Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat angekündigt, einen Evangelikalen als Verfassungsrichter zu ernennen. Dies solle in den kommenden zwei Jahren geschehen, weil zwei der elf obersten Richter bis 2021 in den Ruhestand gingen, berichtet unter anderem die brasilianische Tageszeitung Folha de S. Paulo. Bolsonaro habe das vor Parlamentsabgeordneten der evangelikalen Fraktion des Kongresses bekannt gegeben. Im Mai fragte er: „Ist es nicht an der Zeit, einen evangelikalen Richter am Verfassungsgericht zu haben?“ Dies bekräftigte er nun mit seiner Aussage.
„Man will uns an die Seite drängen, indem man sagt, dass der Staat laizistisch sei“, wird der Präsident von der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) und der Katholischen Presseagentur Österreich kathpress zitiert. Auch wenn dies stimme, „sind wir Christen“. Der Verfassungsrichter, den er ernennen wolle, werde deshalb „furchtbar evangelikal“ sein.
Bolsonaro bekennt sich regelmäßig zu seinem christlichen Glauben, gilt in den deutschen Medien aber als rechtspopulistisch und extrem. Er wird vor allem von den Evangelikalen in Brasilien unterstützt. Mitte Juni hatte er das Oberste Gericht seines Landes kritisiert, nachdem dieses Homophobie für strafbar erklärt hatte. Im April hatte er mit einer Aussage zum Holocaust irritiert, als er sagte, dieser könne „vergeben, aber nicht vergessen“ werden. Israels Staatspräsident Reuven Rivlin reagierte daraufhin mit den Worten: „Wir werden niemals mit jenen kooperieren, die die Wahrheit leugnen oder sie aus dem Gedächtnis löschen wollen – seien es Einzelne, Gruppen, Parteichefs oder Staatsoberhäupter.“
Evangelikale in Deutschland, zu denen etwa die Pietisten zählen, und in Südamerika unterscheiden sich. Evangelikale auf der anderen Seite des Atlantiks spielen eine andere gesellschaftspolitische Rolle. In Brasilien unterstützen sie mehrheitlich den rechtskonservativen Präsidenten.
Von: Swanhild Zacharias