Er hätte früher einen eigenen Kontakt zu Kermani aufnehmen sollen, habe Lehmann laut "Südwestdeutschem Rundfunk" (SWR) zugegeben. Eine "unglaubliche Verdrehung" durch die Presse sei aber die Darstellung gewesen, er und der frühere evangelische Kirchenpräsident Peter Steinacker hätten die Streichung Kermanis als Preisträger gefordert. Stattdessen habe er dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) am 24. April geschrieben, dass für ihn als katholischen Bischof die gemeinsame Annahme des Preises mit Kermani ohne eine weitere Klarstellung schwierig sei. "Ich habe nie direkt darauf eingewirkt, dass Dr. Kermani der Preis aberkannt worden ist", schreibt Lehmann in der Bistumszeitung "Glaube und Leben". "Wohl habe ich mich um eine klarstellende Interpretation des Textes bemüht. Auch mein Glaube, für den ich stehe, verdient Respekt und Schutz."
"Alle kontroversen Punkte angesprochen"
So könnte der Streit um den hessischen Kulturpreis nun beigelegt werden. Wie der SWR weiter berichtet, haben sich die vier ursprünglichen Preisträger Navid Kermani, Publizist und Schriftsteller, Lehmann, Steinacker und der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Salomon Korn, zu einem klärenden Gespräch getroffen. Nun müsse nur noch das Kuratorium des Hessischen Kulturpreises zustimmen, damit die Auszeichnungen im Herbst verliehen werden können. Dieses soll die Aussprache nach Informationen der Tageszeitung "Die Welt" gefordert haben. Steinacker sagte auf Anfrage der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", man habe sich darauf geeinigt, nichts Näheres zum Inhalt des Gesprächs verlauten zu lassen. Man habe alle kontroversen Punkte angesprochen. Er sei sehr zufrieden über das Gespräch, auch wenn man in einzelnen Punkten weiterhin unterschiedlicher Auffassung sei.
Der Hessische Kulturpreis wird für Verdienste um den Dialog der Kulturen vergeben. In diesem Jahr sollten im Zeichen des Dialogs der Religionen ein muslimischer, ein jüdischer und zwei christliche Vertreter ausgezeichnet werden. Der Schriftsteller Kermani aber veröffentlichte an Ostern ein Essay in der "Neuen Züricher Zeitung". Dort hieß es: "Kreuzen gegenüber bin ich prinzipiell negativ eingestellt", und weiter: "Für mich formuliere ich die Ablehnung der Kreuzestheologie drastischer: Gotteslästerung und Idolatrie [Götzendienst]." Daraufhin hieß es, Kardinal Lehmann und Steinacker würden wegen der stark fundamentalen und unversöhnlichen Angriffe auf das Kreuz, das als zentrales Symbol des christlichen Glaubens gelte, den Preis nicht annehmen, wenn er gleichzeitig an Kermani verliehen würde. Die Preisvergabe wurde daraufhin in den Herbst verschoben. (PRO)