Kirche soll mehr über Sünde sprechen

Auf dem Evangelischen Kirchentag hat die amerikanische Pastorin Nadia Bolz-Weber Christen dazu aufgerufen, Sünde häufiger zum Thema zu machen. Nur, wer sich die eigenen Fehler eingestehe, könne Gottes Gnade verstehen. „Buße schafft Freiheit“, sagte sie.
Von Anna Lutz
Nadia Bolz-Weber hat in den USA eine Kirche gegründet, in der Schwule und Lesben Leitungspositionen übernehmen dürfen und sollen

Käme Jesus heute auf die Erde, würde er sich fragen, warum die Kirche nicht annähernd so viel über Sünde spreche wie er, sagte Bolz-Weber in einem Forum zum Thema „Brauchen wir eine neue Kirche?“. Die amerikanische Pastorin ist Gründerin des House for all Sinners and Saints, einer inklusiven lutheranischen Kirche. Niemand solle sich für seine Sünden schämen, denn sie allein offenbarten, wie sehr Menschen Gott brauchten, erklärte sie, und weiter: „Der christliche Glaube erlaubt Unperfektheit.“

Bolz-Weber auf dem Kirchentag in Berlin Foto: pro/Anna Lutz
Bolz-Weber auf dem Kirchentag in Berlin

Wer nicht verstehe, was Sünde sei, verstehe Gnade nicht, sagte sie mit Bezug auf die Lehre Martin Luthers. „Die Gesellschaft um uns herum wird niemals das Evangelium predigen oder von Sünde sprechen, wisst ihr warum? Das ist unser Job!“ Dafür sei die Kirche da. Luther habe sich nicht zuerst der Theologie gewidmet. Er habe sich um Menschen gekümmert – als Pastor. „Wir müssen nicht akademischer werden, um die Kirche zu reformieren“, sagte sie. Stattdessen gehe es darum, auf die Herzen der Menschen zu sehen. „Buße schafft Freiheit“, erklärte Bolz-Weber. Wie zu Luthers Zeiten lebten die Menschen immer noch im Griff der Sünde und brauchten Freiheit davon.

Heiligen Geist neu entdecken

Kirchentagspräsidentin Christina aus der Au sagte, Christen sollten ausstrahlen, dass sie durch Gott frei seien. Sie erinnerte daran, dass Luthers erste These gelautet habe, dass das ganze Leben Buße sei. „Ich bin unperfekt“, sagte sie und erklärte, in den Tagen des Kirchentages spüre sie das wegen der vielen Aufgaben besonders. „Erst wenn ich weiß, dass ich getragen bin, halte ich es aus, so zu sein, wie ich bin.“ Das sei die Botschaft der Kirche. Wie aber könne diese verkündigt werden? „Wir reden von Gnade und Befreiung, aber offenbar ist niemand da, der die Botschaft hören möchte.“ Kirchen sollten deshalb den Heiligen Geist neu entdecken, „der weht, wo er will“, und sich nicht auf Regeln und Kirchenbürokratie beschränke. „Das heißt bunt, vielfältig, anders“, sagte sie. Es schließe die Frommen ebenso ein wie die, die die Kirche nie beträten. „Wäre das nicht der Geist von Pfingsten?“, fragte sie. (pro)

Christina aus der Au ist Präsidentin des Kirchentags Foto: pro/Anna Lutz
Christina aus der Au ist Präsidentin des Kirchentags

Von: al

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