Ganz in Schwarz, aber voller Heilsgewissheit

Das Leben des Sängers Johnny Cash ist eng mit einem tiefen christlichen Glauben verknüpft. Der Journalist Matthias Huff beschreibt in seinem Buch das Leben eines faszinierenden Mannes, der gespalten war zwischen Gut und Böse, Hölle und Erlösung.
Von Jörn Schumacher
Der Musiker Johny Cash

Dass der berühmte Country-Sänger Johnny Cash überhaupt gläubig war, dürfte nicht allen so bewusst sein. Oft verschwiegen säkulare Medien diese Tatsache auch einfach, wundert sich Matthias Huff. Selbst als Reporter und Redaktionsleiter für ARD und ZDF tätig, bringt der Autor der neuen Cash-Biografie „Johnny Cash — Meine Arme sind zu kurz, um mit Gott zu boxen“ als Beispiel ein Interview, das Reinhold Beckmann 1988 mit Johnny Cash führte.

Auf das Ende seines Drogenproblems angesprochen, führt Cash aus, dass Gott ihm dabei Hilfe leiste. Beckmann übersetzt live: „Er fühlt sich absolut okay. Die Zeit mit den Drogen und dem Alkohol ist vorbei.“ Cash-Biograf Huff stellt fest: „Gott fällt unter den Tisch.“

In seinem Buch über Cash zeichnet Huff das spannende Leben des Sängers nach, das man selten passender mit der Floskel „Höhen und Tiefen“ umschreiben könnte. Sowohl die Karriere, als auch das Glaubensleben vollführten drastische Wellenbewegungen.

Der „Man in Black“, der sich mit seiner markanten tiefen Stimme und Hits wie „Ring of Fire“ und „Walk the line“ ins kulturelle Gedächtnis gesungen hat, war in der Tat ein zwiegespaltener Mann. Das Gute und das Böse trug er in sich, und er war sich selbst immer sowohl als Sünder als auch als Geretteter bewusst.

Hund „Erlösung“ und Hund „Sünde“ immer dabei

Huff, der Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin studierte und darin auch promovierte, sagt von sich, „seit seiner Kindheit“ Cash-Fan zu sein. Er nutzt den 20. Todestag des bekannten Sängers in diesem Jahr, um besonders den Glauben dieser Country-Ikone zu beleuchten, die – nach jahrelanger Flaute – in hohem Alter auf einmal noch zu so etwas wie ein Rock-Held auch für jüngere Generationen wurde.

Vielleicht ist für Christen besonders der lebenslange Kampf dieses „wiedergeborenen Christen“ zwischen einer Welt des Ruhms und der Versuchung einerseits und dem treuen Ergebensein gegenüber seinem Erlöser Jesus Christus anderserseits so interessant. Ein Sünder mit Drogenproblem und Gewalt, aber auch ein Prediger, ein liebender Ehemann und Vater.

Cash selbst sprach und sang viel über diese zwei Leben in einem. Das Cover eines Albums aus dem Jahr 1994 zeigt den Musiker, links und rechts von ihm sitzen zwei Hunde. In einem Interview sagte Cash dazu: „Sie heißen Sünde und Erlösung. Sünde ist der Schwarze mit dem weißen Streifen; Erlösung ist der Weiße mit dem schwarzen Streifen. Das ist sozusagen das Thema des Albums, und ich denke, das trifft es auch für mich. Als ich wirklich schlecht war, war ich nicht nur schlecht. Als ich wirklich versucht habe, gut zu sein, konnte ich nie ganz gut sein. Durch mich ging immer diese schwarze Ader.“

Huff: „Nichts kennzeichnet Johnny Cashs Glauben mehr als die Spannung zwischen Sünde und Erlösung. Johnny Cash ist beides: bibeltreuer Christ und ‚Badass‘, Kirchgänger und Pionier in Sachen drogengetriebene Rock-’n’-Roll-Tourexzesse.“

Matthias Huff: „Johnny Cash — Meine Arme sind zu kurz, um mit Gott zu boxen“, adeo Verlag, 256 Seiten, 22 Euro

Dass hier ein Fan schreibt, merkt man dem Buch an. Huff beschreibt die Drogen- und Gewaltexzesse in den Hotels zwar auch, aber eher marginal. Meistens wird der Sänger gelobt, fasziniert geht der Autor jedes Album durch, Auftritte und überlieferte Dialoge, er analysiert die Lyrics und vergleicht sie mit Bibelversen. Es gelingt ihm aber, diese Faszination glaubhaft auf den Leser zu übertragen.

