Es war bereits die dritte öffentliche Debatte der beiden britischen Professoren. Beide lehren an der renommierten Universität in Oxford, beide sind bekannte Wissenschaftler und erfolgreiche Buchautoren. Doch eine entscheidende Überzeugung unterscheidet die beiden maßgeblich: Richard Dawkins ist Atheist und Religionshasser, John Lennox ist Christ und Glaubensverteidiger.
Am Dienstag vergangener Woche fand diese dritte Debatte statt, im Naturwissenschaftlichen Museum der Universität Oxford, in dem schon 1860 die berühmte „Oxford-Debatte“ über Darwins Evolutionstheorie stattgefunden hatte. Eigentlich sollte damals Charles Darwin (1809-1882) selbst gegen den anglikanischen Bischof von Oxford, Samuel Wilberforce (1805-1873), antreten. Doch Darwin ließ sich durch Thomas Henry Huxley vertreten, einen der damals führenden Biologen und Vertrautem Darwins. Die Diskussion zwischen beiden ging in die Geschichte ein.
Am gleichen Ort in Oxford standen sich nun Dawkins und Lennox gegenüber. Beide debattierten über die Frage, ob die Wissenschaft Gott begraben habe – es ist die Frage, die Lennox seit Jahrzehnten beschäftigt hat und auf die er eine klare Antwort hat: Nein. Freilich ganz im Gegensatz zu Dawkins, dem Biologieprofessor. Er lässt den Gedanken, ob Gott existiert, in seinem rein auf die Naturwissenschaften ausgerichtetem Weltbild erst gar nicht zu.
Erste Debatte im „Bible Belt“
Zum ersten Mal trafen Lennox und Dawkins im Oktober 2007 in Birmingham im US-Bundesstaat Alabama aufeinander, im Herzen des so genannten „Bible Belt“ der Vereinigten Staaten, in dem sich die Menschen traditionell zum christlichen Glauben halten. Veranstalter war die Fixed Point Foundation, eine erst 2004 gegründete christliche Organisation, die ihren Sitz in Alabama hat (www.dawkinslennoxdebate.com). Es ging schon damals um grundlegende Fragen, die von den beiden Oxford-Gelehrten kontrovers debattiert wurden: Ist es unbedingt notwendig, an ein höheres Wesen zu glauben, um moralisch handeln zu können? Welche Weltanschauung hat in der Geschichte die schlimmsten Spuren hinterlassen, das Christentum oder der Atheismus? Und welche der beiden Anschauungen wird von der Wissenschaft am besten gestützt? Wenige Monate später debattierten Lennox und Dawkins erstmals in Oxford, über „Wunder“.
Auf der Tagung des Instituts für Glaube und Wissenschaft, die an diesem Wochenende in Marburg stattfand, erläuterte Lennox Hintergründe und Grundlagen seiner Gegenargumente. Grundsätzlich gilt: „Was Gläubige und Atheisten trennt, ist die gegensätzliche Weltanschauung“, sagt Lennox, „nicht die Naturwissenschaft.“
Es gebe zahlreiche Wissenschaftler, die gleichzeitig Christen sind. „Denken Sie nur an den weltweit führenden Genetiker Francis S. Collins, den Leiter des Humangenomprojekts. Er ist eine Kapazität auf seinem wissenschaftlichen Gebiet und überzeugter Christ.“
Atheisten jedoch verfolgten das Ziel, die Öffentlichkeit davon zu überzeigen, dass die Wissenschaft Gott längst begraben habe, so Lennox. Eines der größten Missverständnisse der neuen Atheisten sei das nicht vorhandene Angebot von Alternativen zu deren „Gott ist tot“-Ideologie. „Gott und Wissenschaft werden als Gegensätze dargestellt und Gott gleichzeitig als Objekt der Wissenschaft gesehen.“
„Gott auch als Subjekt sehen“
Die Frage, ob Gott existiere, könne nach Ansicht der Atheisten ausschließlich anhand wissenschaftlich-rationaler Ansätze beantwortet werden. „Gott ist jedoch nicht nur Objekt, sondern auch Subjekt. Genauso wenig, wie ich einen Menschen ausschließlich biologisch kennenlernen kann, indem ich den Menschen medizinisch seziere, so wenig kann ich die Frage nach Gottes Existenz ausschließlich auf wissenschaftlicher Ebene stellen“, so Lennox. Dies sei einer der grundlegenden Denkfehler, die Dawkins permanent verbreite.
