Ihr Wirken darf nicht enden

Corona, Inflation, fast keine CD-Verkäufe mehr: Christliche Musiker stehen unter Druck. Künstler überlegen sich neue Wege, um zu überleben. Und sind dabei kreativ. Ein Streaming-Projekt aus Frankreich macht Hoffnung.
Von Nicolai Franz

Sind Sie nicht die beiden, die die CD aufnehmen wollen?“, fragte der alte Herr auf dem Parkplatz des Edeka-Marktes. Er habe kürzlich, es war die Corona-Zeit, in der Zeitung einen Bericht gelesen, dass zwei Musiker ein neues Album produzieren wollen. Und dass man Geld dafür beisteuern kann. Judy Bailey und ihr Mann Patrick Depuhl bejahen. „Das finde ich super, ich schreibe Ihnen einen Scheck!“ Der 95-Jährige hält Wort. Bei den beiden Künstlern kommt ein Scheck über 500 Euro an. Auf das Papier hat der Mann noch eine Botschaft geschrieben: „Euer Wirken darf nicht enden.“

Judy Bailey und Patrick Depuhl hatten das Crowdfundingprojekt gestartet, um inmitten der Pandemie und in Zeiten sinkender Einnahmen noch Kunst veröffentlichen zu können. Es klappte. Das Doppelalbum „Das Leben ist nicht schwarz-weiß“ erschien 2021, eine Sammlung von Dialogen und Liedern. Der alte Mann war längst nicht der einzige, der gespendet hatte. Aber vielleicht der, der den meisten Eindruck hinterlassen hatte. Mit seinen fast 100 Jahren hatte er bemerkt, dass da etwas bedroht ist, das Menschen über Zeiten und Kulturen lachen, weinen, glauben und hoffen lässt: die Musik. Zumindest Musik, wie wir sie kennen. Gemacht von echten Könnern zu Gottes Ehre und zur Erbauung seiner Nachfolger. Vorgetragen auf großer Bühne. Mit voller Besetzung. Live und im Studio. Damit ist es zwar noch nicht vorbei, doch für immer mehr fehlt das Geld.

Foto: privat
Investition in die Zukunft: Diesen Scheck bekamen Judy Bailey und Patrick Depuhl von einem alten Herrn.

Die gesamte Popmusikbranche hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert, und das nicht unbedingt zum Guten. Die christliche natürlich auch. PRO hat sich unter christlichen Musikern umgehört. Manche klangen pessimistischer, andere hoffnungsvoller, aber alle sind sich einig: Die alten Rezepte funktionieren nicht mehr. Es muss etwas Neues her. Zu starke Umwälzungen hat es gegeben: Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, Kostensteigerungen und, am besten messbar, dramatisch sinkende CD-Verkäufe.

2002 wurden in Deutschland gut 129 Millionen CD-Alben verkauft, 2023 waren es noch 16,2 Millionen – ein Rückgang um 87 Prozent. Viele Menschen haben heutzutage nicht einmal mehr ein Abspielgerät für Audio-CDs. Technische Innovationen hat es bei Tonträgern schon immer gegeben. Schellack, Vinyl, Kassetten und eben die „Compact Disc Digital Audio“ hatten aber eines gemeinsam: Sie sind physische Tonträger, deren Herstellung Geld kostet. Und die mit jeder verkauften Einheit auch Geld bringen. Streamingplattformen haben den Markt daher durcheinandergewirbelt wie keine andere Technologie zuvor. Einmal hochgeladen, können Songs millionen- und milliardenfach gehört werden, ohne dass nennenswerte Zusatzkosten entstünden.

Christliche, deutsche Musik ist die Nische in der Nische

Eine tolle Entwicklung, könnte man meinen. Doch haben die Künstler etwas davon? Streamingplattformen wie die von Amazon, Apple, Youtube, Deezer oder Platzhirsch Spotify (Marktanteil: etwa 37 Prozent) verlangen natürlich auch Geld. Schon ab gut zehn Euro monatlich haben Nutzer Zugriff auf mehr als 100 Millionen Songs, je nach Anbieter. Zwar fließen auch dort Milliarden in die Kassen der Künstler. Doch wer bei Streamingplattformen absahnen will, muss sehr viele Aufrufe generieren. Um 100 Euro zu verdienen, müsste ein Song mehr als 33.000 Mal abgespielt werden. Für Top-Stars wie Taylor Swift oder Justin Bieber ist das kein Problem. Sie profitieren überdurchschnittlich stark vom Streaming-Boom (siehe Infokasten). Kleinere Künstler haben das Nachsehen. Wer auf Englisch säkulare Lieder veröffentlicht, erreicht damit aber immerhin ein sehr großes globales Publikum. Wer auf Deutsch singt, hat automatisch geringere Chancen auf gute Einnahmen. Und wer christliche Musik macht, noch geringere. Christliche, deutsche Musik ist die Nische in der Nische.

