Kabinett beschließt Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen

Das Kabinett beschließt die Abschaffung des Paragrafen 219a, der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche verbietet. Die Union kritisiert die Entscheidung.
Bundesjustizminister Marco Buschmann

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch in Berlin die Abschaffung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche auf den Weg gebracht. Der Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sieht vor, den Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch aufzuheben. Ärzte können dann künftig auf den Internetseiten ihrer Praxen über Schwangerschaftsabbrüche aufklären, anstatt die Leistung bloß zu nennen. Bislang müssen Mediziner mit Ermittlungen und Verurteilungen rechnen.

Buschmann erklärte, es sei ein unhaltbarer Zustand, dass ausgerechnet Ärzte, die selbst Schwangerschaftsabbrüche machen und am besten darüber informieren könnten, nach derzeitiger Rechtslage mit Strafverfolgung rechnen müssten. Frauen wiederum sollten sich nicht nur direkt bei ihrem Arzt, sondern auch im Internet bestmöglich informieren können. Das sei ein wichtiger Schritt zur Selbstbestimmung, sagte Buschmann.

Rehabilitierung für alle Verurteilten

Der Paragraf 219a im Strafgesetzbuch verbietet die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aus wirtschaftlichen Interessen und in „grob anstößiger Weise“. Das führte in der Vergangenheit zu Verurteilungen von Ärzten, die aus ihrer Sicht sachlich auf der Internetseite ihrer Praxis darüber informiert hatten, dass sie Abtreibungen durchführen und welche Methoden sie anwenden. Die bekannteste ist die Gießener Ärztin Kristina Hänel (lesen Sie hier ein ausführliches Porträt). Sie war zu einer Geldstrafe verurteilt worden und dagegen bis vor das Bundesverfassungsgericht gezogen.

Der nun vorliegende Gesetzentwurf sieht vor, dass alle Ärzte rehabilitiert werden, die nach dem 3. Oktober 1990 im wiedervereinigten Deutschland nach dem Paragrafen 219a verurteilt wurden. Die Urteile sollen aufgehoben und Verfahren eingestellt werden.

Die Union bezeichnete die Abschaffung des Paragrafen als falsch. Das Werbeverbot sei ein wichtiger Teil des Kompromisses zwischen dem Schutz des ungeborenen Lebens und der freien Entscheidung der Frau, erklärte die Vorsitzende der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Mechthild Heil (CDU), die auch Vorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft ist.

Für die AfD erklärte Beatrix von Storch, die Streichung des Paragrafen 219a öffne die Tür zur Abschaffung des Paragrafen 218. Bislang legt Paragraf 218 fest, dass Abtreibungen im Grundsatz verboten, unter gewissen Voraussetzungen aber möglich sind.

§219a: Das Werbeverbot für Abtreibungen im Wortlaut

(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise

1.eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs oder
2. Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Absatz 1 Nr. 1 gilt nicht, wenn Ärzte oder auf Grund Gesetzes anerkannte Beratungsstellen darüber unterrichtet werden, welche Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen bereit sind, einen Schwangerschaftsabbruch unter den Voraussetzungen des § 218a Abs. 1 bis 3 vorzunehmen.
(3) Absatz 1 Nr. 2 gilt nicht, wenn die Tat gegenüber Ärzten oder Personen, die zum Handel mit den in Absatz 1 Nr. 2 erwähnten Mitteln oder Gegenständen befugt sind, oder durch eine Veröffentlichung in ärztlichen oder pharmazeutischen Fachblättern begangen wird.
(4) Absatz 1 gilt nicht, wenn Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen

1. auf die Tatsache hinweisen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche unter den Voraussetzungen des § 218a Absatz 1 bis 3 vornehmen, oder
2. auf Informationen einer insoweit zuständigen Bundes- oder Landesbehörde, einer Beratungsstelle nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz oder einer Ärztekammer über einen Schwangerschaftsabbruch hinweisen.
Quelle: Bundesministerium für Justiz

Die Vorsitzende der Linkspartei, Susanne Hennig-Wellsow begrüßte die Streichung des Werbeverbots als überfällig und verlangte von der Ampel-Koalition, auch die Streichung des Abtreibungsverbots anzugehen. Die Grünen erklärten, an der Abschaffung des Paragrafen 219a zeige sich, dass die Ampel-Koalition frauenpolitisch einen Unterschied mache zur Vorgängerregierung.

SPD, Grüne und FDP hatten die Streichung des Paragrafen 219a vereinbart. Buschmann hatte den Gesetzentwurf im Januar vorgelegt. In der vergangenen Legislaturperiode hatte die SPD mit dem damaligen Koalitionspartner Union einen Kompromiss geschlossen, wonach das Werbeverbot gelockert, aber nicht abgeschafft wurde. Der Bundestag muss nun über den Gesetzentwurf beraten und die Abschaffung des Werbeverbots beschließen, damit sie wirksam werden kann.

epd
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4 Antworten

  1. Haben sich die Befürworter mal Videos angesehen, wie die ungeborenen Kinder getötet werden und sich über die organischen und psychischen Risiken (Post-Abortion-Syndrom) informiert?

    Ehepaare aus Deutschland adoptieren Kinder im Ausland, weil es hier zu wenige Kinder für die Adoption gibt, das muss aber nicht sein.  Für werdende Mütter gibt es vielfältige Hilfen:

    Babyklappe, anonyme Geburt, aber auch finanzielle und praktische Unterstützung vom Staat und privaten Organisationen.

    „Du sollst nicht töten“, 2.Mose 20,13,

    „Kinder sind eine Gabe Gottes“, Psalm 127,3

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  2. Bei uns werden nicht nur wenig Kinder geboren, weil es gerade nicht passt, sondern auch,weil man die fruchtbare Zeit verstreichen lässt und die Medizin kann später nicht alles richten. Zusätzlich steigt auch die Gefahr von Missgeburten. Die will man dann loswerden.Ansonsten kann ich mich nur wundern, wenn unsere taffen, selbstbestimmten, emanzipierten Frauen ungewollt schwanger werden. Alles hat man im Griff, aber das nicht? Irgendwie peinlich.

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    1. Abtreibung ist bei uns nur ausnahmsweise nach Beratung straffrei – das ist gut so. Informationen und Aufklärung erhält man bei der Beratung. Werbung für etwas Verbotenes ist inkonsequent und widerwillig. Wie sieht’s dann aus mit Vergewaltigung, Inzucht, Kindesmisshandlung oder nur Diebstahl oder Betrug??

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    2. Abtreibung ist bei uns nur ausnahmsweise nach Beratung straffrei – das ist gut so. Informationen und Aufklärung bekommt man bei der Beratung. Werbung für etwas Verbotenes ist inkonsequent und widersinnig. Wie halten wir’s dann mit Werbung für Vergewaltigung, Inzucht, Kindesmisshandlung oder nur Diebstahl und Betrug??

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