Huff bringt Johnny Cashs Glauben zum Leuchten

Der Autor kehrt noch unbekanntere Seiten Cashs heraus, etwa dessen Humor – was bei diesem meist grimmig dreinblickenden, schwarz gekleideten Sänger mit Liedern über Mörder und andere Verbrecher nicht sofort offensichtlich ist. „Johnny Cash ist einer der lustigsten Rockstars“, schreibt Huff. „Sein ausgeprägter Hang zur Komik wird fast genauso gerne marginalisiert wie sein christlicher Glaube. Und vielleicht haben sein christlicher Glaube und sein Humor viel miteinander zu tun, eine gewisse Distanz zum irdischen Geschehen kann komikfördernd sein.“

„Wie Johnny Cash sein, das heißt: Die dunkle Seite kennenlernen, zu Boden fallen, dann den Himmel berühren.“

Matthias Huff

Dass Cash einer der wichtigsten, weil einflussreichsten Künstler des Jahrhunderts war, ist wohl unbestritten. „Johnny Cash ist der coolste Mann der Welt“, bekennt die Sängerin Emmylou Harris. „Man hat das Wort Charisma erfunden, um zu beschreiben, was Johnny Cash hat“. Und Bono von der Band „U2“ weiß: „Im Vergleich mit Johnny Cash sind wir alle Weicheier.“

Huff gelingt es, über das teilweise Bekannte hinaus Cashs christlichen Glauben zum Leuchten zu bringen, seine Leidenschaft für Jesus, und das trotz – oder gerade wegen – seiner vielen Eskapaden. Selbsterklärend geht er die Lebenstationen Cashs durch, den frühen Tod seines geliebten Bruders, den Start mit eigentlich als gottlos geltender Rock-’n’-Roll-Musik, sein Absturz, seine Auftritte in Gefängnissen und so weiter.

Am Ende macht Huff klar, welche große Bedeutung Johnny Cash gerade in späteren Jahren für die jüngeren Musikstars bekam. Vielen modernen Songs reiche es schon, den Namen „Johnny Cash“ ein paar Mal im Refrain zu singen, um den Ausdruck eines bestimmten Lebensgefühls anklingen zu lassen. Huff versucht die Faszination so auf den Punkt zu bringen: „Wie Johnny Cash sein, das heißt: Die dunkle Seite kennenlernen, zu Boden fallen, dann den Himmel berühren.“

Johnny Cash Foto: Universal Music
Johnny Cash, 1932–2003, Pressebild von 2010

Nach dem Tod seiner Frau June fragte eine Journalistin den Country-Star, ob er wütend auf Gott sei, weil er ihn allein auf der Erde gelassen habe. Cash gab eine Antwort, die den Titel von Huffs Buch vorgab: „Niemals, niemals. Nein, ich bin nicht wütend auf Gott. Wegen nichts. Meine Arme sind zu kurz, um mit Gott zu boxen.“

Johnny Cash und der Glaube: Radikale Bekenntnisse

Zum legendären Konzert im Folsom Prison schreibt Huff: „Ich glaube, Gefängnissongs sind deshalb so populär, weil die meisten von uns in dieser oder jener Art von Gefängnis leben, ob es uns bewusst ist oder nicht. Die Worte eines Songs über jemanden, der tatsächlich im Gefängnis lebt, sprechen vielen von uns aus dem Herzen, die, auch wenn es nach außen hin nicht so aussieht, ihr Leben in einem Gefängnis fristen.“

Oder um noch einmal den Cash-Verehrer Bono zu Wort kommen zu lassen: „Big John singt wie der Dieb, der neben Christus gekreuzigt wurde, und dem Jesus wegen seiner Aufrichtigkeit versprach, dass er noch in dieser Nacht das Paradies sehen würde.“

„Big John singt wie der Dieb, der neben Christus gekreuzigt wurde, und dem Jesus wegen seiner Aufrichtigkeit versprach, dass er noch in dieser Nacht das Paradies sehen würde.“

Bono, „U2“

Als seine offenen radikalen Bekenntnisse Johnny Cashs zum Glauben den Platten-Firmen zu heiß wurden, schien Cashs Stern zu sinken. Der nutzte die Zeit, sich ganz christlichen Projekten zu widmen, etwa einer eigenen Jesus-Doku. „Ich habe keine Karriere mehr“, sagte Cash damals. „Was ich noch habe, ist Dienst. Alles, was ich habe und alles, was ich tue, ist ganz Jesus Christus gewidmet.“

Er wird ein lebenslanger Freund des Predigers Billy Graham, er liest täglich in der Bibel. Und wird schließlich durch den bekannten Musik-Produzenten Rick Rubin ab 1993 noch einmal auf einen Thron gehoben (mit Dronenkrone). Rubin ist es zu verdanken, dass Cash 2002 die berühmte Cover-Version von „Hurt“ („Nine Inch Nails“) aufnahm und eines der vielleicht eindrücklichsten Musik-Videos der Geschichte schuf.

Huff: „Wenn etwas Johnny Cashs christlichen Glauben von Beginn an kennzeichnet, dann ist es Heilsgewissheit. Die schließt dunkle Gedanken ob der eigenen Sünden und des Jüngsten Gerichtes nicht aus, aber begrenzt die Angst im Vertrauen auf Gottes Gnade.“

Johnny Cash starb vor 20 Jahren, am 12. September 2003, im Alter von 71 Jahren. Nicht nur aus diesem Grund lohnt es sich, sich mithilfe von Huffs Buch mit dieser Legende der Musik und des Glaubens zu beschäftigen.

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