„Forscher fanden heraus, dass HIV-positive Patienten, die aufbauende Gedanken und Gefühle hatten, 300.000 Mal mehr Abwehrkraft gegen die Krankheit hatten als diejenigen ohne solche Gefühle.“ Es sind solche wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Selbstheilungskräfte und das Gehirn, die das Buch von Caroline Leaf so außergewöhnlich machen. Die gläubige Christin verknüpft neurowissenschaftliches Wissen mit den uralten Weisheiten der Bibel. Und dabei heraus kommt eine Hilfe zur Selbsthilfe, die beides ist: wissenschaftlich interessant und im Glauben stärkend.
Eine Studie der American Medical Association habe ergeben, dass bei 75 Prozent aller Krankheiten Stress ein wichtiger Faktor ist. Und was ist Angst anderes als schlechte Gedanken über die Zukunft, Annahmen, die noch nicht einmal eingetroffen sind? Leaf spricht folgerichtig von „toxischem Denken“, das uns schadet, während die „richtigen“, guten Gedanken uns voran bringen, ja: gesund machen.
Aber nicht nur das: Leaf spricht davon, wie Menschen, die ihrer Empfehlung folgen, nicht nur fröhlicher, sondern auch gesünder und intelligenter werden. Was zunächst wie ein weiterer moderner Ratgeber zur perfekten Selbstoptimierung aussieht, entpuppt sich als ernstzunehmendes Argument für theologische Diskussionen: Was, wenn der Glaube selbst auch nichts anders ist als ein Um-Schalten im Gehirn, eine bewusste Entscheidung, an der uns eigentlich niemand im Universum hindern kann, außer wir selbst?
Leaf bringt immer wieder sowohl wissenschaftliche Forschungsergebnisse als auch Bibelverse für ihre Argumentation an und wägt sie gegeneinander ab. „Alles beginnt im mentalen Bereich, mit unserer Fähigkeit, zu denken und zu wählen – die mächtigste Sache im Universum, gleich nach Gott“, behauptet sie. „Und tatsächlich sind wir damit nach dem Vorbild Gottes gestaltet.“ Soll heißen: Unser Gehirn ist die mächtigste Waffe gegen den Teufel. „Mit unserem Verstand lehnen wir die Lügen des Feindes, des Vaters der Lüge, ab oder glauben sie“, schreibt Leaf und erinnert daran, dass die Schöpfung, genau betrachtet, auch zu allererst ein Gedanke war. Leaf: „Das Denken verändert die Struktur der Materie. Gott sagte: ‚Es werde Licht‘ (1. Mose 1,3), und seine Worte ließen die physische Erde entstehen.“ Gedanken verändern uns, verändern die Welt. Fast so wie Gott Neues erschafft durch sein Wort. Als vielleicht zentralster Bibelvers der These, die Leaf in ihrem Buch vertritt, kann wohl Römer 12,2 dienen: „Und gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens.“
Gedanken haben eine physikalische Realität
In der Tat: Unsere Gedanken sind mächtig. So mächtig, dass sie sogar zukünftige Generationen beeinflussen, wie Leaf ausführt. Unter dem Stichwort Epigenetik fassen Wissenschaftler längst jene Erkenntnisse darüber zusammen, wie ein Organismus seine Lebensweise und Erfahrungen in seinen Genen „abspeichert“ und an seine Nachfahren weitergibt.
Leaf spricht mit ihrem Buch ganz nebenbei auch eine uralte Frage der Philosophiegeschichte an: Ist der Geist nur ein Produkt des Materiellen, sind wir am Ende also nur das, was wir essen, oder tut der Körper nur das, was der Geist will? Für Leaf steht fest: „Die Materie kontrolliert uns nicht; wir kontrollieren die Materie durch unser Denken und unsere Entscheidungen.“ Nicht nur beeinflussen Gedanken laut Leaf die Produktion von Proteinen, sondern sie können auch langfristig in die Gene eingebaut werden, so dass sie Einfluss haben auf nachfolgende Generationen. Neurowissenschaftlich steht jedenfalls fest: Entscheidungen setzten Genexpressionen im Gehirn in Gang. „Das bedeutet, dass du durch Biosynthese Proteine herstellst, und diese Proteine bilden deine Gedanken. Gedanken sind reale, physische Dinge, die geistige Gebäude füllen.“ In Kapitel 7 wagt die Autorin noch einen Ausflug in die Quantenphysik, die in der Tat interessant werden kann in Bezug auf den freien Willen und auf den Glauben an Gott. Aber Vorsicht: Wer empfindlich auf parapsychologische Theorien zu Gedankenlesen und Gebetserhörung reagiert, sollte dieses Kapitel vielleicht überspringen. Nur so viel: „Heisenbergs Unschärfeprinzip ist ein Albtraum für klassische Physiker …“.
Die Autorin macht deutlich: Gedanken haben eine reale, physikalische Realität, die messbar ist – elektrisch, magnetisch und chemisch – und Auswirkungen hat. Davon spricht schon die Bibel. Immer wieder betonte Jesus die Notwendigkeit, zu allererst das Denken zu ändern. Und selbst der große Schritt des Glaubens selbst – ist er nicht am Ende auch nur ein kleiner Gedanke, entsprungen irgendwo in unserem Gehirn?
Das Buch „Schalte dein Gehirn an“ trägt zwar den etwas missverständlichen Untertitel „Der Schlüssel zu maximaler Zufriedenheit, Denkfähigkeit und Gesundheit“, spricht aber interessante theologische Fragen an und macht Mut, die Bibel im Hinblick auf moderne neurowissenschaftliche und quantenphysikalische Erkenntnisse neu zu lesen. Das Schöne: Allzu wissenschaftlich wird die Sprache nicht, der Leser versteht Leafs Gedankengänge auch ohne Grundstudium Biologie oder Physik. Es lohnt sich in jedem Fall für einen gläubigen Menschen, über die Verflechtung der Neurowissenschaft mit der Bibel nachzudenken. Das Buch „Schalte dein Gehirn an“ kann ein Anfang dazu sein.
Dr. Caroline Leaf: „Schalte dein Gehirn an. Der Schlüssel zu maximaler Zufriedenheit, Denkfähigkeit und Gesundheit“, Grace today, 272 Seiten, 17 Euro, ISBN 9783959331524
2 Antworten
Danke für diese Rezension. Werde mir morgen das Buch bestellen. Ich habe gerade 2 Bücher gelesen: du bist das Placebo und Intelligente Zellen. In beiden geht es um Quantenphysik und Epigenetik. Was mir noch gefehlt hat ist eine Fundierung zum christlichen Glauben.
Super, jetzt kann ich mit mehr Elan an die Sache gehen.
Hallo, ist es möglich, durch tatsächlich neurowissenschaftliche Prozesse Einfluß auf Dinge wie Schuhe oder ein Auto zu nehmen?
Vielen Dank für die Antwort.