Drei Geistliche wollen wie Jesus über das Wasser laufen und einen Fluss überqueren. Der erste schreitet vorsichtig über das Wasser, der zweite fällt hinein und der dritte läuft festen Schrittes auf dem Nass. Fragt der Erste den Dritten: „Hätten wir unserem nassen Bruder nicht sagen sollen, wo die Steine liegen?“ „Welche Steine?“, fragt der Dritte. Mit dieser Anekdote eröffnet der Missionsarzt Klaus-Dieter John sein neues Buch „Auf dem Wasser laufen“.
Für John ist diese Geschichte mehr als ein Denkanstoß, sie ist für ihn existenziell. Dabei geht es nicht darum, ob ein Mensch tatsächlich über Wasser laufen kann, sondern im übertragenen Sinn um die Frage: „Kann man um echte Wunder beten?“ 2007 eröffnete John zusammen mit seiner Frau Martina, die auch Ärztin ist, in der peruanischen Andenstadt Curahuasi ein Missionskrankenhaus, Disopi Suyana. Auf Quechua, der indigenen Sprache der Region, bedeutet der Name des Spitals „Wir vertrauen auf Gott“.
Die Vision des deutschen Ehepaars war es, vor allem die indigene, oft arme Landbevölkerung medizinisch zu versorgen. Für eine Sprechstunde bezahlen die Patienten vier Soles, umgerechnet etwa einen Euro. Und für die Behandlung selbst, die auf höchstem medizinischen Niveau stattfindet, gibt jeder nur so viel, wie es ihm wirtschaftlich möglich ist. Diospi Suyana wird vor allem durch Spenden getragen. „Es dürfte auf der Welt kein zweites Missionsspital geben“, schreibt John, „das arme Patienten auf so hohem Niveau behandelt, aber nur zu einem kleinen Teil von den Patienten selbst finanziert wird.“
Ungewöhnliche Zufälle – oder Wunder?
Das Buch erzählt die Geschichte des Krankenhauses seit seiner Einweihung bis heute. Eine Zeitspanne, in der immer wieder Gefahren und Bedrohungen für das Missionsspital auftauchen. John erzählt die Geschichte, wie Diospi Suyana am Ende alle Widerstände überwindet. Egal, ob diese aus der politischen Situation Perus heraus entstehen, ob finanzielle Probleme das Krankenhaus bedrohen, ob neue Spezialisten als Ärzte oder Menschen als Missionsmitarbeiter gebraucht werden. Selbst Schmutzkampagnen, korrupte Staatsanwälte oder eine Markenrechtsklage können Diospi Suyana nicht niederringen.
Das Krankenhaus wächst. Ein zweites Stockwerk wird gebaut, um mehr Menschen behandeln zu können, eine Schule für die Bevölkerung entsteht, eine Zahn- und eine Augenklinik kommen hinzu, auch eine orthopädische Werkstatt. Ebenso entsteht ein Medienzentrum des Spitals, das auf verschiedenen Frequenzen und über Satellit ein Radioprogramm sendet. Und immer wieder sind es oft glückliche Zufälle, die die Lage für Diospi Suyana retten und den Wachstum ermöglichen. Zufälle, so beschreibt es John, die „Atheisten als unverschämtes Glück und Christen als Wunder Gottes bezeichnen“.
Fest im Leben
Johns Buch ist keine religiöse Abhandlung. Es ist der Bericht eines gläubigen Menschen, der mit beiden Beinen im Leben verankert ist. Der Leser erfährt so nicht nur von dem christlichen Selbstverständnis, das dem Krankenhaus und auch dem Arzt zugrundeliegt, sondern er erhält auch Einblicke in die Medizin, in die Politik Perus, in das Aufbringen von Spenden großer Firmen rund um den Globus und schließlich auch in praktische Medienarbeit, die für John einen hohen Stellenwert in der Missionsarbeit einnimmt. Ein Bericht von einem Menschen, der fest im Leben steht, der aber eben auch „mit Gott rechnet“. John versteht seinen christlichen Glauben „nicht als Träumerei, sondern als Realpolitik“. Laut dem Arzt darf man als Mensch auf Gottes Wirken und auf Wunder hoffen.
In diesem Sinne sieht John auch seine eingangs gestellte Frage beantwortet: „Die Ergebnisse bei Diospi Suyana bestätigen immer wieder, dass wir tatsächlich auf dem Wasser laufen.“ Waren es denn nun wirklich Wunder oder doch nur glücklich platzierte Steine in der Geschichte des Missionsspitals? Der Arzt hat seine Antwort gefunden.