen von Carvalho lauschen und dabei das Essen genießen. In den Videos auf seinem YouTube-Kanal kocht er und predigt gleichzeitig. Der Kanal kombiniert kulinarischen Genuss mit geistlichen Impulsen. Auch auf Instagram teilt er Bilder und kurze Videoausschnitte zu diesem Thema.

Besonders wichtig ist ihm dabei die Begegnung mit der jüngeren Generation. „Die Kirche muss die Sprache des Herzens wiederfinden“, sagt er. „Es geht nicht um theologische Begriffe, sondern darum, dass Gott uns liebt und uns Frieden schenkt.“ Jesus habe sich Zeit genommen, um die Menschen kennenzulernen und Nächstenliebe zu praktizieren. Das wünscht er sich auch für die Kirchengemeinden. In seinem Buch „Jesus, meine Küche und unser Appetit auf Frieden“ formuliert Maurício seine Vision: „Ich bin überzeugt davon, dass die Kirchen Tische und Stühle statt Kirchenbänke brauchen. Es ist Zeit, mit dem Kochen anzufangen, und zwar im großen Stil, denn Menschen hungern nach Frieden und haben Durst nach Liebe und Geborgenheit.“

​Doch bevor er den Weg in die Küche fand, musste Carvalho einen eigenen, persönlichen Frieden erfahren. Im Jahr 1984 betete er nach einem Gottesdienst in Brasilien mit den Worten: „Gott, ich gebe dir die Chance, mein Leben zu retten.“ Was folgte, war eine Begegnung, die sein Leben für immer veränderte: ein Gespräch mit einem Mann namens Robinson aus der Gemeinde seines Bruders, das Carvalho tief berührte. Robinson zeigte ihm eine Bibelstelle über den Frieden, den Jesus seinen Jüngern versprochen hatte. Bei diesem Gespräch fühlte Carvalho zum ersten Mal einen inneren Frieden – ein Gefühl, das ihn nie wieder losließ und das er fortan mit anderen teilen wollte.

Buchcover vom Buch: Jesus, meine Küche und unser Appetit auf Frieden Foto: SCM-Shop

Maurício da Silva Carvalho: „Jesus, meine Küche und unser Appetit auf Frieden“, SCM, 20 Euro

Innerer Friede kann die Welt verändern

Zurück in der Küche: Carvalho schneidet Zwiebeln, Paprika und Mango, während die Kamera stets auf ihn gerichtet ist. Der Tisch sieht mittlerweile chaotisch aus – Zutaten, Schalen und Utensilien sind überall verteilt. Doch das stört den Pastor nicht. „Aus dem Chaos kann auch etwas Schönes entstehen“, sagt er, als er das Basilikum in den Joghurt legt, um ihn zu verfeinern. „Dadurch werden die Aromen frei“, sagt er. Dies wiederholt er zweimal. Zum Schluss kommt der Saft der Zitrone. Aber erstmal muss das Stativ nochmal eingerichtet werden. Aufnehmen. Stoppen. Erneut aufnehmen. Action. Immer wieder überprüft er das Bild auf seinem Handy, dreht die Kamera ein wenig und beginnt erneut mit der Aufnahme, bis die Perspektive perfekt ist.

„Es muss harmonisch und optisch schön sein“, erklärt er mit einem Lächeln und träufelt dabei das Kürbiskernöl langsam in den Joghurt. Schließlich ist die Aufnahme gemacht, und der Auflauf, der mittlerweile im Ofen gart, verströmt einen köstlichen Duft nach frischen Kräutern. Doch für Carvalho ist es nicht nur der Geschmack, der zählt. Es ist der Moment, in dem Menschen zusammenkommen, miteinander essen und über den Frieden Gottes nachdenken. In einer Welt, die oft von Konflikten und Unsicherheiten geprägt ist, glaubt Carvalho, dass es genau das ist, was Menschen wirklich zusammenbringt: „Der Frieden beginnt mit dem Bewusstsein, dass wir von Gott geliebt sind“, erklärt er. „Wenn wir diesen Frieden in uns finden, hat er Auswirkungen auf die Welt um uns herum. Der Frieden in mir kann auch Frieden in anderen hervorrufen.“

Als Video und Essen fertig sind, serviert der Pastor den dampfenden Auflauf zusammen mit einem Bagel und getrockneten Tomaten.

Der Artikel ist erstmals in der Ausgabe 2/2025 des Christlichen Medienmagazins PRO erschienen. Das Heft können Sie hier kostenlos bestellen.

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