Es dauerte nur wenige Schrecksekunden, ehe sich die Kirchenleitenden gegenseitig wieder Mut zusprachen. Synodal-Vizepräsident Walter Schnell hatte kurz vor 17 Uhr das Ergebnis des sechsten und letztmöglichen Wahlgangs bekannt gegeben, aber weder die Landshuter Dekanin Nina Lubomierski noch der Münchner Regionalbischof Christian Kopp erzielten die nötige absolute Mehrheit von 55 Stimmen der 108 Synodalen.
Man könnte meinen, einen größeren Betriebsunfall kann es bei so einem Verfahren nicht geben. Doch die Wortmeldungen nach dem Abbruch der Bischofswahl klangen allesamt ganz anders.
Bedford gibt sich entspannt
So ergriff zum Beispiel der amtierende Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm das Wort und sagte, er sei froh darüber, dass man eine freie Synode habe, die demokratische Entscheidungen treffe. „In diesem Geist werden wir nun in die nächsten Tage gehen“, sagte Bedford-Strohm, dessen Amtszeit am 31. Oktober endet.
Zwar hätte er gerne am Montag schon seinem Nachfolger gratuliert, betonte der Theologe. Aber „manchmal braucht man dazu einfach noch ein bisschen Geduld“. Zugleich mahnte Bedford-Strohm, das Ergebnis anzunehmen und sich „nicht zu verbeißen und nicht übereinander zu richten“.
Dass es keine schnelle Wahl würde, das war Beobachtern bei diesem Kandidatinnen- und Kandidaten-Quartett klar. Als aber nach dem dritten Wahlgang Mission-EineWelt-Direktorin Gabriele Hoerschelmann zurückzog und erstmals etwas Bewegung in die Stimmenverhältnisse kam, keimte Hoffnung auf. Und spätestens nach dem Rückzug von Windsbachs Dekan Klaus Schlicker vor dem fünften Wahlgang schien die Sache endlich. Dass es dann in der fünften Runde zu einem 51-zu-51-Patt bei vier Enthaltungen kam, ist scheinbar nur eine Randnotiz. Doch etlichen Synodalen trieb diese Situation den Angst- oder zumindest Stressschweiß auf die Stirn.
Vor einem „Scherbenhaufen“ mögen die Landessynode und die Landeskirche vielleicht nicht stehen. Es ist sicher auch nicht so, dass keiner der vier Kandidierenden mehrheitsfähig gewesen wäre. Und es gibt in der Synode auch keine „Zweiteilung“, kein „Lagerdenken“ oder einen Riss. Die Synode ist zwar Kirchenparlament, aber sie tickt dann doch ganz anders als ein Landtag oder der Bundestag.
Enthaltungen können als Denkzettel interpretiert werden
Letztlich war es vielleicht vor allem eine Portion Pech, dass sich die Wähler von Kopp oder Lubomierski entweder gar nicht oder doch zu stark bewegt haben und so am Ende doch wieder keine absolute Mehrheit für einen der zwei zustande kam.
Dass am Ende jeweils wohl die vier Enthaltungen den Ausschlag gegeben haben, dass es kein Ergebnis gab, sollte dann aber doch zu denken geben. Zumal die Enthaltungen durchaus als Denkzettel gemeint sein könnten. Denn nach der Bekanntgabe des Wahlvorschlags hatte es auch Kritik an der Zusammensetzung des Vierer-Vorschlags gegeben – nicht gegen die dort aufgeführten Personen, sondern weil die eine oder der andere gar nicht draufstand, obwohl vorher bereits darüber gemunkelt wurde.
Das gab es noch nie
Es gibt jedenfalls Gesprächsbedarf unter den Synodalen, aber auch zwischen Synodalen und dem Wahlvorbereitungsausschuss.
Wie es nun weitergeht, ist unklar – denn so eine Situation gab es in der Geschichte der ELKB noch nicht. Möglich wäre, dass die Wahl noch während der laufenden Frühjahrstagung wiederholt wird, mit einem neuen Wahlvorschlag mit zwei Namen.
Das können aber faktisch nur zwei der bisherigen vier Kandidierenden sein, denn nur für sie liegen die nötigen Zustimmungen von Staatsregierung, Evangelischer Kirche in Deutschland (EKD) und Vereinigter Evangelisch-Lutherischer Kirche Deutschlands (VELKD) vor. Ob aus dem Quartett überhaupt noch jemand seinen Hut in den Ring werfen mag, dürfte nach diesem Wahltag fraglich sein.
Die Alternative wäre Abwarten. Denn ein gänzlich neuer Wahlvorschlag braucht Zeit. Die letzte Kandidatenfindung hat mehr als neun Monate gedauert. So viel Zeit hat die Synode angesichts des nahenden Endes von Bedford-Strohms Amtszeit beim zweiten Anlauf nicht.