Karl Kardinal Lehmann ist tot. Der Theologe war von 1987 bis 2008 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Er starb an den Spätfolgen eines Schlaganfalls und einer Hirnblutung. Lehmann galt als einer der prominentesten deutschen Katholiken und genoss weltweit Ansehen. Von 1983 bis 2016 leitete er das Erzbistum Mainz. 2001 erhob ihn Papst Johannes Paul II. zum Kardinal.
Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, sagte: „Ich bin sehr traurig über die Nachricht vom Tod Kardinal Lehmanns. Seine freundschaftliche Zugewandtheit hat ihn mir bei unseren Begegnungen in den letzten Jahren auch persönlich sehr nahe gebracht.“ Lehmann sei „ein ganz wichtiger Ansprechpartner“ für die Evangelische Kirche gewesen und ein Mitstreiter für das ökumenische Miteinander. „Durch seine herausragende theologische Kompetenz, gepaart mit einem weiten Herzen, hat er die Ökumene entscheidend vorangebracht“, sagte Bedford-Strohm. Es sei Lehmann immer darum gegangen, Christus neu zu entdecken. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnete Lehmann als einen „der wichtigen Brückenbauer zwischen den Konfessionen und Religionen“.
21 Jahre an der Spitze der Deutschen Bischofskonferenz
Lehmann wurde am 16. Mai 1936 in Sigmaringen geboren. Nach der Schulzeit studierte er Philosophie und Katholische Theologie in Freiburg und Rom. Im Oktober 1963 weihte ihn Julius Döpfner zum Priester. 1962 schloss er seine erste Doktorarbeit ab. Später war er wissenschaftlicher Assistent des Theologen Karl Rahner. 1967 folgte eine zweite Promotion.
Die nächste wissenschaftliche Station führte ihn 1968 nach Mainz. Seit 1971 war Lehmann in Freiburg Professor für Dogmatik und Ökumenische Theologie. Den Entzug der kirchlichen Lehrbefugnis für Hans Küng durch Johannes Paul II. bezeichnete er als „rabenschwarzen Tag für die Theologie“. 1983 ernannte ihn der Papst zum Erzbischof von Mainz. Sein Wahlspruch lautete: „Steht fest im Glauben“.
1987 wählte ihn die Deutsche Bischofskonferenz zu ihrem Vorsitzenden. 2008 legte er das Amt nach mehrmaliger Wiederwahl nieder. 1998 war Lehmann als Erzbischof von Mainz Gastgeber des 93. Deutschen Katholikentages. 2001 gründete der Theologe die Initiative „Netzwerk Leben“, die sich für die Beratung von Schwangeren im Bistum einsetzt, nachdem die Katholische Kirche in Deutschland aus der Schwangerenkonfliktberatung ausgestiegen war.
Luther-Medaille für einen Katholiken
Sein Rücktrittsgesuch zum 75. Geburtstag lehnte Papst Benedikt XVI. ab. Als Kardinal nahm er an der Wahl von Franziskus zum Papst teil. Diese bezeichnete er als „Neubeginn“. Franziskus nahm dann am 80. Geburtstag Karl Lehmanns dessen Rücktrittsgesuch an. Im August 2017 trat sein Nachfolger Peter Kohlgraf das Amt als Bischof an.
In vielen gesellschaftlichen Debatten bezog Lehmann klar Stellung: Neben der Schwangeren-Konfliktberatung war dies auch bei wiederverheirateten geschiedenen Katholiken der Fall. Für die Verdienste um die Verständigung zwischen der Katholischen und der Evangelischen Kirche ehrte ihn die Evangelische Kirche in Deutschland 2016 als ersten Katholiken mit der Martin-Luther-Medaille. Bei einer Vorlesung an der Universität Duisburg lehnte er eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen ab. Für die Flüchtlingspolitik an sich zeigte er Verständnis.
Kulturpreis abgelehnt
Von 1988 bis 1998 war er Mitglied der Glaubenskongregation, die die großen Linien der katholischen Theologie bestimmt. Im Jahr 2000 bekam er das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und Schulterband verliehen. Außerdem ist er Träger der Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg und seit 2002 Goldenes Schlitzohr.
2009 lehnten er und der protestantische Kirchenpräsident Peter Steinacker es zunächst ab, den Hessischen Kulturpreis anzunehmen. Mit Navid Kermani hatte sich ein weiterer Preisträger kritisch zur Kreuzestheologie geäußert. Die Preisverleihung wurde verschoben. Letztlich entschlossen sich die beiden Theologen nach einem Gespräch mit Kermani doch zur gemeinsamen Annahme des Preises. Am 26. November 2009 erhielten Lehmann, Steinacker, Kermani und Salomon Korn den Preis.
Lehmann war unter anderem Ehrendoktor an den Universitäten Innsbruck, Washington D. C., Warschau, Graz und Bochum. Lehmann war auch Honorarprofessor in Freiburg und Mainz. Zudem hatte er Gastprofessuren in Mainz, Düsseldorf und Duisburg. Lehmann war zudem Ehrenbürger von Mainz. Des weiteren war Karl Lehmann Botschafter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.
Von: Johannes Weil