Nach der Frankfurter Allgemeinen Zeitung kritisiert nun auch der Kirchenjournalist Matthias Kamann den Rat und seinen Vorsitzenden Nikolaus Schneider scharf. In der Berliner Morgenpost heißt es am Samstag: Zum einen sei die Orientierungshilfe zum Thema Familie Zeichen des Scheiterns. Gegen die EKD-Schrift hätten mittlerweile nicht nur „konservative Evangelikale” aufbegehrt, sondern auch Landesbischöfe. „So viel Kritik ist einem EKD-Rat schon lange nicht mehr entgegengeschlagen”, schreibt Kamann. Auch im Umgang mit dem Disziplinarverfahren gegen den ehemaligen Prälaten Bernhard Felmberg sieht der Journalist ein Versagen der Kirche: „Der ratlose Rat ließ die Zeit verstreichen, in der man Felmberg geräuschlos hätte abziehen können. Statt dessen ließ sich der Rat von außen zu einem Disziplinarverfahren gegen Felmberg treiben, und geklärt wurde die Personalie erst, als darüber breit berichtet worden war.” Die „Bild”-Zeitung hatte im März über außereheliche Beziehungen des Beauftragten der EKD berichtet. Im Juni legte er sein Amt nieder.
Ein Rat der „Gewesenen”
Doch Kamanns Kritik geht über diese Einzelfälle hinaus: Der Rat selbst bestehe bestehe fast durchweg aus „Gewesenen”. Der Badener Landesbischof Ulrich Fischer gebe seinen Posten demnächst ab. Bereits 2011 sei der bayerische Bischof Johannes Friedrich gegangen, betreue bis zum endgültigen Ruhestand nur noch eine Teilzeit-Pfarrstelle. Für den im Rat sitzenden Präsidenten der evangelisch-reformierten Kirche, Jann Schmidt, sei ebenfalls schon ein Nachfolger gewählt. Und nicht zuletzt Nikolaus Schneider sei jüngst aus dem Amt als Präses im Rheinland geschieden. „Der einzige leitende Geistliche im Rat, der sich noch auf eine Landeskirche stützen kann, ist der Sachse Jochen Bohl, der freilich mit seinen 63 Jahren auf die Pensionierung 2015 zusteuert”, stellt Kamann fest. Weiter schreibt er: „Diese Fünferbande aus Ganz-, Halb- oder Bald-Ruheständlern soll bis 2015 die Akzente der strategisch entscheidenden Landeskirchen im EKD-Rat setzen und das Großfest des Weltprotestantismus vorbereiten, das 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017.”
Und das sei noch nicht alles: Auch hinter der Position der Synoden-Präses stehe ein großes Fragezeichen. Katrin Göring-Eckardt ließe ihr Amt ruhen, seit sie Spitzenkandidatin der Grünen für die Bundestagswahl ist, und es sei zu vermuten, dass sie nach der Wahl nicht wieder in die Kirche zurückkehre. Auch sei zu hören, dass der bayerische Bischof a. D. Friedrich über einen vorzeitigen Rückzug aus dem Rat nachdenke. „Unüberhör- und unübersehbar ist, dass es im gegenwärtigen EKD-Rat gar nicht gut läuft”, ist Kamann überzeugt. (pro)