Insgesamt 19 Mal ist Reuter seit 2011 nach Syrien gereist. Am Anfang ging das noch mit einem normalen Visum, getarnt als Agrarexperte. „Ich galt als zuständig für Pestkontrolle. Wenn man sich den Islamischen Staat so ansieht, stimmt das sogar“, sagte er am Donnerstag bei einer Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin. Reuter stellte dort auch sein aktuelles Buch über den Islamischen Staat „Die schwarze Macht“ vor. Später, so berichtete er weiter, habe er sich über die Grenzen der Nachbarländer illegal ins Land begeben müssen – oft ließen ihn die jordanischen, türkischen oder libanesischen Grenzbeamten passieren. Nur so konnte er im Gebiet des IS recherchieren und etwa geheime Dokumente zu Tage fördern, welche die langfristigen Pläne der Islamisten zeigen.
2014 töteten syrische Rebellen den strategischen Kopf des IS, bekannt als Haji Bakr, in Syrien. Er hinterließ Skizzen und Niederschriften, die belegen, wie seine Organisation vorgeht. Reuter sprach von den Entwürfen eines „stasi-ähnlichen Geheimdienstes“. So schleuse der IS zunächst ein bis zwei Spitzel in die Ortschaften, die er erobern wolle. Deren Aufgabe sei es unter anderem, die mächtigsten Personen im Dorf zu identifizieren und „kompromittierende Druckmittel“ auszumachen. Haben sie geheime Liebesbeziehungen? Süchte? Eine fragwürdige Vergangenheit? Das nutze die Terrorgruppe, um sich selbst als Machtzentrum zu etablieren. „Oft beginnt das Ganze damit, dass eine unauffällige Gruppe ein Haus im Ort mietet – für missionarische Zwecke zum Beispiel. Erst später beginnen dann die Entführungen und das Töten“, erinnerte sich Reuter an Zeugenaussagen aus Syrien. Der IS versuche auch, das Internet zu kontrollieren. Viele wagten es nicht mehr, normal via Facebook zu kommunizieren oder Internetcafés zu benutzen.