Mali: Radikale Muslime setzen Christen zu

Im Juni gab es in Mali mehrere Massaker, vorwiegend an Christen. In den vergangenen Monaten hat sich die Situation immer weiter zugespitzt. Das hat unter anderem mit dem wachsenden Einfluss islamistischer Gruppen in Westafrika zu tun. Ein Gastbeitrag von Ado Greve, Open Doors
Von PRO
Diese Christen aus dem Norden Malis sind vor Islamisten geflohen und bauen sich im Süden des Landes neue Häuser

In der westafrikanischen Sahelregion, zu der Mali, Burkina Faso, Tschad und Niger gehören, werden islamistische Gruppen seit Jahren immer stärker. Damit einher geht eine zunehmende Christenverfolgung. Mali belegt auf dem aktuellen Weltverfolgungsindex von Open Doors Rang 24. Im Jahr 2019 hat die Gewalt in Mali einen neuen Höhepunkt erreicht. Allein im Juni gab es mehrere Massaker mit zahlreichen Toten. Darunter leidet die gesamt Zivilbevölkerung. Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, hunderttausende Kinder können nicht mehr zur Schule gehen. Doch viele Angriffe richten sich sehr gezielt gegen Christen.

Am Abend des 9. Juni griffen bewaffnete Muslime vom Stamm der Fulani das Dorf Sobame Da in der Region Mopti an – es war ein Sonntag. Dabei wurden 95 Menschen getötet, darunter Männer, Frauen und Kinder. Ein Kontakt der Menschenrechtsorganisation Open Doors vor Ort bestätigte, dass alle Toten Christen waren.

Ein Überlebender der Angriffe, der sich Amadou Togo nennt, sagte der Nachrichtenagentur AFP: „Etwa 50 schwer bewaffnete Männer kamen mit Motorrädern und Pickups. Sie umzingelten das Dorf und griffen dann an. Jeder, der versuchte zu fliehen, wurde getötet.“ Er fügte hinzu: „Niemand wurde verschont – nicht einmal Frauen, Kinder und ältere Menschen.“ Laut Meldungen der Regierung töteten die Angreifer auch Tiere und brannten Häuser nieder. Eine malische Sicherheitsquelle am Ort des Massakers sagte: „Ein Dorf der Dogon (Volksgruppe in Mali, Anm. d. Red.) wurde praktisch ausgelöscht.“

Gut eine Woche später gab es erneut bewaffnete Überfälle auf Dörfer, wobei über 40 Menschen starben. Die Situation spitzt sich in den vergangenen Monaten immer weiter zu.

Terrorgruppen agieren von Mali aus

Im Januar 2012 kam es zu einem Aufstand der Touareg, die im Norden des Landes seit Langem einen eigenen Staat fordern. Dies machten sich Islamisten umgehend zunutze, um mit Angriffen die Unsicherheit und Gewalt auch ins Zentrum und in den Süden Malis zu bringen. Die Christen, die zuvor aus dem Norden in die Hauptstadt Bamako geflohen waren, waren auch dort nicht mehr sicher. Internationale Truppen stoppten die Islamisten schließlich, im Juni 2015 wurde in Algier ein Friedensabkommen unterzeichnet.

Die Hoffnung der Kirchenleiter auf Stabilität währte jedoch nur wenige Monate. Dann nahm die Gewalt gegen Christen wieder zu. Ende 2017 kam es zu Überfällen auf mehrere Kirchen. Edmond Dembele, Generalsekretär der Bischofskonferenz in Mali, äußerte dazu gegenüber Medien, Mali sei das Epizentrum von Unsicherheit in der Region, da die meisten Terrorgruppen eine Basis in Mali hätten, von wo aus sie beispielsweise Angriffe in Niger und Burkina Faso durchführten.

In ganz Westafrika, besonders aber in Nigeria, haben in den letzten Jahren brutale Angriffe überwiegend muslimischer Fulani-Viehhirten auf Dörfer Tausende von Menschenleben gefordert. Oft zerstören sie ganze Dörfer, töten, vergewaltigen und vertreiben die zumeist christlichen Siedler. In Mali bekennen sich weniger als ein Prozent der Bevölkerung zum Glauben an Jesus Christus. Die muslimische Bevölkerung folgt dem Islam mit einem unterschiedlichen Verständnis und Engagement. Durch das Aufkommen islamistischer Gruppen haben sich jedoch Teile der muslimischen Bevölkerung radikalisiert, und die Bedrohung und Gewalt gegen Christen haben stark zugenommen. Deshalb ruft Open Doors zum Gebet für sie auf.

Die meisten der wenigen Christen Malis sind katholisch Foto: Open Doors
Die meisten der wenigen Christen Malis sind katholisch

Erschossen, weil er eine Ex-Muslima heiratete

Beispielhaft für die Situation von Christen in Mali steht Naomi (Name geändert). Sie ist eine Christin mit muslimischem Hintergrund. Ihr Vater war aus Ägypten nach Mali gekommen, um als Imam die Verbreitung des Islams zu fördern. Dennoch entschied sich Naomi im Alter von zwölf Jahren, Jesus nachzufolgen. Seit vier Jahrzehnten, in denen sie Christus folgt, hat sie mit Spott und sozialer Ausgrenzung zu kämpfen. Ihre Familie war wütend, als sie Christin wurde, und machte ihr klar, dass sie nicht mehr willkommen war.

Auch nachdem sie einen Christen geheiratet hatte, hielten der Druck und die Anfeindungen durch die Gesellschaft an. Sie wurde regelmäßig als „kafir“, als Ungläubige beschimpft. Ihre Verwandten spuckten vor ihr aus, wenn sie Naomi sahen. Als Islamisten 2012 Mali überrannten, wurde Naomis Leben zu einem Beispiel dafür, wie sich Vorgehen und Haltungen gewalttätiger wie auch gewaltfreier Muslime negativ auf das Leben der Christen auswirken. Ihr Ehemann wurde auf einer seiner Geschäftsreisen erschossen, weil er eine Ex-Muslima geheiratet hatte.

Einer ihrer Söhne, Youssouf, wurde aus ihrem Haus entführt. Weil er so tat, als sei gehörlos, wurde er „nur“ geschlagen und dann wieder freigelassen. Naomi zog daraufhin in den Süden, um die Familie in Sicherheit zu bringen. Dort lebte sie eine Weile auf einem Kirchengelände. Als das Lager geschlossen wurde, half Open Doors ihr bei der Anmietung einer Wohnung und dabei, ein kleines Unternehmen zu gründen, um für ihre Familie zu sorgen.

Sie macht sich nach wie vor große Sorgen um ihre Söhne. Youssouf wurde durch seine Entführung traumatisiert, und Ibrahim arbeitet nun für Muslime. Sie fürchtet, dass Ibrahims ständige Gemeinschaft mit Muslimen ihn dazu bringen könnte, sich dem Druck des Islam zu beugen. Sie steht weiterhin unter dem Druck ihrer muslimischen Nachbarn und Familienmitglieder.

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