Graphic Novel über den aufopfernden Priester Richard Henkes

Der deutsche Pater Richard Henkes ließ sich im Februar 1945 in die Baracke mit den todkranken Häftlingen des Konzentrationslagers Dachau schließen, um die Typhuskranken zu pflegen – wissend, dass er dadurch selbst dem Tod geweiht war. Nun ist eine Graphic Novel über den Pallottinerpater aus dem Bistum Limburg veröffentlicht worden. Eine Rezension von Jörn Schumacher
Von Jörn Schumacher
Erzählt die eher wenig bekannte Geschichte des katholischen Paters Richard Henkes, der sich im KZ Dachau freiwillig um Kranke kümmerte: die Graphic Novel „Und wenn die Wahrheit mich vernichtet“

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges brach im Konzentrationslager Dachau eine Typhusepidemie aus. Der Pallottinerpater Richard Henkes, der wegen kritischer Predigten selbst Häftling im KZ war, wollte den Todkranken helfen. Wissend um die tödliche Bedrohung, ließ er sich vom Priesterblock in den infizierten Block verlegen. Nach rund zwei Monaten, in denen er den Kranken half, infizierte sich Henkes und starb innerhalb von fünf Tagen.

Henkes wurde 1900 im Westerwaldort Ruppach geboren und 1925 in Limburg zum Priester geweiht. Seit 1931 war er als Prediger in Oberschlesien tätig. In späteren Berichten ist zu lesen, dass sich Henkes in seinen Predigten kritisch gegenüber der Nazi-Ideologie äußerte. Im April 1943 wurde er in Ratibor wegen „Aufwiegelung des Volkes von der Kanzel“ verhaftet und ins KZ Dachau gebracht. Er starb am 22. Februar 1945 an den Folgen der Typhus-Epidemie. Am 15. September 2019 wurde Henkes vom Kurienkardinal Kurt Koch im Limburger Dom seliggesprochen. Es war die erste Seligsprechung im Bistum, da diese noch bis 2005 ausschließlich im Vatikan statt in den Ortskirchen stattfanden.

„Jeder hätte in der Zeit des Naziterrors auch anders handeln können“

Nun wurde die Geschichte des Paters, der sich für andere opferte, in einen Comic für Erwachsene, eine Graphic Novel, gegossen. In dem Buch „Und wenn die Wahrheit mich vernichtet“ erzählen die Berliner Autoren und Illustratoren Alexandra Kardinar und Volker Schlecht den Lebensweg Henkes und das Leiden im KZ Dachau nach. Sie berufen sich dabei auf Berichte von Zeitgenossen sowie Briefen des Paters, die er aus dem KZ schrieb.

Eindrücklich zeigen die Bilder von Kardinar und Schlecht, die gemeinsam das Illustratoren-Kollektiv „Drushba Pankow“ bilden, das Leiden im KZ Dachau. In Baracken, die anfangs eigentlich für 50 Personen gedacht waren, sperrten die Nazis teilweise bis zu 500 Personen ein. Krankheiten wie Fleckentyphus breiteten sich aus. Die Zustände in den Räumen waren so schlimm, dass auch das Personal irgendwann nicht mehr eintrat. Die Menschen wurden in dem Dreck und Gestank eingesperrt, bis sie starben.

Das Buch erzählt in eingeschobenen Zeitsprüngen den Werdegang Henkes nach. Außerdem ist die gesamte Erzählung in eine fiktionale Rahmenhandlung gebettet. „Die fiktionalen Figuren des Erzählers und seiner Frau beruhen auf der Erwähnung einer beeidigten Zeugenaussage von Frau Z. über ihren Ehemann G.Z.“, heißt es in den Anmerkungen am Schluss des Buches. Die Einschübe können manchmal für etwas Verwirrung sorgen, da der Leser nicht sofort einordnen kann, wann sie stattfanden, oder von wem ein Texteinschub stammt. Erst ein Blick in die Anmerkung schafft hier Klarheit – auch wenn dies durch fehlende Seitenzahlen erschwert wird. Vieles fußt auf den Berichten von Manfred Probst, der das Buch „Glaubenszeuge im KZ Dachau – Das Leben und Sterben des Pallottinerpaters Richard Henkes“ schrieb.

Die Graphic Novel „Und wenn die Wahrheit mich vernichtet“ stellt den eher unbekannten Pater Henkes vor, der Mitglied der Pallottiner war, einer katholischen Gesellschaft, die sich für die Förderung des Laienengagements in der Kirche einsetzt. Ein Mithäftling Henkes‘, der Priester Reinhold Friedrichs, erinnerte später in Aufzeichnungen über Henkes an das Jesus-Wort „Eine größere Liebe hat niemand, als der sein Leben hingibt für seine Freunde“ (Johannes 15,13). Über den theologischen Unterbau Henkes‘ oder über seinen Glaubenskampf während der Zeit im KZ erfährt der Leser wenig. Dennoch wird deutlich: Durch seinen aufopfernden Einsatz für seine todgeweihten Mithäftlinge hat er in der Tat die größte Liebe bezeugt, die ein Mensch zeigen kann. Martin Ramb, Abteilungsleiter für Religionspädagogik im Bistum Limburg, sagte vor der Veröffentlichung der Graphic Novel, durch sein Zeugnis habe Henkes im KZ Dachau ein Stück Menschlichkeit verteidigt. Er habe gezeigt, „dass jeder und jede in der Zeit des Naziterrors auch anders hätte handeln können“.

„Und wenn die Wahrheit mich vernichtet. Pater Richard Henkes im KZ Dachau“, Graphic Documentary, Pallotti Verlag, 44 Seiten, 9,90 Euro, ISBN 9783876141107

Von: Jörn Schumacher

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