Immer mehr Christen weltweit leiden unter Diskriminierung und Verfolgung wegen ihres Glaubens. Die größte Gefahr geht dabei von Islamisten aus. Das zeigt der diesjährige Weltverfolgungsindex des Hilfswerks Open Doors.
Christen werden weltweit immer stärker wegen ihres Glaubens bedrängt und verfolgt. Besonders der radikale Islamismus treibt hunderttausende Menschen in die Flucht.
Die Situation der Christen weltweit hat sich verschärft: Im vergangenen Jahr sind etwa doppelt so viele Christen wegen ihres Glaubens ermordet und Kirchen attackiert worden wie im Jahr zuvor. Das geht aus dem diesjährigen Weltverfolgungsindex hervor, den das christliche Hilfswerk Open Doors am Mittwoch veröffentlicht hat. Darin listet die Organisation die Länder auf, in denen Christen am stärksten verfolgt werden. „Erneut und stärker denn je“ sei islamistischer Extremismus die Hauptursache dafür, dass Christen an der Ausübung ihres Glaubens gehindert, deswegen diskriminiert oder brutal verfolgt werden. Das treffe auf 35 der 50 gelisteten Länder zu. Besonders gefährlich sei die Situation aufgrund des Islamismus für Christen im Irak und Iran, in Syrien, Afghanistan und Pakistan sowie in den nordafrikanischen Ländern Libyen, Sudan und Somalia.
Der wachsende Einfluss der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowie der extremistischen Milizen Boko Haram und Al-Shabaab ist Open Doors zufolge ein wesentlicher Grund für die verschlechterte Situation. Diese Gruppen hätten ihren Aktionsradius über nationale Grenzen hinaus erweitert. So sei Boko Haram von Nigeria aus nun auch stärker im Tschad und in Niger aktiv, die in Somalia ansässige Al-Shabaab-Miliz verübte blutige Anschläge gegen Christen in Kenia. Auch andere islamistische Gruppierungen strebten an, Kalifate, beispielsweise im Kongo, zu errichten. Neben dem Nahen Osten seien die afrikanischen Länder am Südrand der Sahara ein Zentrum des islamischen Extremismus, von wo aus Christen künftig noch stärker unterdrückt würden.
Nordkorea führt Verfolgungsindex weiter an
Das kleine nordostafrikanische Land Eritrea hat sich auf der Rangliste von Open Doors von Platz neun auf drei verschlechtert. Grund dafür sei neben islamistischem Extremismus vor allem das diktatorische Regime, das keinerlei freie Meinungsäußerung und Opposition zulasse. Vor allem evangelische Christen stehen laut Open Doors unter Druck, weil sie verdächtigt würden, sich mit der internationalen Gemeinschaft zusammenschließen, um die eritreische Regierung zu diskreditieren. „Als ‚Nordkorea Afrikas‘ bezeichnet, reiht sich Eritrea unter die schlimmsten Länder in Bezug auf Achtung der Religionsfreiheit, Pressefreiheit, Rechtsstaatlichkeit und anderer Menschenrechte ein“, heißt es im Open-Doors-Bericht. Zudem würden Freikirchen weder vom Staat noch von der Orthodoxen Kirche anerkannt.
Einen weiteren Trend weisen in der Beobachtung von Open Doors ehemals kommunistische Länder in Fernost auf, wie Birma und China. Dort würden Christen und Kirchen immer stärker überwacht und durch Gesetze in ihrer Religionsausübung eingeschränkt. Religiöse Radikalisierungen gebe es zudem auch unter Hinduisten, was sich im vergangenen Jahr vor allem in Indien in Übergriffen gegen Christen niedergeschlagen habe. Auf dem ersten Platz des Indexes von Open Doors steht nach wie vor Nordkorea. Diktator Kim Jong-un sperre Christen in Arbeitslager, wo sie gefoltert würden oder an Unterernährung und den Folgen der Zwangsarbeit stürben.
Viele syrische Flüchtlinge werden Christen
Positiv registriert Open Doors, dass der frühere Präsident Sri Lankas, Mahina Rajapaksa, bei der Wahl 2015 abgesetzt wurde. Er habe in engem Kontakt zu buddhistischen Extremisten gestanden. Seitdem gebe es zwar auf lokaler Ebene noch Angriffe gegen Kirchen, jedoch weniger Gewalt auf nationaler Ebene. Hoffnungsvoll blickt Open Doors auch auf die Kurdengenbiete, die für Christen noch ein sicherer Zufluchtsort seien – auch wenn sich die muslimische Bevölkerung dort mittlerweile radikalisiere. Zudem beobachtete die Organsiation, dass sich viele syrische Flüchtlinge in jordanischen und libanesischen Camps dem christlichen Glauben zuwendeten.
