Per Google Talk chatten Paul und ich miteinander und kommen dabei auf den Glauben zu sprechen. Nach einigen Minuten lade ich meinen Freund zum Gottesdienst meiner Gemeinde ein. „Wo ist die denn?“, fragt er. Schnell in Google Earth ein Satellitenbild und in Google Maps die Route rausgesucht und weitergeleitet. „Ahh da. Die Gegend kenn ich!“, schreibt er. „Und was spielt ihr da für Musik?“ „Sekunde“, antworte ich und suche auf meiner virtuellen Festplatte GDrive ein paar Lieder aus, die ich für ihn zum Anhören freischalte. „Klingt nicht schlecht“, meint er nach ein paar Minuten. „Habt ihr auch eine Website?“ „Klar, schau einfach in meine Online-Favoriten von Google Bookmarks! Und falls du ein paar Bilder oder Videos sehen willst, hier meine Links zu meinem Online-Fotoalbum von Picasa und zum Videoportal YouTube!“, schreibe ich. „Und wann fängt der Gottesdienst an?“ „Schau doch einfach in meinen Google Calendar rein“, lautet meine Antwort. „Du, ich muss jetzt gehen, kannst du mir den Link an meine Adresse von Google Mail schicken?“ „Kein Problem. Ach, übrigens hab ich jetzt auch ein Online-Tagebuch von Google Blog. Also dann… bis bald!“
Was für einige nach einem futuristischen Zukunftsszenario klingt, ist bereits heute möglich – dank Google. Derzeit scheint alles sehr harmlos, modern und innovativ zu sein. Doch wenn man sich näher mit dem Zukunftsszenario befasst, stößt man auch auf bedenkliche und durchaus gefährliche Projekte, die Google plant. Es geht nicht darum, Google zu verteufeln. Anhand des fiktiven Beispiels wird deutlich, dass die zahlreichen Dienste ein wahrer Segen sein können. Aber dem Benutzer sollte auch bewusst gemacht werden, auf was er sich einlässt. Der Leser soll informiert werden – im Prinzip das gleiche, was Google macht. Viele Menschen nutzen sie täglich, einige arbeiten mit ihr. Schüler, Journalisten, Börsenspekulanten, Firmen und Privatleute sind auf sie angewiesen: Google, die freundliche und allwissende Suchmaschine. Doch wie viel weiß Google wirklich über uns? Und ist das Unternehmen tatsächlich so lieb und nett, wie es wirkt? Seit März 2008 gibt es dazu auch ein Buch, das erste Google-kritische überhaupt: „Die Google-Falle“, geschrieben vom Redakteur und Autor Gerald Reischl. „Don‘t be evil“ war lange Zeit das Motto der Geschäftsführer Larry Page, Sergey Brin und Eric Schmidt – aber was verstehen sie unter „böse“?
Die von Reischl als die „Google-Dreifaltigkeit“ bezeichneten Geschäftsführer scheinen den Leitsatz schon längst über Bord geworfen zu haben. Böse sei laut CEO Schmidt das, was Brin für böse halte. Reischl bezeichnet Google als einen „Wolf im Schafspelz“ sowie eine „unkontrollierte Weltmacht“. Die Ausmaße der Macht des Unternehmens wurden beispielsweise im Oktober 2007 deutlich. Damals meldete die „New York Times“, dass Page und Brin per Sondergenehmigung ihre Flugzeuge auf dem NASA-Flugfeld Moffett Field nahe des Google-Firmensitzes in Mountain View (Kalifornien, USA) parken dürfen.
US-Analyst Stephen Arnold sagte, dass Google der weltweit größte Herausgeber, Händler und Archivar von Informationen werden könnte. „Ein Horrorszenario, wenn man sich ausmalt, dass sämtliche Informationen und alles Wissen der Welt von einer Firma verwaltet wird“, kommentierte Reischl. „Google ist die am häufigsten besuchte Website, für viele Internetnutzer ist Google sogar die Startseite. Ohne Google können sich viele das Leben im Web gar nicht mehr vorstellen“, schreibt der Autor. So sind wir nicht nur von Strom, Computer und dem Internet abhängig geworden, sondern auch von Google, der Erfindung zweier Studenten. Laut Reischl sei Googles Marktdominanz gefährlich für die Gesellschaft. Jede Firma, die zu viel Macht habe, werde zur Gefahr. „Denn jedes Monopol macht nicht nur abhängig, sondern öffnet der Manipulation Tür und Tor: von der Daten- über die Informations- bis hin zur Meinungsmanipulation.“ Google sammelt alle Informationen, die es bekommen kann – ohne vorher zu fragen oder mitzuteilen, welche Informationen das sind. Ein gut gehütetes Geheimnis.