„Spotify ist die größte kostenlose Hörprobe der Welt“, sagt Jan Primke gegenüber PRO. Der Dortmunder ist nicht nur Sprecher, Frontmann der „Worship Café Band Witten“, Bassist und Produzent, sondern auch Vorstand des „Christlichen Musikertreffens“. Und kennt die Szene gut. Die Musik macht nur noch etwa 20 Prozent seiner Einnahmen aus. Vor Corona sei es noch anders gewesen. Da habe es noch viel mehr „konzertante Veranstaltungen“ gegeben, sagt der Musiker, der auch jahrelang bei „Starlight Express“ spielte. Heutzutage würden Gemeinden komplette Bands inklusive Bassisten noch zu Ostern und Weihnachten einladen, das sei es dann aber auch. Natürlich gebe es auch noch Festivals. „Aber hier ist die Bezahlung noch schlechter, als sie mal war.“ Ob er auch von der Musik allein leben könne? „Nein.“ Zumindest nicht von ausschließlich christlicher Musik. Er kenne auch niemanden, der nur davon lebe.

Christliche Musiker hätten verpasst, ihre Preise anzupassen. Eigentlich dürfe niemand für unter 400 Euro pro Tag das Haus verlassen, so Primke. Es würden trotzdem viele machen. „Und dann bleiben am Ende pro Person 250 bis 300 Euro kleben.“ Eigentlich würde ein Abend mit einer voll besetzten Band die Veranstalter – also oft Kirchengemeinden – um die 6.000 Euro kosten. „Das kann man heute nicht mehr machen.“ Ein Grund dafür sei laut Primke, dass selbst Freikirchen oft eher schrumpfen als wachsen. Und dass sie für hohe Ausgaben kaum Spielraum haben.

Die sinkenden Einnahmen durch fehlende CD-Verkäufe merkt auch Primke. Früher habe man sein Konzerthonorar am CD-Tisch noch verdoppeln können, bei 15 Euro das Stück. Das falle heute weg. Bis er bei Spotify 15 Euro verdient habe, vergingen zwei Jahre. „Ich haue meine Sachen online raus, aber ich erwarte nichts.“ Diese Fast-Gratiskultur des Musikhörens hat einen Wandel bewirkt, wie viele Musiker berichten. Früher spielten Künstler Konzerte, um ihre Platten zu verkaufen. Heute veröffentlichen sie ihre Musik, damit die Hörer zu ihren Konzerten kommen – wo man am ehesten noch Einnahmen generieren kann.

Foto: Simon Osthoff

„Wir laufen Gefahr, dass die christliche Konzertszene in den nächsten fünf Jahren fast gänzlich zum Erliegen kommt.“

Jan Primke

Kritisch sieht Primke auch, dass sich die christliche Musikszene immer mehr „fragmentiert“: Mittlerweile hat fast jeder christliche Musiker einen eigenen Shop auf der Homepage, wo man CDs, Merchandise-Produkte und mehr bestellen kann. Der Konsument finde dadurch nicht mehr alles bei den Verlagen. Und landet durch diese Zersplitterung am Ende doch bei Streamingplattformen. Schließlich könne man nicht alle Homepages abklappern. „Wir laufen Gefahr, dass die christliche Konzertszene in den nächsten fünf Jahren fast gänzlich zum Erliegen kommt – und es in den Kirchen dann nur noch ‚Haus‘-Formate gibt, um die eigenen gottesdienstlichen Veranstaltungen musikalisch zu begleiten“, sagt Primke.

