Gleichstellung von Islam und Kirchen gefordert

Der Islam sollte als Religionsgemeinschaft den Kirchen in Deutschland gleichgestellt werden. Dies haben der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, und der integrationspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Memet Kilic, gefordert. Ihr Vorschlag stieß auf Kritik von verschiedenen Seiten.
Von PRO

Nachdem Bundespräsident Christian Wulff zum Tag der Deutschen Einheit gesagt hatte, der Islam gehöre ebenso wie das Christentum und das Judentum zu Deutschland, reißt die öffentliche Debatte dazu nicht ab. Nun hat Dieter Wiefelspütz (SPD) in einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" gesagt: "Es wäre ein wichtiges Signal an die vier Millionen Muslime in Deutschland, wenn der Staat den Islam als Religionsgemeinschaft anerkennt." Wiefelspütz kritisierte CDU und CSU, "beim Thema Integration die Debatten von vorgestern zu führen". Der Islam sei unwiderruflich und unbestreitbar ein Teil Deutschlands. "Dass diese Realität immer noch nicht anerkannt wird, ist tief peinlich für die Union und stößt die Muslime vor den Kopf", so der SPD-Politiker.

Unterstützung findet Wiefelspütz beim integrationspolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion, Memet Kilic. Der sagte derselben Zeitung: "Die Anerkennung des Islam als gleichberechtigte Religionsgemeinschaft würde den Muslimen das Gefühl vermitteln, in Deutschland willkommen und angekommen zu sein." Für die Integration könne das nur förderlich sein.

Der CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt lehnte den Vorschlag ab. "SPD und Grüne sind da auf einem fundamentalen Irrweg", sagte er. Sie müssten "endlich lernen, dass Integration nicht über eine Aufweichung und Zurücksetzung unserer eigenen Leitkultur und Werteordnung laufen darf. Wir müssen von den Migranten Respekt dafür einfordern, dass sie in Deutschland unsere Kultur vorfinden und dass diese die maßgebliche ist".

Gegen eine Gleichstellung von Islam und christlichen Kirchen wandte sich auch die rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende Julia Klöckner. "So lange wir noch über Probleme wie Zwangsheirat, Ehrenmorde oder mittelalterliches Geschlechterbild diskutieren müssen – und so lange Muslime, die zum Christentum übertreten, in weiten Teilen der islamischen Welt um ihr Leben fürchten müssen, ist an eine Gleichstellung überhaupt nicht zu denken", teilte die Politikerin mit.

Lammert verteidigt Wulffs Einheitsrede

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat die Rede Wulffs derweil verteidigt. Gegenüber der "Leipziger Volkszeitung" sagte er, es sei eine unzulässige Vereinfachung, dem Bundespräsidenten vorzuwerfen, er habe Islam und Christentum gleichsetzen wollen. Gleichwohl hätte der Bundespräsident in seiner Rede noch einige Erläuterungen vornehmen können, um das Risiko von Missverständnissen zu vermeiden, sagte Lammert. Wulff habe die Einheitsrede genutzt, um auf die Integrationsherausforderung im Land aufmerksam zu machen. "Ich fand diese Rede ebenso mutig wie passend", so Lammert.

Auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) stellte sich hinter Wulff: "Hier in Deutschland leben viele hervorragend integrierte Muslime, und sie können Christian Wulff auch als ihren Bundespräsidenten betrachten", sagte Röttgen der "Passauer Neuen Presse". Klar sei aber auch, dass Deutschlands religiöse und kulturelle Wurzeln im Christentum und im Judentum lägen.

Der nordrhein-westfälische CDU-Politiker und Vorsitzende des Deutsch-Türkischen Forums, Bülent Arslan, sagte am Mittwoch im ZDF-"heute-journal": "Die heutige Kultur Deutschlands ist durch Christentum und Judentum geprägt, aber auf die Zukunft gesehen wird natürlich der Islam mit unser Land prägen." Arslan warnte davor, dass die "Elite des Landes" Ängste in der Bevölkerung wecke, anstatt Hoffnung zu geben. Er erklärte, dass die meisten der in Deutschland lebenden Muslime aus der Türkei stammten, und sich dort die Säkularisierung am besten in der Welt vollzogen habe.

Inzwischen stellte sich der Zentralrat der Juden hinter Wulff und seine Äußerungen zu Moslems in Deutschland. Der Generalsekretär Stephan Kramer sagte, Wulffs Rede sei mutig gewesen. Obwohl die Empörung abzusehen gewesen sei, habe der Bundespräsident Flagge gezeigt. Dies verdiene Anerkennung und Respekt. Kramer kritisierte, die Debatte über die Äußerungen des Bundespräsidenten sei "nahezu schon hysterisch". Kramer betonte, es müsse selbstverständlich sein, dass alle Bürger das Grundgesetz und die deutsche Gesetzgebung achten. Dies gelte nicht nur für Muslime. "Wir sollten unsere Bürger eben nicht nach Religion, sondern nach der Treue zur deutschen Demokratie beurteilen", so Kramer. (pro)

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