„Keine Sorge, du kannst mir voll und ganz vertrauen!“ Sätze wie diese sind Fundament jeder Beziehung. Es ist die Basis für Freundschaften, die Ehe und für Geschäftsverbindungen. Doch die Realität sieht häufig anders aus. Über missbrauchtes Vertrauen sprach Michael Steinbrecher am Freitag im SWR-Nachtcafé mit seinen Gästen.
Unter ihnen war auch der frühere Millionär Josef Müller. In der Sendung berichtete Müller, wie die Gier sein Hirn gefressen habe. Als Steuerberater hatte er eine Kanzlei mit über 50 Mitarbeitern und lebte in Saus und Braus. Er und die Menschen in seinem Umfeld hätten keinen Sättigungsgrad für Geld gehabt. In der Szene sei es nicht um die Menschen gegangen, sondern um das, was sie besessen hätten. „Dem bin ich nachgeeilt.“
Müller hatte damals Wohnungen in der ganzen Welt und zehn Autos: „Ich habe es richtig krachen lassen und eine Show gespielt.“ Das blinde Vertrauen seiner Mandanten war für ihn der Schlüssel zum Betrug. Vom Geld seiner Klienten sind Schulden in zweistelliger Millionenhöhe geblieben. Er könne deswegen nachvollziehen, wenn Menschen ihm heute nicht mehr vertrauten.
„Ich war größenwahnsinnig“
„Ich habe erkannt, dass ich auf dem falschen Weg bin. Ich musste umkehren. Ich fühle mich immer noch schuldig und weiß, dass ich an allem selbst schuld bin“, bekannte Müller offen. Das Geld könne er wohl nie mehr zurückzahlen. Ihm sei wichtig, dass er Reue gezeigt und versucht habe, die Dinge wieder gut zu machen.
Am Tiefpunkt seines Lebens im Gefängnis habe er in der Bibel die Geschichte vom verlorenen Sohn gelesen. Er habe gemerkt, dass Gott auch an diesem Tiefpunkt bei ihm gewesen sei. Jedem, den er betrogen habe, biete er das persönliche Gespräch an. Die Erlöse seiner Bücher und eines geplanten Films sollten die Gläubiger erhalten. „Ich habe gelernt, was Vergebung ist und dass es sich lohnt zu vergeben“, sagte Müller. „Der Unterschied zur Gier ist die Zufriedenheit und Dankbarkeit. Aber die habe ich früher auf der Überholspur nicht gesehen. Getrieben von der Gier war ich größenwahnsinnig.“
Falsch im Fernsehen dargestellt?
Vor wenigen Wochen wurde Müller selbst getäuscht – so jedenfalls empfindet er eine Darstellung des ZDF über seine Person. Das ZDF habe in einer Dokumentation in der Reihe „Überführt“ über ihn Inhalte verfälscht dargestellt, glaubt Müller. Gegenüber pro erklärte er seine Sichtweise im Interview.
Das ZDF weist die Vorwürfe zurück: „Weder die Redaktion von ZDFinfo noch die Produktionsfirma haben Josef Müller darüber im Unklaren gelassen, worum es in der Reihe „Überführt“ geht: Die Verurteilten und deren Taten mit journalistischer Distanz zu zeigen und die Fälle von allen Seiten zu beleuchten. Die christliche Läuterung von Josef Müller ist dabei als ein wichtiger Aspekt in der Dokumentation dargestellt. Doch schon im Vorfeld der Dreharbeiten wurde mit dem Protagonisten darüber gesprochen, dass es nicht darum gehen könne, ausschließlich den von ihm gefundenen Weg zu Gott darzustellen. Deswegen weisen wir den Vorwurf ausdrücklich zurück, nicht offen und klar kommuniziert oder gar getäuscht zu haben“, heißt es in der schriftlichen Mitteilung gegenüber pro.
pro: Herr Müller, was hat das ZDF bei der Erstellung der Doku Ihrer Meinung nach nicht korrekt gemacht?
Der Bericht eines öffentlich-rechtlichen TV-Senders sollte eigentlich unvoreingenommen sein. Ich wollte den Zuschauern vermitteln, dass Gott jedem eine neue Chance gibt. Das war vielleicht mein Fehler. In der Welt der Reichen und Schönen, in der ich gelebt habe, gibt es keinen Gott, sondern nur Geld, weltliche Ehre und Luxus. Das ZDF hat die eigentliche Veränderung von Josef Müller nicht erfasst.
Fühlen Sie sich als Person falsch dargestellt?