Fakt ist: Die meisten christlichen Musiker sind auch bei Streaminganbietern zu finden. Und für christliche Labels sind die Einnahmen durchaus lukrativ. Mittlerweile kommen etwa ein Drittel der Einnahmen bei SCM von Spotify und Co., sagt Joachim Zinser, Leiter des Musikbereiches bei SCM. Die Verlagsgruppe hat bereits etwa 1.300 Alben bei Spotify zugänglich gemacht, darunter neuere, aber auch alte und vergriffene Produktionen. „Das ist allerdings sehr aufwändig, gerade bei älteren Alben sitzt ein Mitarbeiter mehrere Tage dran“, so Zinser. Alte Covers müssen aufbereitet, Metadaten herausgefunden werden. Aber durch die schiere Masse lohnt sich die Arbeit. Denn dass digitale Musik von beliebig vielen Menschen beliebig oft abgespielt werden kann, hat natürlich auch Vorteile. So bringen auch ältere Alben, die schon längst vergriffen sind, Jahrzehnte nach ihrer Veröffentlichung erstmals wieder Einnahmen. Zinser sieht es positiv, dass auch die junge Generation weiter Interesse an Musik hat und dass auch Lobpreiskonzerte und Festivals nach der Corona-Pandemie wieder besser besucht sind.

Foto: SCM
Joachim Zinser leitet den Musikbereich bei SCM. Die mittlerweile 1.300 digitalisierten Tonträger sorgen für spürbaren Umsatz.

Was die Anzahl der Neuerscheinungen angeht, zeigt die Nadel allerdings deutlich nach unten. In der Vergangenheit hat SCM jährlich mehr als 40 Produktionen – inklusive Hörbüchern – veröffentlicht, im vergangenen Jahr waren es etwa 25, für 2024 werden 15 bis 20 Neuheiten erwartet.

Das liegt nicht nur daran, dass immer mehr Künstler ihre Platten selbst aufnehmen, sondern schlicht auch an den gestiegenen Produktionskosten und sinkenden Erlösen durch Verkäufe. Die Produktion eines neuen Studioalbums kann um die 20.000 Euro kosten. Bei den aktuellen Vergütungen müssten die Titel eines Albums fast sechs Millionen Mal abgespielt werden – nur um die Kosten zu decken. Für die meisten deutschen christlichen Musiker ist das kaum erreichbar, weil ihre Zielgruppe zu klein ist. Bekannte christliche Musiker wie die „Outbreakband“ oder Samuel Harfst kommen mit ihren besten Songs auf mehrere Millionen Wiedergaben – allerdings über mehrere Jahre hinweg.

Selbst die „O’Bros“, die zu den erfolgreichsten christlichen deutschen Künstlern überhaupt gehören und viele Millionen Wiedergaben haben, gehen auch andere Wege. Sie verkaufen nicht nur zusätzlich Merchandise-Artikel, sondern freuen sich auf ihrer Homepage über „jeden noch so kleinen oder großen Support“, also über Spenden für ihre Musik. Und damit sind sie bei weitem keine Ausnahme. Dass ein Unterstützerkreis Musik mit Werten fördert, kann natürlich Gutes bedeuten. Allerdings hat es den Anschein, dass christliche Künstler früher deutlich besser vom Verkauf ihrer Musik leben konnten.

Klar scheint: So, wie es einmal war, ist es nicht mehr. Und so wie jetzt kann es auch nicht bleiben, wenn es weiterhin eine große Vielfalt an Musik geben soll. Und nicht nur die der Topstars, an die ein Großteil der Abo-Gebühren fließt. Gemeinden müssten risikofreudiger sein und auch ganze Bands einladen. Hörer sollten wissen, dass sie ihre Lieblingsband mit einem CD-Kauf viel stärker unterstützen als mit einem Streaming-Abo. Christen sollten bereit sein, 20 Euro und mehr für ein Ticket zu bezahlen, während Taylor Swift 400 Euro für ein Plätzchen im Stadion verlangt. Und auch für den Streamingmarkt braucht es eine Lösung.

Frankreich ist da bereits weiter. 2017 setzten sich Christen zusammen, um zu überlegen, wie sie der christlichen Musikindustrie helfen können. Sie interviewten Künstler und Christen, die Musik hörten. Nach einem langen Zuhör- und Planungsprozess starteten die Initiatoren 2020 eine Crowdfunding-Kampagne, um eine neue App für christliche Musik zu programmieren. Heraus kam die App „TopMusic“.

