Die religionspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Lamya Kaddor, hat die Kritik zurückgewiesen, die Ampel-Regierung beachte die Bedeutung der Religion nicht ausreichend. Das hatte Thomas Rachel der Regierung kürzlich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorgehalten. Rachel ist seinerseits religionspolitischer Sprecher der oppositionellen Unionsfraktion im Bundestag.
„Nicht das ‚Ob‘, sondern das ‚Wie‘ einer anerkennenden Haltung gegenüber Religion hat sich verändert“, erwidert Kaddor nun an gleicher Stelle in der Zeitung. Es gehe nicht darum, „anerkennenswerte Leistungen“ der vorherigen, CDU-geführten Regierung „rückabzuwickeln“. So sei etwa das Amt des Beauftragten für Religionsfreiheit weitergeführt worden. Dass dies auf Druck der Union geschehen sei, verneint sie.
Auch pflege die Ampel-Regierung weiterhin die von der Union angestoßene internationale Partnerschaft zu Religion und nachhaltiger Entwicklung. In der Außenpolitik seien Religionsgemeinschaften ebenfalls ein wichtiger Partner, auch wenn dafür niemand mehr im Ministerium angestellt sei. Als Beispiel nannte sie die finanzielle Unterstützung eines internationalen Friedenstreffens im September, das die katholische Gemeinschaft Sant‘Egidio organisiert.
Kritik an Union wegen Zusammenarbeit mit „Open Doors“
Kaddor wirft ihrerseits der Union vor, sich einseitig auf die Lage verfolgter Christen konzentriert zu haben. Dabei seien die Menschenrechte anderer Minderheiten, wie die der queeren Community, aus dem Blick geraten. Statt Religionsfreiheit auf Christen zu verengen, habe sich der Blick der Ampel auf Religion „versachlicht und differenziert“. Glaubwürdig sei Religionspolitik nur, „wenn sie sich als echtes Vielfaltsmanagement versteht“.
In dem Zusammenhang kritisiert Kaddor auch, dass sich die Union beim Thema Christenverfolgung auf die christliche Menschenrechtsorganisation „Open Doors“ gestützt habe. Die Organisation beobachtet weltweit, inwiefern Christen in ihrer Glaubensfreiheit eingeschränkt und verfolgt werden. Dafür erstellt sie einen jährlichen „Weltverfolgungsindex“. Die Zahlen von „Open Doors“ seien zweifelhaft und würden auch von den Amtskirchen infrage gestellt, argumentiert Kaddor. Zudem führt sie ins Feld, dass sich auch die AfD auf die Organisation berufe, etwa beim Antrag für einen internationalen Tag gegen Christenverfolgung.