Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Evangelische Gehörlosenseelsorge (DAFEG) hat die erste Kinderbibel mit Gebärdensprache auf YouTube veröffentlicht. Die kurzen Filme, in denen in szenischen Darstellungen mit Figuren von Jesus berichtet wird, werden von einem Gehörlosen-Dolmetscher in Gebärdensprache begleitet. Dazu können die Zuschauer zusätzlich Untertitel einblenden. Die Videos, die sich in erster Linie an gehörlose Kinder richten, sind aber auch vertont.
Eigenen Angaben zufolge ist mit dem Projekt eine barrierefreie Kinderbibel entstanden, mit „der zum ersten Mal gehörlose Kinder mit ihren hörenden Eltern gemeinsam die Jesusgeschichten ansehen können“. Umgekehrt können auch gehörlose Eltern mit ihren hörenden oder schwerhörigen Kindern zusammen die Videos verfolgen. Derzeit sind neben der Weihnachtsgeschichte noch neun weitere Videos auf der Videoplattform veröffentlicht, darunter die Gleichnisse vom verlorenen Sohn und dem barmherzigen Samariter. 2021 sollen noch vier weitere Video folgen und mit dem Passions- und Osterbericht enden.
Etwa 80.000 gehörlose Menschen in Deutschland
Von der Idee bis zur Umsetzung hat es lange gedauert. Bereits 2002 waren Monika Greier, Gehörlosenpfarrerin in Moers, und Ulrike Müller, Lehrerin am Berufskolleg für Hörgeschädigte in Essen, von der DAFEG mit Überlegungen zu einem Konzept für eine Kinderbibel in Gebärdensprache beauftragt worden. Die Bemühungen verliefen aber nach DAFEG-Angaben aus unterschiedlichen Gründen im Sand. 2018 beschloss Greier, selbst Filme zu drehen und mit Gebärdensprache zu unterlegen. Recherchen führten Greier zu dem Regisseur Gerhard Stahl, der mit beweglichen Figuren und aufwendigen Kulissen bereits Bibelfilme drehte. Die DAFEG erwarb die Filme, die dann verdolmetscht – „gebärdet“ – wurden. Die Texte für hörende Zuschauer wurden von professionellen Schauspielern aufgesprochen.
Genaue Zahlen über gehörlose Menschen in Deutschland gibt es nach Angaben von DAFEG-Geschäftsführer Reinhold Engelbertz nicht, da es keine statistische Erhebung dazu gebe. Man sei vielmehr auf Schätzungen angewiesen. „Dabei wird allgemein davon ausgegangen, dass 0,1 Prozent der Bevölkerung betroffen sind, was auf ungefähr 80.000 gehörlose Menschen in Deutschland schließen ließe“, erklärte Engelbertz auf Anfrage. Daher gebe es auch keine genauen Zahlen über gehörlose Kinder in Deutschland. Sicher sei, dass es in Deutschland 70 Schulen für hörgeschädigte Kinder gebe, an denen hochgradig schwerhörige und gehörlose Kinder beschult würden. Die Zahl gehörloser Christen in der evangellischen Kirche ist nicht unerheblich. Engelbertz rechnet mit „ungefähr 300 evangelischen Gehörlosengemeinden“ in den Landeskirchen, zu denen sich etwa 25.000 Menschen zählen. „Eine nicht geringe Zahl gehört rechtlich gar nicht zur evangelischen Kirche, sondern beispielsweise zur katholischen Kirche. Die Gehörlosengemeinden praktizieren da eine ganz pragmatische Ökumene“, sagt Engelbertz.
Die Kosten für die insgesamt rund 90 Minuten Video belaufen sich nach Angaben der DAFEG bislang auf insgesamt rund 30.000 Euro. Der evangelische Schwerhörigenverband (ESiD) und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) haben die Kindergebärdenbibel finanziell unterstützt.
Von: Norbert Schäfer