Da er in letzter Zeit viel Negatives über evangelikale Gruppierungen gelesen habe, wolle er sich ein eigenes Bild machen, schreibt ein Autor der Zeitung „Kölner Express“. Um der charismatisch-christlichen Strömung auf den Grund zu gehen, besuchte er die „Jesus Freaks“ in Dillenburg und fand keine engstirnigen Fundamentalisten, sondern einen „Gottesdienst ohne Zwang und Liturgie“ bei dem er sich „dem Mann, der das Christentum gründete, viel näher fühlt“.
Bier, laute Musik, schrille Kleidung
Sofort aufgefallen seien ihm die außergewöhnlichen Besucher des Gottesdienstes: „Viele ‚Jesus Freaks‘ sind auch äußerlich speziell. Keiner trägt hier Anzug und Krawatte“, schreibt Autor David Senz. „Zischende Bierdosen, Lieder, wie sie im Radio laufen könnten: Kennt man nur den normalen Kirchen-Gottesdienst, wird man von den ‚Jesus Freaks‘ ziemlich überrascht sein“, ist er sich sicher. Statt Orgelspiel ertöne Musik, „die genauso gut im Radio laufen könnte“.
Den „Jesus Freaks“ gehe es nicht darum, einen möglichst frommen Schein zu waren, sondern jeden so anzunehmen, wie er ist, und Jesus ähnlicher zu werden, „der vor allem eins hatte: Liebe für jeden Menschen“, schreibt Senz. Gottesdienstbesucher erklären ihm: „Bei uns gibt es keinen Druck, keine Vorwurfshaltung. Das Herz, der innere Mensch, spielt eine große Rolle“, oder: „Hier herrscht große Offenheit. Hier werde ich so aufgenommen wie ich bin und falle nicht hinten runter.“
„Das Gefühl, dass Glaube etwas Lebendiges ist“
Der, um den sich hier alles drehe, sei Jesus, der für die Gemeinde in Dillenburg ein „obdachloser Wanderprediger“ war, der „krasse Aktionen an den Start brachte“. Letztendlich erkennt der Journalist: „Vor lauter Organisation, Institutionalisierung und Theologie bekommt man häufig ein sehr kompliziertes Bild von Gott.“ Bei den „Jesus Freaks“ hingegen, habe man „das Gefühl, dass Glaube etwas Lebendiges ist“.
Die „Jesus Freaks“ wurden 1991 in Hamburg von Martin Dreyer gegründet und orientieren sich an der Punk- und Hippiebewegung. Proteste lösten sie in der Anfangszeit unter Christen aus, weil sie während des Gottesdienstes rauchten und Bier tranken. Heute gibt es etwa 2000 „Jesus Freaks“-Mitglieder in Deutschland. (PRO)