„In Frankreich haben viele christliche Künstler kaum Mittel, um professionelle Musik zu produzieren“, sagt Jonathan Schmutz von „TopMusic“ gegenüber PRO. Auf dieser Streamingplattform können christliche Künstler ihre Musik anbieten. Die Nutzer zahlen einen freiwilligen Beitrag, mindestens fünf Euro pro Monat. Das Vergütungssystem läuft allerdings anders als bei Spotify, Apple oder Amazon. Die Erlöse der Nutzer-Abos fließen zum Großteil an die Künstler – und es gibt sogenannte „Top Coins“. Mit diesen virtuellen Münzen können die Hörer die Künstler direkt unterstützen, die sie gerne hören, unabhängig davon, wie oft der Nutzer einen Song gehört hat. Das zahlt sich im wahrsten Sinne des Wortes aus. „Bei uns erhalten Künstler pro Wiedergabe im Schnitt zehn- bis 15-mal höhere Ausschüttungen als bei Spotify, Apple und anderen Anbietern“, so Jonathan Schmutz, der neben seiner Tätigkeit bei „TopMusic“ auch als Pastor arbeitet. Bisher hat die App 10.000 Nutzer. Die christlich orientierte Musikplattform gibt es bisher in Frankreich, der Schweiz, Belgien und Kanada.

Foto: privat
Jonathan Schmutz arbeitet mit der App-Musik „TopMusic“ dafür, dass christliche Musiker besser von ihrer Kunst leben können

„TopMusic“ will seine Lösung weiter international expandieren – auch nach Deutschland. Ein Zeitpunkt steht aber noch nicht fest. Zwar gibt es auch bei anderen Anbietern die Möglichkeit, Musiker mit einer Spende zu unterstützen. Bei „TopMusic“ gehören die freiwilligen Zahlungen aber zum Geschäftsmodell: Je mehr der Nutzer monatlich zahlt, desto mehr „Top Coins“ kann er verteilen.

Aber mit einer Lösung für das Streamingproblem ist es nicht getan. Christliche Musiker brauchen in aller Regel noch weitere Standbeine, um sich zu finanzieren. Sie geben Musikunterricht und Workshops, schreiben Bücher oder verkaufen auch noch Merchandise-Produkte, also Fan-Artikel, über ihren eigenen Shop. Einkaufstaschen aus Jute, T-Shirts, Pullover, Baseball-Caps: Auch christliche Musiker machen dabei mit.

Foto: privat

„Unsere Arbeit hat Wert und darf nicht verschenkt werden.“

Sefora Nelson

Sefora Nelson war das lange zuwider. „Aber es liegt doch in unserer Natur als Künstler, Neues zu erschaffen“, sagt die Sängerin gegenüber PRO. Heute verkauft sie sogar ein eigenes Parfüm auf ihrer Website. Es heißt „Sein“ (89 Euro) und wird beschrieben als „Duft für die geliebte Frau“. Nelson hat früher in einer Parfümerie gearbeitet und kennt sich aus. Stars wie Billie Eilish oder Rihanna verdienen längst Geld mit dem Versprechen an die Fans, sie könnten so riechen wie sie. Nelson ging es um etwas anderes. In der Corona-Zeit, als die Nähe fehlte, als es keine Umarmungen und nur wenige Begegnungen gab, kam ihr die Idee für den Duft. „Wir verstehen Gottes Wort durch Lesen oder Hören, aber es gibt noch mehr Arten des Verstehens“, sagt Sefora Nelson gegenüber PRO. „In der Bibel ist vom Wohlgeruch die Rede. Ich habe mich gefragt: Wie würde eine göttliche Umarmung riechen?“ Sie überlegte lange mit einem Parfumeur, bis die Zeit reif dafür war. Das fertige Produkt riecht nach weißen Magnolien, Lilienwurzel und dunklem Holz, Moschus, Vanille und Mandel. Sind solche Produkte die Zukunft für Musiker? Nein, sagt Nelson. Sie selbst macht auch kaum Werbung für ihren Duft, obwohl er gut gekauft wird. Aber zu ihr und ihrem Konzept passt es. Und in Zeiten wie diesen muss ein Künstler schlicht dafür sorgen, mehrere Einnahmequellen zu haben. Natürlich muss alles zusammenpassen.

Ein „italo-schwäbischer Wurschtler“

Einen guten Teil ihrer Arbeitszeit verbringt Nelson, die nach wie vor viele Auftritte hat, nicht am Klavier, um zu komponieren. Sondern am Schreibtisch. Konzerte organisieren, Pakete packen, Papierkram für den Staat erledigen: Das ist die Realität für christliche Musiker. Und dazu gehört eine Menge Kreativität und Unternehmergeist, wie Nelson betont. „Unsere Arbeit hat Wert und darf nicht verschenkt werden.“ Auch sie spürt, dass Veranstalter vorsichtiger geworden sind, weil sie Sorge haben, mit einem Konzert Verlust zu machen. Trotzdem ist sie oft unterwegs, ob zu Konzerten oder ganzen Freizeiten für Frauen. Seit kurzem ist Nelson sogar selbst zur Veranstalterin geworden: „Ich sage einer Gemeinde: Ich komme zu euch, ihr macht Werbung, aber ich trage das finanzielle Risiko.“ Und das scheint zu funktionieren. In schlechten Zeiten solle man sich nicht beklagen, sondern sich eben etwas Neues überlegen, sagt Nelson.

