Mindestens 2.000 muslimische Flüchtlinge sind seit 2014 in Deutschland zum Christentum konvertiert. Die Zeitung die Welt und Zeit Online beleuchten die Hintergründe der zahlreichen Taufen.
Von PRO
Foto: Gottfried Martens
Die Dreieinigkeitskirche Berlin-Steglitz ist eines der meist genannten Beispiele, wenn es um die Konversion von muslimischen Flüchtlingen zum Christentum geht
Seit dem Jahr 2014 sind etwa 2.000 muslimische Flüchtlinge einer evangelischen Landeskirche oder einer Freikirche beigetreten. Das ist das Ergebnis einer Anfrage, die die Zeitung Die Welt an 20 evangelische Landeskirchen und die Deutsche Evangelische Allianz (DEA) stellte. Fast immer träten die Muslime durch Taufe der Kirche bei. Die meisten von ihnen seien ehemalige Schiiten aus dem Iran, heißt es im Artikel. Das bestätigte der Vorsitzende des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit (IIR), Thomas Schirrmacher. „Bis zu 95 Prozent der Konvertiten sind Iraner“, zitiert ihn die Welt. Die Landeskirchen zählten etwa 1.200 Beitritte, die Freikirchen 800. Absolut seien diese Zahlen aber nicht. So hätten Vertreter der Pfälzischen Landeskirche erklärt, es gebe eine hohe Dunkelziffer, weil viele Pfarrer „in Eigeninitiative auf eine Taufe vorbereiten“.
Für die katholischen Bistümer sei selbst eine Schätzung nicht möglich, habe ein Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz mitgeteilt. Doch auch in der Katholischen Kirche gebe es viele Ex-Muslime.
Die Bewegung sei zwar keine „Massenbewegung“, in diesem Ausmaß seien die Übertritte aber neu, sagte Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen. Der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb, sagte, im vergangenen Jahr seien „mehr Muslime zum Christentum konvertiert als je zuvor“. In vielen Landeskirchen gebe es Taufkurse speziell für Menschen aus dem persischsprachigen Raum.
„Bekehrungswelle“ im Iran
Ein Hauptgrund für die vielen Übertritte zum Christentum hier in Deutschland sei, dass viele Iraner schon in ihrem Heimatland heimlich Christen gewesen seien. In der Bremischen Evangelischen Kirche, die besonders präzise Ergebnisse vorweisen könne, seien die etwa 370 ehemals muslimischen Neumitglieder sogar „in der Regel Menschen, die im Iran bereits ihren christlichen Glauben ohne Taufe verdeckt ausgeübt haben“ oder „heimlich getauft waren“. Die Evangelische Allianz spreche sogar von einem Drittel aller konvertierten Flüchtlinge, die in ihrem Heimatland schon heimlich als Christen gelebt hätten. Das Internationale Institut für Religionsfreiheit habe zudem festgestellt, dass seit etwa zehn Jahren im Iran eine „Bekehrungswelle“ im Gang sei. Bis zu 500.000 Konversionen habe es im vergangenen Jahrzehnt dort gegeben, sagte der IIR-Vorsitzende Schirrmacher. Das christliche Hilfswerk Open Doors schätzte diese auf 450.000.
Dass sich im Iran etwas tut, zeige auch die Entwicklung des christlichen Fernsehsender SAT-7. Der Sender ist im arabischen und persischen Sprachraum aktiv und bietet christliche, missionarische Sendungen und Seelsorge per Telefon und E-Mail an. Die Angebote werden von Zehntausenden Anrufern pro Jahr genutzt. Große Bibelgesellschaften wie die United Society in New York vermeldeten zudem, die Auflagen der Bibel auf Farsi seien gestiegen, sagte Schirrmacher gegenüber der Welt. Außerdem gebe es mehrere Theologische Zentren, die Gemeindeleiter im Untergrund im Iran unterstützen, zum Beispiel das Theologische Zentrum in London. Hunderte Leiter würden so auf geheimem Weg mit Materialien für ihre Arbeit versorgt.
„Echter Neuanfang“ für die Täuflinge
Über die vielen Konvertiten zum Christentum unter den Flüchtlingen berichtet auch Zeit Online. Der Artikel „Neuanfang als Christ“ betont vor allem die intensive Vorbereitungszeit auf eine Taufe und das besondere Interesse, das viele Täuflinge mitbrächten. Für viele sei die Taufe ein „echter Neuanfang“. Die lange Vorbereitungszeit von oft einem halben Jahr und die Notwendigkeit, sich nach der Taufe aktiv in die Gemeinde einzubringen und sein Bekenntnis zu leben, mache den Vorwurf zunichte, Flüchtlinge interessierten sich nur für das Christentum, um vor einer Abschiebung bewahrt zu werden, seien sich die Kirchen einig. Denn in vielen ihrer Heimatländer steht die Todesstrafe auf die Abwendung vom Islam. Dass dieser Vorwurf selten stimmt, verdeutlichen auch die Autoren im Welt-Artikel.
Für die anderen Gemeindemitglieder sei der Neuzugang manchmal eine Herausforderung. In einer Gemeinde im niedersächsischen Varel seien zu den 150 Mitglieder rund 50 neue dazugekommen. Viele Ältere habe das irritiert, berichtet Zeit Online. Die Lösung des Pastors: Er hängte Fotos mit Namen der Täuflinge auf und bot eine Gemeindefreizeit an. 60 Mitglieder hätten teilgenommen. „Am Ende hatte jeder 30 neue Leute kennengelernt“, sagte er. Das Gefühl der Fremdheit sei damit verschwunden gewesen. (pro)
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