Großer Streit um kleinen Chip

Die 15-jährige Christin Andrea Hernandez hat ihre Schule verklagt und verloren. Dass Schüler durch RFID-Chips überwacht werden, ist nach Meinung der texanischen Richter in Ordnung.
Von PRO

Die John-Jay-Highschool im texanischen San Antonio hat jeden ihrer Schüler mit einer Ausweiskarte ausgestattet: Diese enthält Name, Foto, die Sozialversicherungsnummer in Form eines Barcodes – und einen RFID-Chip. RFID steht für Radio Frequency Identification Device, ein Funkchip, mit dem die Schule feststellen kann, welche Kinder anwesend sind und welche nicht. Der Grund dafür liegt im Finanziellen: Der Staat kürzt Schulbezirken die Mittel, wenn zu viele Schüler fehlen. Der Bezirk North Side in Texas argumentiert, er verliere 1,7 Millionen Dollar an Fördergeldern pro Jahr, weil Schüler bei Unterrichtsbeginn schon im Gebäude, aber noch nicht im Klassenraum seien, wo ihre Anwesenheit festgestellt werden müsse. Durch den RFID-Chip würden die Schüler elektronisch gezählt, berichtet Öffnet externen Link in neuem Fenster"Zeit Online".

Die 15-jährige Andrea Hernandez wollte ihre Chipkarte nicht tragen, und wurde dafür von der Schulleitung suspendiert. Vor Gericht klagte sie gemeinsam mit ihren Eltern: Für die gläubige Familie ist die Identifikationskarte ein "Teufelszeichen", das an das Öffnet externen Link in neuem Fenster13. Kapitel der Offenbarung des Johannes, das letzte Buch der Bibel, erinnere. Darin ist von einem Malzeichen die Rede, das in der Endzeit von allen Menschen getragen werden muss, um am Handel und gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu dürfen. US-Medien berichten jedoch, Hernandez habe eine frühere Version der Ausweiskarte ohne elektronischen Chip anstandslos getragen. Die Schule habe sogar einen Kompromiss gesucht und dem Mädchen angeboten, weiterhin eine Ausweiskarte ohne RFID-Chip verwenden zu dürfen.

Richter: Kompromiss der Schule ist ausreichend

Diesen Kompromissvorschlag habe die Familie jedoch mit der Begründung zurückgewiesen, dass dieser eine stillschweigende Zustimmung zum RFID-Programm der Schule bedeute. Unterstützt wird die Familie in diesem Anliegen sowohl von der konservativen Bürgerrechts-Organisation "Rutherford Institute" als auch von der linken "American Civil Liberties Union" (ACLU).

Anders als Familie Hernandez nehmen diese Gruppen jedoch nicht an vermeintlichen Parallelen zur Bibel Anstoß. Das Öffnet externen Link in neuem Fenster"Rutherford Institute" kritisiert eine Verletzung der Religionsfreiheit der Schülerin durch die Schule. Die ACLU ist über den angeblich mangelnden Datenschutz und die Möglichkeit der "totalen Überwachung" empört. Die Schule weist dies zurück: Jenseits ihres Grundstücks könne die Position der Chipkarten nicht ermittelt werden.

Hernandez selbst sagte im Fernsehsender Öffnet externen Link in neuem Fenster"NBC Latino": "Ich habe es mir verdient, in diese Schule aufgenommen zu werden, und ich lasse nicht zu, dass sie mich wegen meiner religiösen Überzeugungen rauswerfen." Das zuständige Gericht hatte die Suspendierung Hernandez‘ zunächst aufgehoben, sich aber abschließend anders entschieden. Der Richter befand, dass der Kompromissvorschlag der Schule die religiösen Bedenken des Mädchens ausreichend berücksichtigt. Dagegen geht die Familie nun in Berufung.

Der North Side-Bezirk ist nicht der erste in Texas, der seine Schüler elektronisch durch RFID-Chips zählt: Zwei Schulbezirke in Houston verwenden die Technik seit Jahren und haben daraus nach eigenen Angaben einen finanziellen Vorteil von mehreren Hunderttausend Dollar. (pro)

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