Gnadauer Präses gegen Abschaffung von Paragraf 219a

Der Gnadauer Präses Steffen Kern hält die Abschaffung des Werbeverbotes für Abtreibungen für falsch. Kern fürchtet, das Recht könne dadurch in Schieflage geraten.
Von Norbert Schäfer
Steffen Kern, Gnadau, Pietismus, Präses

Der Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, Steffen Kern, hält die geplante Streichung des Werbeverbotes für Abtreibung für einen Fehler. „Ich fürchte, unsere Rechtslage könnte aus der Balance geraten“, erklärte der Gnadau-Chef am Freitag in seinem Videopodcast „Kern-Sätze“.

Die Parteien der Ampel-Regierung hatten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, den Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch zu streichen. Der verbietet Werbung für Abtreibungen. Anfang März beschloss das Bundeskabinett die Abschaffung des Paragrafen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) legte dazu einen Gesetzentwurf vor. Ärzte können dann künftig auf den Internetseiten ihrer Praxen ausführlicher über Schwangerschaftsabbrüche informieren. Das ist Medizinern bisher verboten. Bislang dürfen Ärzte lediglich darauf hinweisen, dass sie Abtreibungen in ihrer Praxis durchführen, nicht jedoch über die medizinischen Verfahren informieren.

Kern argumentiert in seinem Videopodcast, dass Frauen, die ungewollt schwanger geworden seien, sich schon jetzt hinreichend informieren könnten. Etwa darüber, welche Ärzte Abtreibungen durchführen. Die sei spätestens seit dem Gesetz zur „Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch“ aus dem Jahr 2019 möglich.

Schwangere vor Stigmatisierung schützen

Mit dem Fall des Werbeverbotes drohe „ein sorgsam ausbalanciertes Rechtskonstrukt ins Rutschen zu geraten“. Viele forderten nach Kerns Aussage „offen auch die Streichung von Paragraf 218“. Dieser regelt, dass eine Abtreibung zwar rechtswidrig ist, aber unter bestimmten Bedingungen straffrei bleibt. Das sei ein „hart errungener Kompromiss“, erklärt der Theologe, und weiter: „Er wird seit Jahren von verschiedenen Seiten heftig kritisiert, aber hält eine Balance zwischen dem Recht der Frau und dem Grundrecht auf Leben.“ Diese Balance drohe nun zu kippen.

Kern spricht sich in dem Videobeitrag dafür aus, ungewollt Schwangere vor Stigmatisierung zu schützen. Den Frauen solle „alle nur denkbare Unterstützung“ in Form finanzieller, sozialer und rechtlicher Hilfe zukommen. Aber auch die ungeborenen Kinder bräuchten Schutz. „Ihnen den Weg ins Leben zu eröffnen – das ist unsere Pflicht“, erklärte der Gnadauer Präses.

Im Gegensatz zu Kern hatte im März die Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche der Pfalz, Dorothee Wüst, die geplante Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen begrüßt. Wüst argumentierte, dass so Arztpraxen künftig im Internet über die Methoden aufklären könnten.

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz (DBK) sprach sich erneut gegen eine Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen im Strafgesetzbuch aus, weil mit dem Vorhaben „das Schutzniveau zulasten des grundgesetzlich gebotenen Lebensschutzes“ zu sehr abgesenkt werde. Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) hingegen hatte die geplante Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibung begrüßt.

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Eine Antwort

  1. Letztlich kann man mit § 219a keine einzige Abtreibung verhindern. Ob Streichung oder nicht ist vor allem Symbolpolitik. Viel wichtiger finde ich, dass die Gewissensfreiheit des medizinischen Personals nicht weiter aufgeweicht wird. Wenn etwa sogar die bayerische Diakonie Abtreibung als festen Bestandteil in der medizinischen Ausbildung verankern will, dann ist das eine Schande für die Kirche. Das sollte von der evangelikalen Leitungsebene viel stärker angesprochen werden. Für die gleiche Forderung hat der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann sogar eine ehemalige Staatssekretärin zurückgepfiffen, wofür ich ihm explizit dankbar bin! Einfach nur traurig ist es auch, wenn sich sogar Schwerbehindertenvertreter*innen explizit für „pro choice“ aussprechen.

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