Ich war ein Betrüger. So steht es in meinem Urteil. Das bereue ich und es tut mir von Herzen leid. Aber ich bin durch Jesus, durch meine Reue und Umkehr zu einem neuen Menschen geworden, und das wurde falsch dargestellt. Das Fernsehteam hat mit Zeugen gesprochen. Mein Pastor hat den Journalisten meinen Wandel ausführlich erklärt. Trotzdem zog der Sender die Vorverurteilung durch und stellte meinen Geltungsdrang in den Vordergrund. Daraus leiteten sie ab, dass ich keine Reue zeige. Zu den Geschädigten wurden falsche Aussagen gemacht und deren wörtliche Rede in einen ganz anderen Zusammenhang gesetzt. Ich war schockiert.
Können Sie weitere Beispiele nennen?
Es wurde zum Beispiel falsch behauptet, dass mich die Gläubigerin auf einem meiner Vorträge „abgepasst und zur Rede gestellt hatte“. Das entspricht nicht der Wahrheit. Eine Zeitung aus Kassel hat sich bei mir gemeldet und angefragt, ob ich zu einem Gespräch mit der Gläubigerin und der Zeitung bereit wäre. Ich habe zugestimmt, weil ich den Geschädigten nicht aus dem Weg gehe. Bei dem Gespräch war auch meine Mitarbeiterin als Zeugin dabei. Das alles wurde nicht erwähnt und dargestellt.
Haben die Journalisten Ihrer Meinung nach unsauber gearbeitet?
Es handelte sich nicht um einen christlichen Beitrag, sondern um eine Dokumentation, die den Namen „Überführt“ trägt. Eine Dokumentation sollte dokumentieren und die Wahrheit berichten. Im ersten Teil meines Lebens vor der Bekehrung ist dies gelungen. Der Grund meiner Bekehrung und Jesus, den ich oft und mehrfach erwähnt habe, wurde vollkommen unterschlagen.
Wurden Ihrer Meinung nach christliche Inhalte bewusst nicht gesendet?
Alles „christliche“ beziehungsweise der wahrheitsgemäße Inhalt meiner Botschaft wurde unterschlagen und vollkommen weggelassen. Dazu gehörte auch die Erklärung meiner Umkehr durch Pastor Heinz Patsch vom Christus Zentrum Olching.
Der Moderator der Sendung „Überführt“ Joe Bausch wirft ihnen vor, dass sie an einigen Stellen Menschen Wiedergutmachung versprochen und nicht eingehalten haben. Stimmt das?
Hierzu habe ich ausführlich in meinem zweiten Buch Stellung genommen. Alle hatten dieses Buch und sind nicht darauf eingegangen. Um es kurz zu machen: Ich habe die Autorenhonorare meines Buches „Ziemlich bester Schurke“ abgetreten. Sie dienen zu einem Vergleich mit den Anlegern. Bei 10 Millionen Euro Schulden wird es dauern, bis ich das Ganze abtragen kann. Ich darf auch keinen Gläubiger begünstigen. Das geht nur, wenn alle etwa 400 Gläubiger mit dem gleichen Prozentsatz einverstanden sind. Das dauert. Außerdem wurden schon von der Justiz ein Millionenbetrag von mir verteilt – leider nicht gleichmäßig. Dadurch bekamen Wenige alles und ein großer Teil ging leer aus.
Ihnen wird Geltungsbedürfnis in der Angelegenheit vorgeworfen. Was ist dran an diesen Vorwürfen?
In der Bibel steht: „Wovon das Herz voll ist, des geht der Mund über“. Ich bin ergriffen von dem, wie Gott mein Leben verändert hat. Es war ein Wunder. Davon durfte ich in über 400 Vorträgen und Predigten erzählen. Meine Geschichte über Reue und Umkehr begeistert Menschen. Ich bin mir meiner Schuld bewusst. Jetzt bin ich wieder ein lebensfroher Mensch. Ich möchte andere Menschen ermutigen, auch zu Jesus umzukehren. Mit trauriger Miene wirkt es nicht anziehend und entspricht auch nicht meiner Gesinnung. Das wirft man mir als „Geltungsdrang“ vor.
Werden Sie noch einmal mit dem ZDF Kontakt aufnehmen und Ihre Kritikpunkte anbringen?
Nein, ich werde nichts dergleichen tun. Es ist das Beste, das Ganze persönlich bei Anfragen richtig zu stellen und zu erklären. Aber das nun wieder aufzukochen, das würde mir zu viel Energie rauben. Und ich will keine Anwälte mehr sehen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Johannes Weil. (pro)
Von: jw