Die „neuen Atheisten“ sind gleichzeitig überzeugte Szientisten, die die Naturwissenschaft als ausschließliche Grundlage des menschlichen Wissens ansieht. „Was uns die Naturwissenschaft nicht sagt, kann der Mensch nicht wissen“, lautet die Definition des Szientismus, die der britische Philosoph Bertrand Russel geprägt hat, einer der führenden Vertreter des naturwissenschaftlichen Absolutheitsanspruchs.
Doch die grundlegenden Fragen der Menschen: Woher komme ich? Was macht mein Leben aus? Wohin gehe ich? – die kann der Szientismus der Atheisten nicht beantworten. Ihnen fehlen die Erklärungen für die Sinnfragen des Lebens. Ihr einziges Argument ist, derlei Fragen in den Bereich der Spekulation abzuschieben.
Lennox weiß: Gerade der Atheismus kann nicht ausschließlich aus Naturwissenschaften wie Biologie oder Physik abgeleitet werden. Albert Einstein etwa sei klug genug gewesen, um weit über die reine Gültigkeit von Zahlen hinauszugehen und daher zumindest einen Gott zu „denken“. Wer nämlich, wie es die erklärten Atheisten tun, etwa die Entstehung des menschlichen Gehirns rein auf der Basis der Evolution und damit einer nicht gesteuerten Entwicklung begründet, kann nicht erklären, warum Menschen überhaupt nach der Wahrheit fragen. Atheisten begründen alle Existenz rational – und ignorieren dabei die nicht-rationalen Fragen, Gedanken und Wünsche des Menschen.
Frage nach Autor ist selbstverständlich
In der jüngsten Debatte in Oxford hat er Dawkins vermittelt, dass Menschen beim Lesen seines Buches „Der Gotteswahn“ – oder anderer Bücher – wie selbstverständlich nach dem Autor fragen. „Das Buch ist schon schwer verständlich, aber wie schwer verständlich ist erst der Autor“, sagte Lennox. „Das ist eben auch bei den Fakten der Naturwissenschaften der Fall“, so Lennox. Es sei eine Selbstverständlichkeit für den Menschen, nach dem „Autor“ der Welt zu fragen.
Freilich lassen Dawkins und Co. derlei Argumente nicht gelten, da sie die Frage nach dem „Autor“ der Welt erst gar nicht zulassen, könne sie doch mit wissenschaftlichen Methoden nicht geklärt werden. In einer rein von der Wissenschaft geprägten Weltanschauung haben Fragen nach Gott keinen Platz.
