Gottesdienst zum Gedenken an den Beginn des Zweiten Weltkrieges

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) und der Polnische Ökumenische Rat haben am Samstag gemeinsam in Warschau einen Gottesdienst zum Gedenken an den Beginn des Zweiten Weltkrieges gefeiert.
Von Jörn Schumacher
Eine Gruppe von Panzern in Polen im Jahr 1939

In einem ökumenischen Gottesdienst am Samstag den 31. August, hat die Stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Annette Kurschus, in ihrer Predigt die Kraft und die Bedeutung der Erinnerungskultur betont. Kurschus ist die Beauftragte des Rates der EKD für die deutsch-polnischen Beziehungen. In dem Gottesdienst in der Warschauer Trinitatiskirche sagte sie: „Sich erinnern ist keine leichte Übung. Eine Zumutung bisweilen. Sich erinnern zwingt dazu, hinzuschauen und nachzufühlen. Sich erinnern ruft zur Verantwortung und fordert zur Stellungnahme heraus. Dass dies heute, 80 Jahre nach den Ereignissen des 1. September 1939, möglich ist; dass wir uns gemeinsam erinnern und gemeinsam erzählen: Das erfüllt mich mit dankbarer Ehrfurcht.“

Der Präsident des Polnischen Ökumenischen Rates, Bischof Jerzy Samiec, sagte in seiner Predigt: „Wenn wir uns heute an den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erinnern, sollten wir Christen von unserer Verantwortung für unsere Gegenwart und Zukunft sprechen“. Um diese Verantwortung zu übernehmen, würden Christen über drei Instrumente verfügen. „Das erste besteht darin, sich in sozialen Fragen auf allen Ebenen – von den Kommunen bis zu den Parlamenten – zu engagieren. Das zweite besteht darin, über die Gefahren zu sprechen und die Entscheidungsträger unter Druck zu setzen, damit sie ihre Eigeninteressen zurückstellen. Wir müssen sie auch an ihre Verantwortung für ihre Worte erinnern, denn Worte sind äußerst kraftvoll und können sehr viel Schmerz und Unheil verursachen“, so der Bischof. Das dritte Instrument sei das Gebet.

„Wahrheit ist das Gegenteil von Vergessen!“

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), Erzpriester Radu Constantin Miron, sprach ein Grußwort. Er forderte, dass die Geschehnisse des 1.September 1939 nicht in Vergessenheit geraten dürften: „Wahrheit ist das Gegenteil von Vergessen! Und allen, die vergessen oder vergessen wollen, rufen wir zu: Als Christinnen und Christen lassen wir nicht nach, die Erinnerung wachzuhalten! Und noch etwas: Gedenken ist in der Kirche ja nicht etwas ausschließlich Rückwärtsgewandtes; es findet immer seine Anwendung im Hier und Heute.“

Weitere Grußworte sprachen für den Präsidenten der Republik Polen Andrej Duda, Agnieszka Lenartowicz-Łysik, Rolf Wilhelm Nikel, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Polen, und Bischof Krzysztof Nitkiewicz, Vorsitzender des Rates für Ökumene der römisch-katholischen Polnischen Bischofskonferenz.

Zudem kamen in dem Gottesdienst auch polnische und deutsche Zeitzeugen zu Wort, dazu gehörten ein polnischer ehemaliger KZ-Häftling und ein deutscher Vertriebener. Junge Polen und Deutsche sprachen über ihre Vision eines friedlichen Europas. Der inhaltliche Bogen des Gottesdienstes von biographischen Leidenszeugnissen über Schritte der Versöhnung bis zum Bild eines neuen Zuhauses in Europa wurde von der Künstlerin Alisa Temchenko mit vier Bildtafeln gespannt und im Altarraum visualisiert.

Der Gottesdienst wurde vom Deutsch-Polnischen Kontaktausschuss geplant. Dieses Begegnungs- und Beratungsgremium wurde 1974 zwischen dem Polnischen Ökumenischen Rat und der EKD – als ein Resultat der 1965 veröffentlichten EKD-Denkschrift „Die Lage der Vertriebenen und das Verhältnis des deutschen Volkes zu seinen östlichen Nachbarn“ („Ostdenkschrift“) – gegründet. Seitdem hat der Ausschuss immer wieder Impulse zur Versöhnung zwischen Deutschen und Polen gegeben.

Von: Jörn Schumacher

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