Gläubiger Kohl-Enkel will in den CDU-Vorstand

Johannes Volkmann ist der Enkel von Helmut Kohl, gläubiger Christ und engagiert in der CDU. Nun will er in den Parteivorstand. PRO hat ihn getroffen.
Von Nicolai Franz
Gehört jetzt dem CDU-Bundesvorstand an: Johannes Volkmann

Unsere Schule soll einfach so geschlossen werden? Das darf nicht sein, dachte sich der zwölfjährige Junge. Die Grundschule im hessischen Atzbach war über vierhundert Jahre einer der zentralen Orte seines Heimatdorfes gewesen, nun sollte sie weg. Johannes Volkmann wollte das nicht zulassen. Er engagierte sich gegen die Schließung. Irgendjemand macht schließlich immer Politik, dachte er, warum also nicht selber anpacken? Ein bisschen naiv sei das vielleicht gewesen und Erfolg habe er mit seinem Einsatz damals nicht gehabt, erinnert sich Volkmann heute, 14 Jahre später. Aber: „Das war der Moment, der mich politisiert hat.“

Volkmann sitzt im Konferenzraum der PRO-Redaktion, die Haare locker gescheitelt, dunkles Hemd, das Sakko hat er an diesem heißen Spätsommertag ausgezogen. Im Anschluss an das Interview muss er noch nach Straßburg ins EU-Parlament, mit dem Auto, wie er fast entschuldigend sagt. Volkmann arbeitet als Büroleiter des EU-Abgeordneten Sven Simon von der CDU. Auch Volkmann gehört zu der Partei. Darüber hinaus ist er Vorsitzender des Kreistags des Lahn-Dill-Kreises, Volkmann ist also Parlamentspräsident.

Das ist normalerweise die Aufgabe der alten Haudegen, der erfahrenen Politiker, die die Geschäftsordnung nachts herunterbeten können und jeden Abgeordneten persönlich kennen. Volkmann hingegen ist mit 26 Jahren einer der jüngsten im Kreistag. Wer sich in der CDU umhört, vernimmt einen eindeutigen Tenor: Ihm traut man eine große Zukunft zu. Und das liegt längst nicht nur an seinem berühmten Großvater Helmut Kohl, wie man meinen könnte. Volkmann ist Politiker durch und durch. Und gleichzeitig ein Überflieger.

Mit 13 Jahren ließ er sich in das Schulsprecher-Team wählen und behielt das Amt bis zum Abitur, er engagierte sich in der Jungen Union, der Jugendorganisation der CDU und CSU. Kaum jemand kannte damals den familiären Hintergrund des Jungpolitikers. 2015 kam dann das, was Volkmann heute als sein „Outing“ bezeichnet. Das Klatschmagazin „Gala“ bat ihn um ein Interview, er sei doch ein Enkel von Helmut Kohl. Volkmann bat darum, auf das Interview zu verzichten. Dem Blatt war das egal – und präsentierte ihn auf der Titelseite als Nachfahre des Altkanzlers. Freunde und Bekannte meldeten sich bei ihm, die aus allen Wolken fielen.

Zur Person

Johannes Volkmann (CDU) wurde am 11. Dezember 1996 geboren und wuchs in Atzbach bei Gießen auf. Er studierte Volkswirtschaftslehre, Politikwissenschaften und Soziologie. An der Universität Oxford erlangte er den Master of Science in „Modernen China-Studien“. Seit seiner frühen Jugend engagiert er sich politisch. In seiner Freizeit beschäftigt er sich mit Schach, Literatur und Gartenarbeit. Als Student nahm er an mehreren internationalen Debattiermeisterschaften teil. Aktuell arbeitet er als Büroleiter im EU-Parlament, ist Vorsitzender des Kreistages – und will für den Bundestag kandidieren.

Wie geht man damit um, wenn plötzlich alle Welt weiß, dass der eigene Großvater einer der einflussreichsten Persönlichkeiten in der Geschichte der Bundesrepublik gewesen ist?

Volkmann reagiert gelassen, wenn man ihn darauf anspricht. Als Kind hat er seinen Großvater in Oggersheim regelmäßig besucht. Aber er war eben der Opa. „Ich habe ihn jedenfalls nicht ‚Herr Bundeskanzler‘ genannt.“ Volkmann lacht. Wenn er lacht, und das tut er gerne, ist die Verwandtschaft zu Opa Kohl nicht mehr zu leugnen. 2006 schauten sie im Fernsehen „Deutschland gegen Schweden“, mit 2:0 ein Heimsieg für das deutsche Team, ein Sommermärchen.

