Kirchen kämpfen gegen PID

Wenige Tage bevor der Bundestag über die gesetzliche Regelung der Präimplantationsdiagnostik abstimmt, haben Kirchenvertreter in Briefen an die Abgeordneten für ein Verbot der Gentests plädiert. Die Politiker wollen am 7. Juli entscheiden. Derzeit stimmen die meisten entschiedenen Abgeordneten dem liberalsten Gesetzesentwurf zu.

Von PRO

Der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb, bat die Abgeordneten, sich uneingeschränkt für das Lebensrecht jedes Menschen einzusetzen. "Die Präimplantationsdiagnostik dient ausschließlich der Selektion möglicherweise defekter Embryos", schrieb Steeb laut einer Mitteilung der Allianz. Auch wenn man den Wunsch von Eltern verstehen könne, möglichst auf dem Weg künstlicher Befruchtung ein gesundes Kind zu erhalten, dürfe dies nicht dazu führen, die auf diesem Weg eventuell als krank definierten Kinder auszusortieren und ihnen keine weitere Lebenschance mehr zu geben. Schließlich stehe auch aufgrund internationaler Erfahrungen zu befürchten, dass jetzt eventuell geschaffene Ausnahmen in den Sog weiterer Aufweichungen des Embryonenschutzes geraten würden.

Auch die Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) äußerte sich in einem Brief an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Darin plädiert der VEF-Präsident Präses Ansgar Hörsting nach Angaben der Vereinigung für ein vollständiges Verbot der PID. Der menschliche Embryo entwickle sich von Anfang an "als Mensch" und nicht erst "zum Menschen" hin. Darum komme auch Embryonen nach der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle Würde und Lebensschutz zu. Eine PID führe hingegen zu einer gezielten Auswahl von Embryonen. Menschliche Lebewesen würden somit im frühesten Stadium ihrer Existenz "ausgesondert und vernichtet". Dadurch werde der "Sinn des Seins" durch die "Zweckmäßigkeit des Seins" ersetzt.

Katholiken und Protestanten vereint

Die katholischen Bischöfe Baden-Württembergs, Robert Zollitsch und Gebhard Fürst, warnten laut der Agentur dapd ebenfalls eindringlich vor einer Unterscheidung zwischen lebenswerten und lebensunwerten Embryonen. Diese "Selektion" sei nach dem Rechtssystem der Bundesrepublik nicht zulässig, betonten sie in einem Brief an die baden-württembergischen Bundestagsabgeordneten. Die bedingungslose Annahme und Achtung eines jeden Menschen sei durch die PID in vielfacher Weise ernsthaft bedroht. Das anstehende Gesetzgebungsverfahren sei eine ‚Weichenstellung für die Zukunft einer humanen Gesellschaft‘. Zollitsch und Fürst äußerten zwar Verständnis für die Angst von Eltern vor einer schweren Behinderung ihres Kindes. Doch bei den Embryonen handle es sich von Anfang an um Menschen, die den vollen Lebensschutz beanspruchen dürften. Zollitsch ist auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Fürst steht an der Spitze der DBK-Unterkommission Bioethik.

Der Vorsitzende der Freisinger Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Johannes Friedrich, riefen die Parlamentarier in einer gemeinsamen Erklärung dazu auf, gegen jede Zulassung der PID zu stimmen. "Selbst die Bindung der Zulassung an bestimmte Vorraussetzungen ändert nichts an der Tatsache, dass menschliches Leben nach bestimmten Merkmalen ausgewählt wird", erklärten die Würdenträger, und weiter: "Es wachsen gesellschaftliche Erwartungen und der Duck auf Betroffene, dass Krankheit und Behinderung nicht sein dürfen, wenn man sie vermeiden könnte. Es wächst eine Haltung, den kranken oder behinderten Menschen als vermeidbares Unglück zu betrachten." Daher träten die bayerischen (Erz-)Bischöfe und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern gemeinsam dafür ein, "dass das Leben, wie es mit seinen schönen und schweren Seiten aus Gottes Hand kommt, allen Menschen offen stehen soll".

Auch aus Berlin gabe es am Mittwoch Empfehlungen an die Bundestagsabgeordneten. Bischof Markus Dröge und Diözesanadministrator Weihbischof Matthias Heinrich appellierten: "Zum einen könnte – so fürchten wir – durch die PID die Würde des menschlichen Lebens angetastet werden. Als Vertreter der Kirchen halten wir daran fest, dass der Mensch von Beginn seiner Zeugung an über eine ureigene Identität verfügt, die sich bis zu seinem Tod ständig fort- entwickelt." Zum anderen hegten die Geistlichen die Befürchtung, dass mit der Zulassung der PID der gesellschaftliche Druck auf werdende Eltern zunehme, ein erkranktes oder behindertes Kind abzulehnen. Gleichzeitig würden solche benachteiligten Menschen mit der zumindest impliziten Botschaft konfrontiert, sie gehörten eigentlich nicht dazu. Dies "halten wir für inakzeptabel", hieß es.

178 Abgeordnete noch unentschlossen

Wie der Deutsche Bundestag am Mittwoch mitteilte, sind derzeit noch 178 von den 621 Abgeordneten unentschlossen, wie sie sich in der Frage der PID entscheiden werden. Diskutiert werden drei Gesetzesentwürfe. Die meisten Unterzeichner hat derzeit die Vorlage von Ulrike Flach (FDP) und Peter Hintze (CDU), die die PID dann zulassen soll, wenn eine Ethikkommission im Einzelfall zugestimmt hat. In Frage kommen soll die Technik nur für solche Paare, die die Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit in sich tragen oder bei denen mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist. Dies ist der am weitesten gehende Vorschlag. Er hat derzeit 215 Zustimmer.

Eine weitere Abgeordnetengruppe um Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), René Röspel (SPD) und Priska Hinz (Grüne) will das Verfahren "grundsätzlich" verbieten, in Ausnahmefällen aber "für nicht rechtswidrig" erklären. Möglich soll eine PID nur dann sein, wenn die erbliche Vorbelastung der Eltern "mit hoher Wahrscheinlichkeit" eine Schädigung des Embryos erwarten lässt, "die mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Tot- oder Fehlgeburt führt". Die bislang zweite Verbotsausnahme – wenn das Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit im ersten Lebensjahr stirbt – wurde jüngst aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Eine Expertenanhörung im Parlament habe ergeben, dass "sich das Kriterium des ersten Lebensjahres im Sinne einer exakten Frist nicht hinreichend medizinisch begründen lässt", erläuterte die Röspel-/Hinz-Gruppe. Diesem Gesetzentwurf haben sich 36 Abgeordnete per Unterschrift angeschlossen.

192 Abgeordnete um die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Birgitt Bender, und Unions-Fraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) sprechen sich in ihrem Gesetzentwurf für ein striktes Verbot der PID aus. (pro)

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