Um ihre Ideologie massiver als bisher in die Öffentlichkeit zu bringen, haben sich bekannte Atheisten quasi zusammengeschlossen. Insbesondere aufgrund der islamistischen Attentate vom 11. September 2001 auf die USA gebe es in der Gesellschaft eine Angst vor Fanatismus, der den Nährboden für radikale Religionskritik bilde. „Glaube wird mit blindem Glauben verwechselt, die neuen Atheisten definieren Glauben pauschal als Fanatismus“, mein Lennox. Da deren Ansicht nach Glaube per Definition keine Beweise vorbringen könne, ließen Atheisten wie Dawkins keinerlei Argumente für den Glauben zu. „Gott ist für sie eine Illusion. Darüber hinaus sind für sie alle biblischen Dokumente reine Fiktion.“
Die Religion als „Fanatismus“ darzustellen und gleichzeitig alle Argumente für den Glauben aus den Köpfen der Menschen zu verbannen – das sind die Ziele von Richard Dawkins, dem sich in seinem Feldzug längst Verbündete angeschlossen haben. Sie nennen sich „die vier Reiter“, in Anlehnung an vier im biblischen Buch der Offenbarung erwähnte Reiter. Neben Dawkins ist das allen voran der britische Autor Christopher Eric Hitchens, dessen Buch „Der Herr ist kein Hirte. Wie Religion die Welt vergiftet“ 2007 im Blessing-Verlag in deutscher Übersetzung erschienen ist. Die Religion ist für ihn eine „geistige Sklaverei“, aus der die Menschen befreit werden müssten. Den Glauben solle man der Lächerlichkeit preisgeben und ihm mit „Hohn und Spott“ begegnen. Kein Wunder, dass Hitchens ein Ehrenmitglied der National Secular Society ist, des größten Verbands der britischen Atheisten. Auch mit ihm hat Lennox öffentlich debattiert, im schottischen Edinburgh.
Der dritte im Bunde ist der US-amerikanische Philosoph Daniel Dennett, der sich durch Interviews etwa mit dem Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ auch in Deutschland längst einen Namen als vehementer Glaubenskritiker gemacht hat. Dennett erklärt den Menschen ausschließlich anhand eines wissenschaftlichen Weltbildes, jegliches Verhalten und Denken könne auf Basis der Evolutionstheorie erklärt werden. Auch das Fragen nach Gott, der Glaube – der nichts anderes als eine natürliche Suche nach Trost und Heimat sei, mehr nicht. Für seinen Einsatz gegen den Glauben erhielt Dennett übrigens 2007 den Richard-Dawkins-Award, der von der Internationalen Atheisten-Allianz verliehen wird. Zu dem Verband gehören mittlerweile 58 Gruppen.
Auch der US-amerikanische Buchautor Sam Harris gehört zu den führenden Gegnern des Glaubens, die sich um Dawkins geschart haben. 2007 erschien sein Buch „Das Ende des Glaubens“ in deutscher Übersetzung, in dem er insbesondere gegen die so genannten monotheistischen Religionen angeht.
Nach Ansicht von John Lennox haben diese vier weltweit bekanntesten Religionskritiker nur ein gemeinsames Ziel: Alle Religionen zu beseitigen. Dafür haben sie sich zum Kampf gegen den Glauben zusammengeschlossen und werden nicht müde, ihre Kritik immer und immer wieder zu wiederholen, um Menschen vom Glauben abzubringen oder sie zumindest unsicher zu machen.
John Lennox hält ihnen mit klugen Argumenten entgegen. Er plädiert für einen Glauben, der rational begründet ist, den Christen selbst hinterfragt haben und der begründbar ist. Gründe für den Glauben gibt es viele und vielleicht kann kein anderer wie Lennox die Argumente auf den Punkt bringen, die Menschen seit ihrer Existenz nach Gott fragen lassen. „Wer einen Automotor untersucht, findet Henry Ford nicht. Will man der Frage nachgehen, wie der Automotor entstanden ist, kommt man an Henry Ford nicht vorbei.“ So logisch ist er eben, der Glaube an Gott.
Eine Antwort
Die Annahme, das Universum sei durch den Urknall entstanden entbehrt sehr wohl einer fundierten
Beweislage und erfordert mindestens gleich viel wenn nicht mehr Glauben, als die Annahme der Entstehung des Universums durch einen Schöpfer.
John Lennox liefert hier bedeutend glaubwürdigere Gründe wie die Atheisten R. Dawkins, Nikodem
Pawlowsky, Daniel Bennett oder Stephen Hawking etc.
Viele logische Fragen bei diesem Thema bleiben von den angeührten Atheisten unbeantwortet.