„Big Brother“ Google
Der Erfolg Googles hatte vor allem einen Grund: Als die Suchmaschine 1998 online ging, lieferte sie sekundenschnell umfangreiche Suchergebnisse. Die Suchmaschine war für den Anwender überschaubar und unkompliziert zu bedienen, nicht so überfrachtet wie die Konkurrenz. Dadurch wurde der Weltkonzern bei den Benutzern sehr beliebt. Google baute seine Beliebtheit mit einer klugen Marketingstrategie weiter aus: alle Dienste kostenlos anzubieten. Google ist nämlich schon lange nicht mehr nur eine Suchmaschine. Nahezu monatlich erscheinen neue, stets gratis nutzbare Dienste wie Google Earth, Picasa oder MySpace, das größte soziale Netzwerk in den USA. Entweder entwickeln die Mitarbeiter diese Dienste selbst oder übernehmen bereits etablierte Firmen wie das weltweit größte Videoportal YouTube für 1,65 Milliarden US-Dollar oder den Werbevermarkter DoubleClick für 3,1 Milliarden US-Dollar. Ausgaben, die eher früher als später Gewinn einbringen sollen. Die Einnahmen Googles kommen laut CPC-Consulting zu nahezu 100 Prozent aus den Werbeanzeigen. Dass es damit alles andere als schlecht läuft, beweisen folgende Zahlen: Der Aktienkurs von Google stand am 4. Juni 2008 bei 567 US-Dollar, der Umsatz für das erste Quartal 2008 wuchs um 42 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 5,19 Milliarden US-Dollar, der Nettogewinn betrug stolze 1,31 Milliarden US-Dollar. Das Geheimnis dahinter? „Das Wissen über die Nutzer ist das eigentliche Kapital des Unternehmens und Basis für zukünftige Projekte“, meint Reischl. Google sei keine Suchmaschine, sondern ein perfektes Marketinginstrument, mit dem die Firma den Rest der Werbewelt erobern wolle.
Um zu erfahren, was Google für die Zukunft geplant hat, hilft ein Blick auf die eingereichten Patente. So reichte Google Patente für digitale Plakatwände und Analyse-Software ein, die laut Reischl „durchaus aus der Überwachungsindustrie stammen könnten“. Das passt alles nicht so recht ins Bild des friedlichen Suchmaschinenbetreibers, der es 2004 mit dem Begriff „googeln“ sogar in den Duden geschafft hat. Mittlerweile ist Google eben auch ein Software-Anbieter und bald auch Telekom-Firma und DNA-Analytiker. Außerdem hat Google seit kurzem auch sein eigenes Bezahlsystem namens „Checkout“ (ähnlich wie PayPal). Damit soll bargeldloses Zahlen noch einfacher und sicherer gemacht werden. Die meisten Patente, in „Die Google-Falle“ näher beschrieben, zielen auf eines ab: mehr über den Benutzer zu erfahren. Google analysiert vergangene Besuche und prognostiziert, was der Benutzer als nächstes tun könnte. Außerdem will der US-Konzern wissen, welche Webseiten der Nutzer zuvor besucht hat und welche Lesezeichen er gesetzt hat. Der Gipfel dabei stellt die Gewichtung der Kunden dar: „Ein Deutscher ist beispielsweise doppelt so wichtig wie ein Besucher aus der Antarktis“, verrät Reischl. Man müsse davon ausgehen, dass Google seit über sieben Jahren Daten sammelt, analysiert und auswertet und dass die Google-Nutzer fein säuberlich katalogisiert, in Gruppen eingeteilt, gewichtet und vermutlich auch mit Prädikaten bewertet. (…)
Google zensiert das WWW
Damit Google überall auf der Welt verfügbar ist, zensieren sie notfalls ihre Suchmaschine, wie der Staat es wünscht. In China musste Google etliche Webseiten aus seiner Datenbank entfernen, um überhaupt aufrufbar zu sein. So sind laut der Nachrichtenagentur AFP beim chinesischen Google Suchbegriffe wie „Taiwan“, „Tibet“ und weitere strittige Themen verboten. „Google erlaubt einer Regierung, Inhalte zu zensurieren, nur damit man in dem Land Fuß fassen kann“, schreibt Reischl. Der Autor erwartet, dass auch europäische Regierungen den einen oder anderen Wunsch an Google äußern werden, da Google mehr wisse, als die Polizei. Noch ist es der US-Regierung nicht gelungen, auf das globale Google-Netzwerk zuzugreifen. Aber es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich ein triftiger Grund findet, um auf das Netzwerk zugreifen zu dürfen – notfalls per Gesetz. Die Frage nach dem „Warum“ beantwortet der Grazer TU-Professor Hermann Maurer ganz simpel: „Weil Google die größte Detektei der Welt ist.“
Mittlerweile gibt es immer mehr kritische Stimmen, so auch die britische Bürgerrechtsorganisation Privacy International (PI). Im Sommer 2007 bewertete sie Google als „datenschutzfeindlich“ – die wohl schlechteste Bewertung, die man als Firma erhalten kann. PI-Chef Simon Davies: „Von keinem der untersuchten Unternehmen geht eine vergleichbare Bedrohung der persönlichen Daten aus wie von Google.“ Passenderweise wurde nur wenige Tage nachdem „Die Google-Falle“ Ende März erschienen ist, ein bezeichnender Vorfall bekannt. Die britische Pro-Life und Pro-Family-Organisation „The Christian Institute“ hat bei einem englischen Gericht Klage gegen Google eingereicht, weil der Weltkonzern eine Werbung verweigert hatte, in der für das Recht auf Leben und gegen Abtreibung eingetreten wird. Google lehnte die Werbung als „unangemessenen Inhalt“ ab. Unter Berufung auf das englische Anti-Diskriminierungsgesetz klagte die Organisation gegen Google. Sie wollte ihre Werbung beim Suchwort „Abtreibung“ schalten. Mike Judge, ein Sprecher des „Christian Institute“: „Es ist lächerlich, Anti-Abtreibungsseiten als ‚unakzeptable Inhalte‘ zu brandmarken, während Google pornografische Anzeigen erlaubt.“ In diesem Sinne: Happy Birthday, Google!
Den gesamten Beitrag lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Christlichen Medienmagazins pro. Einfach kostenlos bestellen unter Telefon (06441) 915151, E-Mail: info@pro-medienmagazin.de