„KI wird den Journalismus weder zerstören noch retten, aber auf jeden Fall verändern. Wir müssen dafür sorgen, dass sie ihn auch verbessert.“ Das hat die Journalistin Tanit Koch am Donnerstag auf dem christlichen „Moveo“-Medienkongress in Kassel erklärt.
In ihrem Vortrag ging sie auf Chancen und Grenzen von Künstlicher Intelligenz im journalistischen Alltag ein. Eindringlich warb sie dafür, sich mit dem Thema zu beschäftigen. „Die bad actors sind ohnehin aktiv: Russland, China, Iran.“ Alleine deshalb müssten Medien die Vorzüge der KI nutzen. „Mir ist lieber, wir gewinnen den Kampf.“
Dabei sei Journalismus „nicht unebdingt ein Innovationstreiber“. Die bahnbrechenden Erfindungen hätten meist andere gemacht. Das stehe manchmal im Gegensatz zur Forderung in Kommentarspalten, dass es Mut zum Wandel brauche.
„KI ist unser Freund“
Widerstände gegen KI-Einsatz seien im Journalismus sogar größer als in anderen Branchen. In Banken oder der Automobilindustrie frage keiner danach, ob man KI benutzen solle. Laut Koch gehöre diese distanzierte Haltung durchaus zur „DNA des Journalismus“: „Wir sind kritische Geister“ – und eine kritische Haltung sei bei KI durchaus angebracht.
Allerdings gehöre auch die Neugier zur Journalisten-DNA. Grundsätzlich sei zu beachten: „KI ist unser Freund“, warb die Journalistin, die sich als „Tech-Optimistin“ bezeichnete. In der Schweizer Wahlberichterstattung erstelle ein Bot zum Beispiel in Sekundenschnelle Nachrichten, die auf aktuellen Kantons-Wahlergebnissen basierten. Dadurch hätten die menschlichen Journalisten mehr Zeit, sich um Aufgaben zu kümmern, die nur Menschen erledigen können.
Für KI gebe es viele sinnvolle Anwendungen, etwa um Komplexität von Texten zu reduzieren und sie in einfachere Sprache zu übersetzen, um neue Formate für jüngere Leute zu entwickeln oder als „Sparringspartner“, um sich bei einem Thema inspirieren zu lassen.
Die Tätigkeiten, die ein Algorithmus besser und schneller erledigen könne, seien für den Menschen bereits weggefallen oder würden noch wegfallen. Als Beispiele nannte Koch das Verschriftlichen von Interviews oder das Zusammenfassen von Nachrichten oder Quartalsberichten.
Dennoch gebe es Dinge, die den Menschen unersetzlich machen: „Wir wissen, was es heißt, zu lieben, geliebt zu werden, Gänsehaut zu bekommen.“ Diese Erfahrungen würden in die journalistische Arbeit mit einfließen. Ein großes Sprachmodell wie ChatGPT könne zwar die statistische Wahrscheinlichkeit für eine empathische Äußerung berechnen. Das sei aber etwas anderes, als Empathie zu besitzen. „Wir treffen Menschen, das tut die KI nicht.“
KI wird den Journalismus nicht überflüssig machen
An die zuhörenden Medienschaffenden appellierte sie: „Probieren Sie es aus.“ Denn: „KI-Wissen ist Macht“. Alleine schon um sie besser zu verstehen, müsse sie verstärkt genutzt werden. „Erst dann können wir Chancen, Möglichkeiten und Grenzen verstehen und einordnen. Wenn wir zu wenig Ahnung haben, haben wir keinen Einfluss.“
KI werde den Journalismus nicht überflüssig machen. „Wir müssen aber unseren Job richtig machen.“ Die größten Medienskandale hätten eben Menschen verbrochen, sagte Koch, und nannte als Beispiele die gefälschten Hitler-Tagebücher oder den Relotius-Skandal. Medien müssten zwar hart in der Sache berichten, aber immer fair.
Tanit Koch war Chefredakteurin „Bild“-Zeitung, Geschäftsführerin des Nachrichtensenders n-tv und leitete als Chefredakteurin die RTL-Zentralredaktion. Heute arbeitet sie als freie Journalistin. Auf dem christlichen „Moveo“-Kongress berichtete Koch, dass sie als Kind zunächst katholisch und dann kurz darauf evangelisch getauft wurde. Heute bezeichnet sie sich als „Kulturchristin“.
Der „Moveo“-Kongress ist eine Kooperation der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, von „ERF – Der Sinnsender“, dem Evangelischen Medienverband in Deutschland, Bibel TV, der Stiftung Marburger Medien, der Christlichen Medieninitiative pro, dem Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik, Hope Media, Media Vision und der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA.