Jeder fünfte Jugendliche ist im Internet schon häufig mit Hassbotschaften in Kontakt gekommen. 17 Prozent begegnen Feindseligkeiten gelegentlich und 28 Prozent erleben dies selten. Dies geht aus der JIM-Studie (Jugend, Information, Medien) hervor, die jährlich die Mediennutzung junger Menschen erhebt. Jeder Dritte der 12- bis 19-Jährigen wurde noch nie mit Hass im Internet konfrontiert.
Dies passiert vor allem auf YouTube und Instagram, vereinzelt auch bei Facebook, WhatsApp, Twitter, Online-Spielen und Kommentarbereichen von Nachrichtenangeboten. Die Wahrscheinlichkeit, Hasskommentaren zu begegnen, steigt mit dem Alter. Elf Prozent der Jugendlichen sagen, dass schon peinliches oder beleidigendes Bildmaterial, auf dem sie zu sehen waren, verbreitet wurde.
Jeder dritte Befragte bejahte, dass im Bekanntenkreis schon einmal jemand per Smartphone oder online fertig gemacht wurde. Der Wert ist gegenüber 2017 um drei Prozent gesunken. Mädchen sind etwas häufiger als Jungs Opfer von Cyber-Mobbing (9 bzw. 6 Prozent). Jugendliche mit formal niedrigerem Bildungsniveau sind eher betroffen als Gymnasiasten (10 bzw. 6 Prozent).
Hassbotschaften melden, blockieren und die Eltern einschalten
Ein Großteil der Befragten gab an, Hassbotschaften zu ignorieren oder weiterzuscrollen. Manche Jugendliche „disliken“ die entsprechenden Kommentare. Wenn persönliche Bekannte oder die Befragten selbst davon betroffen waren, wurden Hassbotschaften eher über die Plattform gemeldet, Urheber der Nachrichten blockiert und teilweise die Eltern eingeschaltet. Wenn die Urheber aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis kamen, suchten Jugendliche das Gespräch und versuchten, deren Beweggründe zu erfahren. In drei Fällen wurden Hassbotschaften zur polizeilichen Anzeige gebracht.
Die JIM-Studie zeigt auch das breite Medienangebot, mit dem Jugendliche aufwachsen, und wie sie es nutzen:
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In praktisch allen Familien sind Smartphones, Computer/Laptop und Internetzugang vorhanden. Fernsehgeräte gehören bei 95 Prozent zur Medienausstattung, Radiogeräte und DVD-Player gibt es in gut vier von fünf Haushalten. 77 Prozent der Familien können Inhalte eines Videostreaming-Dienstes wie Netflix oder Amazon Prime nutzen. Dieser Wert liegt deutlich über dem Vorjahr (54 Prozent).
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97 Prozent der Jugendlichen besitzen selbst ein Smartphone. Dahinter rangieren Computer/Laptop (71 Prozent) und eine eigene Spielkonsole (66 Prozent). Jeder Zweite hat einen eigenen Fernseher, 45 Prozent besitzen ein Radio. 60 Prozent der Jugendlichen sehen mindestens mehrmals pro Woche Bewegtbilder bei YouTube an.
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Von den Nachrichtenmedien genießen Tagesschau und Tagesthemen der ARD bei den Jugendlichen das höchste Vertrauen. Dahinter stehen das Angebot regionaler Print-Tageszeitungen und der öffentlich-rechtlichen Radiosender. Jugendliche mit formal höherer Bildung zeigen ein deutlich größeres Vertrauen in den Qualitätsjournalismus.
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Der Anteil regelmäßiger Leser gedruckter Bücher liegt konstant bei 39 Prozent. Jedes zweite Mädchen, aber nur jeder dritte Junge liest regelmäßig Bücher. Jeder sechste Befragte beschäftigt sich in seiner Freizeit nie mit Büchern. Nur sieben Prozent lesen regelmäßig E-Books.
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Gegenüber 2017 ist die tägliche Zeit, die Jugendliche im Internet verbringen, von 221 Minuten auf 214 Minuten gesunken. Den größten Anteil nimmt die Kommunikation ein (35 Prozent). Es folgen Unterhaltung (31 Prozent), Spiele (24 Prozent) und die Suche nach Informationen (10 Prozent).
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95 Prozent der Jugendlichen tauschen sich regelmäßig über WhatsApp aus. Im Schnitt erhalten sie 36 Nachrichten pro Tag. Instagram und Snapchat nutzen 67 bzw. 54 Prozent regelmäßig. Facebook wird nur noch von 15 Prozent regelmäßig genutzt. Während die Instagram-Nutzung um 10 Prozentpunkte gestiegen ist, hat sich die Nutzung von Facebook um denselben Wert verringert.
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An erster Stelle der Freizeitaktivitäten stehen persönliche Treffen mit Freunden (71 Prozent). Jeweils 5 Prozent verbringen ihre Freizeit in kirchlichen oder religiösen Organisationen. Unternehmungen mit der Familie haben an Bedeutung gewonnen.
Erwachsene sollen Werte vorleben
Der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs) erhebt seit 20 Jahren mit der Studienreihe JIM Grundlagendaten zur Mediennutzung von Jugendlichen. Die Studie wird vom mpfs als Kooperation der beiden Landesmedienanstalten von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gemeinsam mit dem Südwestrundfunk durchgeführt. Für die aktuelle Studie wurden 1.200 Jugendliche zwischen zwölf und 19 Jahren in ganz Deutschland von Mai bis August 2018 telefonisch befragt.
In der Rückschau der Studie kommen die Macher zu dem Befund, dass sich Jugendliche neue Techniken und Angebote schnell aneignen, andererseits aber gewisse Nutzungsmuster sehr stabil bleiben. Dazu gehört die Nutzung von Büchern. Streaming-Dienste wie Netflix hätten in den vergangenen Jahren für einen Rückgang der Fernsehnutzung gesorgt. Diese Entwicklung werde sich auch bei den aktuellen Jugendlichen fortsetzen. Es gehe darum, die aktuelle Mediennutzung der Jugendlichen einzuordnen. Die Erwachsenen müssten eine eigene Haltung zum Thema Medien entwickeln, Werte vorleben und Grundkompetenzen für die digitale Welt vermitteln.
Von: Johannes Blöcher-Weil