Kolumne

Johann Matthies: Gemeinde pflanzen, Frieden stiften, politisch handeln

Seit mehr als drei Jahren tobt der Krieg in der Ukraine. Der Theologe und Historiker Johann Matthies ist skeptisch, was Putin noch alles für Pläne mit dem Land hat. Trotzdem traut er Gott einiges zu, um den Konflikt zu befrieden.
Von PRO
Uwe Heimowski (links) mit dem Theologen und Ukraine-Kenner Johann Matthies

„Weil ich an einen lebendigen Gott glaube“, antwortet Johann Matthies, ohne zu zögern. Er war gebeten bei einer Tagung der Evangelischen Allianz in Deutschland (EAD) in Bad Blankenburg ein Referat über „Krieg und Frieden“ zu halten, am Beispiel der Entwicklungen in der Ukraine. Der Theologe und promovierte Historiker leitet die mennonitische „Multiply-MB Mission“ in Europa und Zentralasien.

Matthies ist Experte für die Länder des Kaukasus und kennt sich mit Putins Kriegen aus. Auch in der Ukraine ist Multiply tätig. Johann Matthies besucht das Land regelmäßig. Ich soll seinen Vortrag anmoderieren und zur Vorbereitung sprechen wir miteinander. Johann lässt keinen Zweifel daran: Putins Ziel ist es, die gesamte Ukraine zu erobern. Er will nicht weniger als die Macht über das gesamte Gebiet der ehemaligen Sowjetunion.

„Aber wie kommt es, dass du trotzdem immer so hoffnungsvoll von deiner Arbeit in diesen Ländern berichtest?“, ist meine vorsichtige Frage. „Weil ich an einen lebendigen Gott glaube“, antwortet er, und ergänzt: „Und weil es Menschen gibt, die in seinem Namen Hoffnung verbreiten“.

Zur Bestätigung schickt Johann mir ein Handy-Video, aufgenommen im Kriegsgebiet in der Ostukraine. Ein Dutzend Soldaten sitzen, buchstäblich „abgekämpft“, um einen Tisch und feiert das Abendmahl. Einer von ihnen nimmt eine Gitarre zur Hand und singt ein Lobpreislied. Die Bilder sind verwackelt. Der Ton ist schlecht. Doch man spürt die Ergriffenheit der Männer.

„Weißt du“, erklärt Johann mir, „dieser Soldat ist Christ, Mennonit. Wir sind eine Friedenskirche und unsere Mitglieder leisten keinen Militärdienst. Aber dieser Bruder hat sich freiwillig als Militärseelsorger gemeldet, damit er den verzweifelten Kameraden Hoffnung geben kann.“ Jetzt kämpft Johann mit den Tränen. „Solange es solche Christen gibt, die sich von Gott gebrauchen und senden lassen, ist die Welt nicht verloren.“

Inspiriert vom Großvater

Johann Matthies ist ein kluger Kopf und ein inspirierender Leiter, der sich seit vielen Jahren der Gemeindegründung und der Friedensarbeit widmet. Geboren in der Sowjetunion, siedelt er im Alter von 13 Jahren mit seinen Eltern nach Deutschland über. Er wächst in der Mennoniten-Brüdergemeinde auf, wo er auch zum Glauben findet. Eine große Inspiration für Johann ist sein Großvater Wilhelm Matthies.

1982 hört er mit ihm eine Kassette eines Missionars. Er spürt: Das ist auch Gottes Ruf für mich. Um als Missionar auch praktisch helfen zu können, macht er statt des geplanten Design-Studiums zunächst eine Ausbildung zum KFZ-Mechaniker. Danach absolviert er seinen Zivildienst bei der Deutschen Missionsgemeinschaft (DMG). Im Anschluss studiert er Sozialwissenschaften (BA) und Theologie (MA) an der Fresno Pacific University in den USA.

Zwischen den beiden Studiengängen heiratet er. Seine Frau Hedi kannte er schon seit Kindheitstagen. Sie folgt ihm in die USA und studiert an der gleichen Universität. Danach geht es zurück nach Deutschland. Nach zwei Jahren als Länderbeauftragter der Mennonitischen Umsiedlerbetreuung für Sachsen und Thüringen folgt der Schritt in die Mission. Über ein Stipendium für Doktoranden (Kulturanthropologie) darf er in die mehrheitlich muslimische Stadt Naltschik im Nordkaukasus einreisen, wo er fünf Jahre mit seiner Familie lebt und parallel in der Gemeindegründungsarbeit und Bibelübersetzung aktiv ist.

„Die Menschen sehnen sich nach der christlichen Botschaft“

Er erlebt, dass die Menschen sich nach der Botschaft von Frieden und Versöhnung in Christus sehnen. „Muslime müssen ein glaubwürdiges Zeugnis der Christen erleben, die sich nicht scheuen, mit ihnen Gemeinschaft zu haben und die helfen, wo Not am Mann ist. Zum Glauben kommen sie aber nur, wenn sie dem lebendigen Gott persönlich begegnen“, ist Johann Matthies überzeugt.

Nach Abschluss der Doktorarbeit muss Johann Matthies Russland verlassen und arbeitet weiter beim Missionsbund Licht im Osten in der Zentrale in Korntal. Er verantwortet die internationale Zusammenarbeit und ist viel unterwegs. „Aber meine Familie hat meine Berufung immer mitgetragen, und Gott hat uns reich gesegnet.“ Die Medienarbeit prägt den Alltag. Er arbeitet an missionarischen Zeitschriften für Russland und Zentralasien mit. Der vielseitige Matthies publiziert in Deutsch, Englisch und Russisch.

2005 wechselt Johann Matthies in den vollzeitlichen Lehrdienst. Er unterrichtet und übernimmt Leitungsaufgaben an der Akademie für Weltmission in Korntal, am Bibelseminar Bonn und an der Internationalen Universität LCC in Klaipeda, Litauen. 2008 kommt dann die Berufung, den Dienst der Multiply MB-Mission in Europa und Zentralasien neu aufzubauen. Diese kombiniert Gemeindegründung mit aktiver humanitärer Hilfe und organisiert Missionseinsätze. Zunächst ist Johann ein „Ein-Mann-Team“, heute hat das Werk über 50 Mitarbeitende.

„Starke Stimme für Gerechtigkeit“

Johann Matthies liegt viel an der Einheit und Zusammenarbeit der Christen. Seit 2009 ist Mitglied im Hauptvorstand der EAD. Darauf angesprochen, zitiert er nochmal seinen Großvater: „Wir müssen jetzt schon mit allen imstande sein, das Abendmahl zu feiern, mit denen wir es im Himmel tun werden!“

Neben seinem geistlichen Anliegen ist Johann Matthies auch ein politischer Mensch. Seit Jahren arbeitet er auch im Arbeitskreis Politik der EAD mit. Viele Themen treiben ihn um, als Mennonit ist er vor allem eine starke Stimme für Gerechtigkeit, für Frieden und Versöhnung auch in Deutschland. Aber auch der Einsatz für die Unantastbarkeit der Würde aller Menschen oder für Religionsfreiheit stehen auf seiner Agenda.

Klar ist: Johann Matthies scheut sich nicht, Unrecht beim Namen zu nennen. Und er ist überzeugt: Nicht die Umstände in der Welt, so dramatisch sie auch sein mögen, sondern der lebendige Gott wird das letzte Wort haben.

Von: Uwe Heimowski

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