Es hörte sich innovativ an, was Arnold Schwarzenegger bereits im Juni ankündigte. Digitale Lehrinhalte seien leichter zu aktualisieren, dagegen würden gedruckte Lehrbücher nur in einem sechsjährigen Zyklus modernisiert. Ein gedrucktes Schulbuch koste aber durchschnittlich 75 bis 100 Dollar. Digitale Lehrbücher seien meist kostenlos, böten interaktive Möglichkeiten und seien im Gegensatz zu Schulbüchern auf dem neuesten Stand. Schüler sollten sie einfach aus dem Internet herunterladen und dann an einem Laptop oder elektronischen Lesegerät wie dem "Kindle" des Online-Buchhändlers Amazon damit arbeiten. Vor allem finanzielle Gründe steckten hinter Schwarzeneggers Überlegungen: Der Staat Kalifornien hat laut Angaben des "Spiegel" ein Haushaltsdefizit von 26 Milliarden Dollar. Schulbücher schlugen im Jahr 2007 laut dem Magazin "Focus" mit 633 Millionen US-Dollar zu Buche.
Laptop statt Tafel
In der aktuellen Ausgabe des "Focus" stellt Autorin Susann Remke einige Modelle des digitalen Unterrichts in Kalifornien vor und zeichnet damit ein Bild der zukünftigen Schule, wie sie Schwarzenegger sicher gefallen würde. Bisher sind es allerdings nur wenige Modellschulen, deren Schüler online lernen.
Da arbeiten Zweitklässler in der Robert C. Fisler Shool in Fullerton an Laptops, tippen Texte ein und verschieben diese per Mausklick in das Fach der Lehrerin. Andere lesen Geschichten laut vor und nehmen sie als Podcasts auf. "Digitales Lernen ist nicht nur individueller, sondern auch intensiver", zitiert der "Focus" die Lehrerin. Jeder Schüler erhalte sofort Rückmeldungen über den Lernerfolg, die Lernsoftware stelle sich automatisch auf den Wissensstand jedes Kindes ein. Für den Mathe-Unterricht hat die Schule gerade 160 iPod-Touch-Geräte angeschafft. Daran sollen die Schüler beispielsweise Kopfrechnen üben.
Können Laptops oder iPods aber wirklich billiger sein als Schulbücher? Die Direktorin der Robert C. Fisler-Schule verrät, dass alle Computer durch Spenden oder Stiftungsgelder finanziert seien. Außerdem schrumpfe die Kostendifferenz zwischen einem Schulbuch für 100 Dollar und einem Laptop für 300 Dollar immer weiter.
An der Pacific High School in Tustin kommen Schüler nur noch für bestimmte Lerneinheiten in die Schule, den Rest erarbeiten sie selbstständig von zuhause aus. Nicht Anwesenheit zählt, sondern Aktivität. Dabei sei es ein Irrtum, dass Online-Lernen leichter ist: "Im Onlineklassenzimmer kann man seine Zeit nicht unauffällig absitzen. Die Lehrersoftware zeigt genau, wer wie intensiv gelernt hat, in welchen Chats und Podcasts teilgenommen hat", so die Literaturlehrerin Connie Peacock. Nur noch ein Teil des Unterrichts findet dabei im Schulgebäude statt. Die meisten Schüler sagen, sie hätten noch nie so viel Aufmerksamkeit von ihrem Lehrer bekommen wie online, schreibt "Focus"-Autorin Remke.
Die Realität: Vier Schüler teilen sich einen PC
Die für den Herbst 2009 angekündigte Reform scheitert jedoch hauptsächlich an den Kosten, denn den Schulen fehlt vor allem die Hardware: Sechs Millionen Schüler in Kalifornien müssen sich derzeit rund 1,5 Millionen Computer teilen, berichtet der "Spiegel". Die Zahl elektronischer Lesegeräte in Schülerhänden sei verschwindend gering. Der überwiegende Teil der kalifornischen Schüler lernt also weiterhin nach herkömmlichen Methoden – und mit klassischen Schulbüchern.
Allerdings fehlt auch das digitale Angebot: Gerade einmal 16 E-Books aus den Fachbereichen Naturwissenschaften und Mathematik stehen den kalifornischen High Schools kostenfrei auf einer Internetseite zur Verfügung, recherchierte der "Spiegel". Wie viele Schulen nun tatsächlich auf die ersten 16 digitalen Lehrbücher zurückgreifen, sei unklar. Zahlen gebe es nicht, die Schulbezirke seien nicht verpflichtet, das zu melden, so eine Schwarzenegger-Sprecherin.
In Deutschland spielen digitale Schulbücher eher selten eine Rolle. Dagegen sind Lernprogramme für Computer oder etwa für die tragbare Spielkonsole Nintendo DS auch hierzulande auf dem Vormarsch. (pro)