Der Spiegel-Autor Jan Fleischhauer glaubt nicht an den Krisenbefund der Medien. Auf dem christlichen Medienkongress in Schwäbisch-Gmünd betonte er, dass es in den Medien besser aussehe als vor 20 Jahren. Er hielt zum Auftakt des Christlichen Medienkongresses ein Impulsreferat.
Von PRO
Foto: pro
Jan Fleischhauer
Spiegel-Autor Jan Fleischhauer machte beim Christlichen Medienkongress eine Bestandsaufnahme der aktuellen Medienlandschaft. Er beschäftigte sich mit der Frage, ob sich klassische Medien selbst abschaffen und wohin der Qualitätsjournalismus sich entwickelt. Aus seiner Sicht schaffen sich die Medien nicht ab, obwohl überall von einer Medienkrise die Rede sei. Journalisten seien zu satt, zu träge und zu einseitig, lauteten die Vorwürfe. Journalisten werde vorgeworfen, nicht richtig zu recherchieren und unangenehme Themen wieder in der Versenkung verschwinden zu lassen. „Im Zweifel sind wir korrupt oder als Teil des Systems identifiziert“, karikierte Fleischhauer.
Hört auf mit dem „Nanny-Journalismus“
Der aufgekommene Begriff „Lügenpresse“ existiere schon seit 1916. Aktuell in der Debatte sei er seit dem Russland-Ukraine-Konflikt. Fleischhauer kritisierte: „Es gibt kaum ein Bild oder einen O-Ton, bei dem man Menschen nicht dazusagt, welchen Reim sie sich darauf machen sollen.“ Bei diesem „Nanny-Journalismus“ trauten Zeitung und Fernsehen ihren Nutzern nicht mehr zu, sich selbst eine Meinung zu bilden. Es liege in der Natur des Berufs, das Journalisten zur Erziehung der Menschen neigen.
Einen schleichenden Untergang der gedruckten Medien wollte Fleischhauer nicht sehen. Online-Redaktionen lebten von dem, was „die von ihr verhöhnten gedruckten Produkte“ produzierten. Er bemängelte, dass aus jedem lauen Lüftchen eine Netzbewegung und aus jeder Aufregung einiger weniger Leute ein Shitstorm konstruiert werde: „Brechen Sie die dortigen Zahlen einmal herunter. Das ist nur ein Bruchteil der Wahlberechtigten.“
Fleischhauer verdeutlichte, dass heute kaum eine Redaktion ohne Social-Media-Experten auskomme. Teilweise würden große Online-Foren abgeschaltet, weil man nicht mehr zu einer angemessenen Moderation komme. Fleischhauer selbst erzählte von einem Fan, der ihn täglich mit den Worten „Hey Du Arschloch!“ begrüße. Er sei schon froh, wenn einen die Leute originell beleidigten.
Idioten habe es schon vor den sozialen Netzwerken immer gegeben, man sehe sie heute nur mehr. Diese Menschen fühlten sich nicht mehr als Außenseiter, sondern als Meinungsführer, die von anderen in ihrem Wahn bestätigt werden. Sie benutzten häufig Quellen, die sich nicht an den Pressekodex hielten. Fleischhauer, von 2001 bis 2005 Spiegel-Korrespondent und seit 2008 Spiegel-Autor, wünschte sich von den Journalisten, die sich oft als Anwälte gerierten, sich weniger wichtig zu nehmen. „Wenn sie sich wichtig nehmen, lassen sie es das Publikum merken und wenn sie es das Publikum merken lassen, würzen sie es mit einer Portion Selbstironie.“
Spüren, wem wir vertrauen und wer unsere Hoffnung ist
Markus Bräuer, Medienbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland, erinnerte an Luthers Erkenntnisse der Reformation. „Wir sind mehr als unsere Fehlleistungen“ sei eine gute Zusage, mit der wir andere einladen und ansprechen könnten, wünschte sich Bräuer. Er ermutigte dazu, das Evangelium aktuell und verständlich weiterzugeben. Christen müssten fragen, mit welchen Inhalten und Umgangsformen sie sich an die Öffentlichkeit wandten. Bei der Weitergabe müsse nicht nur über den Weg beraten werden, sondern auch wie zeitgemäß sein Inhalt ist: „Die Leser und Nutzer müssen spüren, wem wir vertrauen und wer unsere Hoffnung ist.“
Martin Scheuermann zeigte sich als Gastgeber erstaunt, wie Medien Fakten verdrehen können. Er verwies auf das aktuelle Charlie-Hebdo-Cover. Die Stiftung Marburger Medien habe mit einer sehr guten Anzeige in der FAZ darauf reagiert. Der Kongress solle dazu dienen, Christen in den Medien und christliche Medien zu ermutigen. Der christliche Medienkongress findet zum vierten Mal im Gästehaus Schönblick in Schwäbisch Gmünd statt, das in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiert. Unter dem Hashtag #Medienkongress ist es möglich, im Internet „best-practice-Projekte“ zu teilen. (pro)
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.
Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.
Cookie-Zustimmung verwalten
Um dir ein optimales Erlebnis zu bieten, verwenden wir Technologien wie Cookies, um Geräteinformationen zu speichern und/oder darauf zuzugreifen. Wenn du diesen Technologien zustimmst, können wir Daten wie das Surfverhalten oder eindeutige IDs auf dieser Website verarbeiten. Wenn du deine Zustimmung nicht erteilst oder zurückziehst, können bestimmte Merkmale und Funktionen beeinträchtigt werden.
Funktional
Always active
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Externe Inhalte / Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.