In der Corona-Pandemie nahm sie Geld in die Hand, organisierte im christlichen Gästehaus „Schönblick“ ein echtes Konzert mit Musikern und Kameraleuten – und verkaufte die Tickets dafür zu einem normalen Preis. „Ich bin halt so ein italo-schwäbischer Wurschtler“, so die Sängerin.

Foto: Gerson Kerner

„Für die Zukunft braucht es Mäzene.“

Daniel Kallauch

Das ist Daniel Kallauch zwar nicht, doch auch er betont: „Wer heute als Musiker leben will, der muss die Hälfte seiner Zeit in Marketing und unternehmerisches Handeln investieren.“ Immerhin verkaufen sich CDs für Kinder bei Auftritten noch recht gut. Viele von ihnen haben – zum Glück – noch kein Handy und mögen es auch, etwas in der Hand halten zu können, wenn sie etwas hören wollen. „Mit Streaming kannst du aber keinen Blumentopf gewinnen“, so Kallauch gegenüber PRO. Aber: „Ich habe mich immer auch als Unternehmer gesehen.“ Der Kindermusiker und Künstler berichtet, er nehme sich seit über 30 Jahren regelmäßig Zeit, um sich von Profis beraten zu lassen und zu prüfen, ob die Richtung noch stimme. Anfang der 2000er, nach ersten Erfolgen im TV, dachte Kallauch, er werde sehr viel Fernsehen machen. Er traf sich mit seinem Berater, der schaute zusammen mit Kallauch in dessen Geschichte: „Immer da, wo ich fremdbestimmt war – und Fernsehen ist reine Fremdbestimmung – ist meine Kreativität gegen Null gegangen.“ Er entschied sich dagegen. Und für ein anderes Portfolio, das ihm mehr Freiheit ermöglicht. So schaffte er es Stück für Stück, auch im landeskirchlichen Bereich Vertrauen zu gewinnen und eine feste Größe zu werden. Ein erfolgreiches eigenes Geschäftsmodell zu entwickeln, ist harte Arbeit. Kallauch sieht dieses unternehmerische Denken durchaus bei manchen Musikerkollegen. Aber längst nicht bei allen.

Kallauch ist sich sicher: „Für die Zukunft braucht es Mäzene.“ Damit meint er Menschen, die in eine Person oder eine Band investieren, weil sie deren Potenzial erkennen. Als Beispiel nennt er „Supertramp“. Die Band war 1969 von einem niederländischen Millionär finanziell unterstützt worden, weil er deren Potenzial sah. Sie konnten sich Instrumente kaufen, Auftritte organisieren, Musik aufnehmen. Irgendwann konnten sie auf eigenen Beinen stehen. 

Judy Bailey und Patrick Depuhl schaffen es, von ihrer Musik, von Büchern und Workshops zu leben, allen Unsicherheiten zum Trotz. „Unser erster Gedanke ist nicht: Wie kann ich damit Geld verdienen? Sondern wie können wir Menschen bewegen? In dem, was sie beschäftigt, in ihrem Leben, in unserer Gesellschaft und auf ihrem Weg zu Gott, und indem wir Gott mit unserer Musik loben“, sagt Depuhl. In den mehr als 32 Jahren, die seit Judy Baileys erstem Auftritt in Deutschland vergangen sind, haben sich auch die Rahmenbedingungen für aufstrebende Musiker stark verändert. „Wir arbeiten viel, aber wir sind auch gesegnet“, sagt Bailey. Ihre drei Söhne machen ebenfalls Musik, mindestens einer würde sie auch gerne zum Beruf machen. Was sie ihnen raten? Die Schule fertig machen und dann Schritt für Schritt sein Bestes geben. Und vielleicht klappt es dann auch mit der Kunst als Beruf. Denn die Musik darf nicht enden.

Der Artikel ist erstmals in der Ausgabe 6/2024 des Christlichen Medienmagazins PRO erschienen. Das Heft können Sie hier kostenlos bestellen.

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