Über das Leben von Muslimen in Deutschland wollten sie sprechen. Über deren Platz in der demokratischen Gesellschaft und Integration. Und über die Ausbildung von Imamen und die Einführung des Islamunterrichts in Deutschland. Am gestrigen Donnerstag trafen sich die Teilnehmer der DIK zum letzten Mal in dieser Legislaturperiode. Alle wollen sie die Konferenz nach der Bundestagswahl weiterführen. Das allerdings scheint einer der wenigen Punkte zu sein, bei dem sich muslimische und staatliche Vertreter letztendlich einig waren.
„Geist des Generalverdachts gegen Muslime“
In einem Abschlussdokument sollten sich alle muslimischen Verbände zu einem friedlichen Zusammenleben in Toleranz und Respekt auf Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Doch wie die Tageszeitung „Die Welt“ berichtet, waren nicht alle Verbände dazu bereit. Sowohl die Stellungnahme über „Deutsche Gesellschaftsordnung und Wertekonsens“ als auch die sicherheitspolitischen „Schlussfolgerungen zur Transparenz muslimischer Organisationen“ wurden vom „Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland“ nicht unterstützt. „So gab es keinen muslimischen Konsens darüber, bei aller Religionsfreiheit den ‚Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung‘ nicht zu verlassen und ‚eine enge Kooperation mit den Sicherheitsbehörden‘ beim Vorgehen gegen Islamisten anzustreben“, schreibt die „Welt“. Der muslimische Verband wollte sich nicht dazu verpflichten, die Werte des Grundgesetzes „aktiv in die Gemeinden zu tragen“, ihre Mitglieder gegen „Extremismus zu immunisieren“ und ihre Finanzen offen zu legen, wie die Wochenzeitung „Die Zeit“ erklärt. Der Islamrat habe dies mit den Worten begründet, das Papier atme den Geist eines Generalverdachts gegen alle Muslime.
Auch bei einer Stellungnahme zu den Ereignissen im Iran waren sich die Teilnehmer uneinig. Laut Evangelischem Pressedienst (epd) verabschiedeten die teilnehmenden Einzelpersonen sowie der „Verband der islamischen Kulturzentren“ eine Erklärung, in der sie die Menschenrechtsverletzungen im Iran verurteilten und das Recht auf freie Meinungsäußerung verteidigten. Die restlichen vier Islamverbände trugen die Erklärung nicht mit. Man wolle sich nicht in die inneren Angelegenheiten eines Landes einmischen, hieß es.
Muslime vom Sportunterricht befreien
Die Studie „Muslimisches Leben in Deutschland“ war ebenfalls Thema der vierten Sitzung der DIK. Darin heißt es unter anderem, dass sieben bis zehn Prozent der muslimischen Mädchen nicht am Sport- und Sexualkundeunterricht oder an Klassenfahrten teilnehmen. Zum Umgang mit dieser Problematik empfehlen die Teilnehmer der DIK laut „epd“, Eltern in ihrer Herkunftssprache über den Schulalltag aufzuklären. Von gemischt-geschlechtlichem Sportunterricht könnten Muslime befreit werden. Muslimischen Mädchen müsse es gestattet sein, in der Schule ein Kopftuch zu tragen. Lediglich das vollständige Verschleiern sei abzulehnen, weil es mit der „offenen Kommunikation nicht vereinbar“ sei. In einer Absichtserklärung heiße es, der islamische Religionsunterricht solle als ordentliches Unterrichtsfach eingeführt werden, und es erging eine Empfehlung zur Einführung islamisch-theologischer Lehrstühle an Universitäten. Nach wie vor ist die Regelung des Schulalltags aber letztendlich Ländersache und fällt auf die jeweiligen Kultusministerien zurück.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, Gründer der DIK, hat sich derweil für die Weiterführung der Islamkonferenz nach den Bundestagswahlen ausgesprochen. „Ohne Zweifel ist eine Fortsetzung des ernsthaften und strukturierten Dialogs in dieser Konferenz notwendig“, erklärte er laut der Internetseite des Magazins „Focus“ nach der letzten Sitzung der DIK. Dem stimmten trotz aller Dispute auch alle anderen Teilnehmer der Konferenz zu. (PRO)