Viele Christen, die aus ihrer Heimat fliehen, fänden auch bei Kirchen in Nachbarländern Unterschlupf, erklärte Markus Rode, Leiter von Open Doors Deutschland, gegenüber pro. In den großen Flüchtlingslagern der Vereinten Nationen gebe es jedoch kaum Christen. „Der Grund ist, dass sie dort einem unerträglichen Druck durch Muslime ausgesetzt sind, zum Islam zu konvertieren.“ Rode weist darauf hin, dass die Flüchtlingsbewegung nicht ausschließlich nach Europa geht. Gerade in Nigeria, aber auch in Syrien gebe es zahlreiche Binnenflüchtlinge. Christen aus Pakistan suchten in südostasiatischen Ländern Schutz. Wie viele Christen genau weltweit auf der Flucht sind, lasse sich jedoch schwer sagen.
Open Doors wolle auch die Situation christlicher Flüchtlinge in deutschen Unterkünften im Blick behalten. Hier hatte es im vergangenen Jahr mehrere Angriffe von Muslimen gegeben. „Es kann und darf nicht sein, dass solche Übergriffe von Verantwortlichen aus welchen Motiven auch immer als ‚nicht religiös motivierte Übergriffe‘ verharmlost oder gar verschwiegen werden“, sagte Rode dazu.
Der Weltvervolgungsindex von Open Doors versteht sich nicht als rein statistische Erhebung zur Verfolgungssituation. Die Einordnung der Länder beruht vor allem auf Einschätzung von Experten und Mitarbeitern anhand eines speziell erarbeiteten Fragebogens. Dabei werden verschiedene Lebens- und Glaubensbereiche erfasst, unter anderem die Möglichkeit, den Glauben privat, in der Familie und innerhalb einer kirchlichen Gemeinschaft zu leben. Rode erklärt: „Der Open-Doors-Weltverfolgungsindex bleibt weiterhin mehr als eine Liste. Er ist eine Erinnerung an diejenigen, die mitten in der Verfolgung unsere Gebete und Unterstützung brauchen.“
„Christlichen Gemeinden droht das Aussterben“
Die katholische Hilfsorganisation „Kirche in Not“ bestätigt die Beobachtungen von Open Doors. Auch sie zählt das Erstarken und die Ausdehnung von radikalen islamistischen Bewegungen als eine Hauptursache für die Unterdrückung von Christen. Radikale islamistische Bewegungen führten einen „Feldzug religiöser Säuberung“, von dem neben Millionen Muslimen vor allem Christen und andere religiöse Minderheiten betroffen seien, sagte Karin Maria Fenbert, Geschäftsführerin von „Kirche in Not“, im Gespräch mit pro.
Im Nahen Osten strebten militante Islamisten, allen voran der IS, „offen und mit allen Mitteln“ an, christliche Gemeinden vollständig zu vernichten und alle christlichen Spuren im Herrschaftsgebiet des Islams auszulöschen. In Nigeria habe sich Boko Haram in den vergangenen Jahren zu „einer der gefährlichsten und gewalttätigsten militanten islamistischen Bewegungen weltweit entwickelt“. Zigtausende Christen seien unter den Leidtragenden.
„Wenn dieses brutale Vorgehen nicht bald gestoppt wird, droht das Aussterben der christlichen Gemeinden in den betroffenen Regionen“, warnte Fenbert. Die Zahl der Christen im Irak sei in den vergangenen drei Jahrzehnten von mehr als 1,5 Millionen auf heute vermutlich weniger als 300.000 Gläubige zurückgegangen. Mehr als eine halbe Million Christen seien vor Krieg und Gewalt aus Syrien geflüchtet, weitere seien innerhalb des Landes auf der Flucht. Ebenso verließen hunderttausende Menschen in Nigeria wegen Terror und Gewalt ihre Heimat.
„In den vergangenen Jahren hat das Ausmaß an Unterdrückung, Gewalt und Verfolgung gegen religiöse Gemeinschaften, darunter vor allem auch gegen die Christen, dramatisch zugenommen und ein selten zuvor gesehenes Niveau erreicht“, sagte Fenbert. Eine Entspannung sei in der derzeitigen Weltlage vorerst kaum zu erwarten.
Der Unionsfraktionsvorsitzende im Bundestag, Volker Kauder (CDU), zeigte sich erschüttert darüber, „dass der Grad der Verfolgung von Christen so dramatisch zugenommen hat“. Deutschland und die Weltgemeinschaft müssten religiösen Fanatismus noch stärker als bisher ächten und unterdrückten Christen helfen. Außerdem solle Religionsfreiheit einen noch höheren Stellenwert in der Außenpolitik bekommen, erklärte Kauder in einer Stellungnahme. Dies sei eine wichtige Grundlage dafür, die Ursachen für die Flucht vieler verfolgter Menschen zu beseitigen. (pro)
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