„Kinder-Zeit“ nennt die Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“ eine Rubrik, mit der sie hofft, junge Leser für das eigene Blatt zu begeistern. Das Experiment läuft seit Anfang Juni und bietet für Acht- bis Zwölfjährige zwei Seiten Unterhaltung. Man müsse die Jungen so früh wie möglich an das Printmedium heranführen und wenn möglich auch an das eigene Produkt binden, zitiert die „Süddeutsche Zeitung“ Susanne Gaschke, Verantwortliche für das Projekt „Kinder-Zeit“. Auch beim „Spiegel“ sei ein Projekt geplant, das sich an Kinder richtet.
Der Grund für diese Initiativen: Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Medienanalyse greifen im Jahr 2008 nur noch 47 Prozent der Jugendlichen zur Zeitung, während es 1986 noch knapp 73 Prozent waren. „Für die Zeitungen ist diese Entwicklung gefährlich“, so Gaschke.
Politik auch für Kinder
Auch die „Deutsche Presseagentur“ (dpa) reagierte auf die rasanten Veränderungen in der Welt des Journalismus und hat ihr Angebot aufgestockt. Seit April 2007 bietet die dpa einen eigenen Nachrichtendienst für Kinder zwischen sechs und zehn Jahren an. Die behandelten Themen stammen vornehmlich aus den Bereichen Prominenz, Film und Fernsehen, Tiere oder Politik. Mittlerweile nutzen 46 Zeitungen in Deutschland das Kinder-Angebot der dpa. Der „Deutsche Depeschendienst“ (ddp) hat die Produktion seines Kinder-Nachrichtendienstes an die Bremer Agentur für Kindermedien vergeben. Wöchentlich werden dort aktuelle Themen wie Rauchverbot, der Krieg in Georgien oder der Streik der Milchbauern aufgegriffen.
Deutschland im Rückstand
Laut einer Umfrage des Bundesverbandes der Deutschen Zeitungsverleger (BDZV) widmen mehr als 60 Prozent der deutschen Zeitungen Kindern mittlerweile eine eigene Seite. Im internationalen Vergleich sei Deutschland in seinen Bemühungen um den Lesernachwuchs jedoch im Hintertreffen. Laut der „Süddeutschen Zeitung“ erreicht der französische Verlag „Play Bac Press“ im Nachbarland mit diversen Kinderzeitungen rund 2,5 Millionen Leser. In Deutschland fehle in vielen Verlagen oft das Geld, eine Redaktion für Kinderseiten einzurichten, begründet Gaschke den Rückstand.
„Kinderseiten nicht der richtige Weg“
Dass die neue Sparte der kindgerechten Nachrichten die Zukunftssorgen der Zeitungen wirklich zerstreuen kann, bezweifeln Experten. Kinderseiten seien „der falsche Weg“, meint etwa Uwe Vorkötter, Chefredakteur der „Frankfurter Rundschau“ (FR). „Damit laufen wir in die Irre.“ Deshalb habe er auch vergangenes Jahr die vorher produzierte Kinderseite für die FR wieder gestrichen, ebenso wie die „Berliner Zeitung“. Statistiken über den Erfolg der Bemühungen um den Lesernachwuchs gibt es bislang nicht.