Erst später sei ihm bewusst geworden, dass nicht alles so normal gewesen sei, wie er es empfunden hatte. Dass er seinen Personalausweis zeigen musste, wenn die Personenschützer Schichtwechsel hatten. Oder dass die Autotür des Großvaters so schwer aufging, weil sie natürlich gepanzert war.

Faible für chinesische Kultur

Als Volkmann 1996 geboren wurde, entschieden sich seine Eltern Walter Kohl und Christine Volkmann bewusst gegen den berühmten Nachnamen Kohl. Johannes sollte unbekümmert aufwachsen. Der Plan ging auf. In seiner Kindheit spielte die eigene Herkunft für ihn kaum eine Rolle. Als der „Gala“-Artikel erschien, war Volkmann schon volljährig. Er legt Wert darauf, dass er nie versucht habe, aus seinem familiären Hintergrund Kapital zu schlagen. So bewarb er sich bewusst nicht für ein Stipendium der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, sondern beim Evangelischen Studienwerk. „Auch wenn ich natürlich niemals Angaben über meinen familiären Hintergrund gemacht hätte, wollte ich jedes Geschmäckle vermeiden.“

Und es klappte auch so. An der privaten Zeppelin-Universität am Bodensee studierte er Volkswirtschaftslehre, Politikwissenschaften und Soziologie. Nach einem Vier-Wochen-Crashkurs in Mandarin studierte er erst in Schanghai, dann in Peking je ein Semester chinesische Geschichte und Kultur, teilte seine Wohnung mit Einheimischen. Auf die Frage, ob das Interview auch auf Chinesisch weitergehen könne, antwortet er schlagartig: „kěyǐ“ – „können wir“.

„Wir sollten einen positiven Unterschied machen als Christen.“

Doch ein anderer Auslandsaufenthalt war es, der Volkmanns Leben auf entscheidende Weise beeinflusste. In der Oberstufe verbrachte er ein Halbjahr in British Columbia im Westen Kanadas. In der Klasse neben ihm saß der Sohn des Pastors der örtlichen „Calvary Chapel“, einer evangelikalen Freikirche, und lud ihn in den Gottesdienst ein. Dort kam er nach dem Konfirmandenunterricht erneut in Kontakt mit dem christlichen Glauben, wie er berichtet. „Und da habe ich mich entschieden, mit meinem Leben Jesus nachzufolgen.“

Die Bibel ist kein Parteiprogramm

Für ihn bedeutet das: „Eine persönliche Beziehung im Glauben leben. Durch regelmäßiges Gebet, durch die Gemeinschaft mit anderen Christen, durch das Studium seines Wortes, um es besser zu verstehen und für das eigene Leben fruchtbar zu machen.“ Die Bibel gebe Christen den klaren Auftrag, Licht und Salz zu sein. Volkmann versucht, das in der Politik zu leben. „Für mich heißt das: Menschen helfen – nicht aus politischer Opportunität, sondern aus Dienst am Nächsten. Das soll gar nicht zu pathetisch aufgeladen klingen, aber ich glaube: Wir sollten einen positiven Unterschied machen als Christen. Dazu gehört auch eine ehrliche Fehlerkultur, wenn man daneben liegt.“

Volkmann wehrt sich dagegen, aus der Bibel heraus ein Parteiprogramm zu konstruieren. Da lauere schließlich immer die Gefahr des geistlichen Missbrauchs. Auf die Frage, wer Jesus für ihn ist, hat Volkmann eine klare Antwort: „Unser Messias.“ Und er ergänzt: „Ich bin überzeugt, dass Christen in Deutschland weniger zaghaft und verschämt sein sollten, wenn es darum geht, unseren Glauben zu bekennen.“

„Wer Jesus für mich ist? Unser Messias.“

Im Gespräch ruht der 26-jährige Politiker in sich, von Anspannung keine Spur. Wenn er über politische Theorie referiert, über das christliche Menschenbild, über das Gebaren der AfD, spricht er wie einer, der schon seit Jahrzehnten im politischen Geschäft ist. Dabei hatte er sich zwischen 2017 und 2020 weitgehend herausgehalten aus der Politik, erst 2021 kandidierte er für den Kreistag. Anfang September wurde er einstimmig als Vorsitzender seines Kreisverbandes nominiert, im Februar dann gewählt. Das bedeutet, dass Volkmann bei der Bundestagswahl 2025 als Direktkandidat in den Deutschen Bundestag gewählt werden will. Am Dienstag wurde außerdem bekannt, dass er plant, sich im Mai in den CDU-Vorstand wählen zu lassen.

Ob er das schafft, wird sich zeigen. So oder so: Es scheint, als würde man von Johannes Volkmann noch hören.

Dieses Porträt über Johannes Volkmann erschien zuerst in Ausgabe 5/2023 von PRO – das christliche Medienmagazin.

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